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Somzfggspost der Neuesten Zeitung

Uon deutschen GrMern

Doge»nd Dogaressa

Uon <ß. TI). A. Aoffmomt

2 Fortsetzung.

Da ficiuatji'le ct einen Schalten, der wie aus Annunziatas Gemächern schlüpsend »ach de» Treppe» schlich. Sednell eilte er darauf los, es war Micliaele Steno, der von seinem Liebchen kam. Ei» cntsetz- Iteder Gedanke durchsnlir de» haltert. Vtit de»> Schrei: Annunziata! rannte er ein aus den Steno mit gezogenem Stilett. Aber Lteno, kräftiger »nd aeivandtcr als der Alle, unterlief ahn. ivarf ihn mit einem tiichtiaen Faustschlnae zu Baden und stürzte laut anflachend: Annunziata, Annun­ziata! die Treppe hinab. Der Alte raffte sich aus und schlich, brennende Qualen der Hölle im Herzen, nach Annunziatas Gemächern. Alles ruhig still wie in. Grabe. Er klopfte an, ein fremdes Kammermädchen, nicht die, welche sonst gewohnt, neben Annunziatas Gemach zu schlafen, öffnete ihm die Tür.Was befiehlt mein fürstlicher Gemahl um diese späte, unaewolmte Zeit?" so sprach Annuuziala, die unterdessen eiu leichtes Nachtgewand umgeworfen und herausaetrelen, mit ruhigem, eugelsmildem Ton. Der Alte starrte sie an. dann hob er beide Hände hoch in die Höhe und ries:Rein, es ist nicht möglich, es ist nicht möglich!"

Was ist nicht möglich, mein sürstlicher Herr?" fragte die über den feierlichen, dumpfe» To» des Pillen aanz be­stürzte 'Annunziata. Aber Falieri, ohne zu antworten, waudle sich au das Kammermädchen:Warum schlässt du, warum schläft Luiqia nicht hier luie getvöhnlich?" ,,'Ach," erwiderte die Meine,Luigia woiite durchaus mit mir tausche» diese Nacht, die schläft im Borderaemach dicht neben der Treppe."Dicht neben der Treppe?" ries Falieri uoiier Freude und eilte mit raschen Schritten »ach dem Bordergeiuach. luiaia öffnete ans starkes .Ulopsen, und als sie nun das zornrote Antlitz, die funkensprühenden Augen des fürstlichen Herrn erblickte, siel sie nieder auf die nackten ZI nie und bekannte ihre Schmach, über die auch ein Paar zierliche Männerhaubschuhe, die ans dem Polsiersltthl lauen, und deren Ambrageruch den stuherhasten Eigentümer ver­riet, aar keinen /Zweifel liesten. Ganz ergrimmt über SlenaS unerhörte Frechheit, schrieb der Dope ihm andern Morgens: Bei Strafe der Berbanuuna ans der Stadt habe er den herzogliche» Palast, jede Nähe des Dogen und der Dogaressa zu vernieiden.

Atichaclc Steno war toll vor Wut über das Miß­lingen des wohlaugelegten Plans, über die Sclunach der Perbanunua aus der Nähe seines Abaotts. Als er nun aus der Ferne sehen musste, mic die Dogaressa mild und sreundlich ihr Wesen war nun einmal so mit anderen Jünglingen von der Signorie sprach, so gab ihm der Neid, die Wut der Leideuschast be» böse» Gedanke» ein, das; die Dogaressa ivohl nur deshalb ihn ver- sclunäht haben möge, weil andere ihm mit besserem Glück zuvorgekommen, und er unterstand sich, davon taut und össeutlich zu svrechen.

Sei es nun, dost der alte Falieri stunde erhielt von solchen unverschät»- ten Reden, oder das; das Bild jener Nacbt ihn, erschien wie ein warnender Win! des Schicksals, oder dasz ihm selbst bei aller Ruhe und Behaglich­keit, bei vollem Pertrauen ans die Frötnmigkeit seines Weibes doch die Gefahr des miimtiictielien Mißverhäit- »isses mit der Gattin heil vor Augen kau>, kurz, er tvurde grämlich und mürrisch, alle tausend Eisersuchtsteusel ztvickte» ihn tvtlud, er sperrte Annun­ziata ei» in die inneeen Gemächer des herzoglichen Palastes, und kein Mensch bekam sie itiehr zu sehen.

Bodoeri nahm sich seiner Grosznichte au ittid schall den alten Falieri tvacker aus, der aber von der Aenderiing seines Betragens gar nichts ivissen tvollle. Dies geschah also kurz vor dem Ciiovedi Krass».

Es ist Sitte, chasz bei den Bolks- seste», die a» diesem Tage ans dem Markusplah slaltsiuden. die Dogaressa unter dem Thronhimmel, der auf einer dem kleinen Plast gegenüber- stehende» Galerie angebracht ist, neben dem Dogen Plast nimmt. Bodoeri er- iziuerte ihn daran und meinte, dasz es sehr abgeschmackt sei und er ganz gc- tvisz von Bolk und Signorie ob seiner verkehrten Eifersucht iveidlich ausge- lacht tverden wurde, wen» er aller Sitte und Gewohnheit entgegen An­nunziata von dieser Ehre auSschlöss«.

lülaubst du," erividerte der alte Fa- lieri, dessen Ehrgeiz aus einmal an­geregt wurde,glaubst du. das, ich, ein alter, blödsinniger Tor. mich denn scheue, mein kostbares Kleinod zu zeigen ans Furcht vor diebischen Hän­de», denen Ich nicht den Raub wehren könnte mit meinem guten Schwerte?

Nein, Alter, du irrst, morgen-

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in dem Augenblick, als die Dogaressa in den Hof trat

den Tages wandle ich mit Annnnziaia ln feierlich glän- zendem Fuge über den Markusplatz, damit das Bolk seine Dogaressa sehe, und am Giovedi khisso empfängt sie den Bltunezzstrausz von den, kühnen Segler, der sich ans den Lüften zu ihr herabschwingl." Der Doge dachte, indem er diese Worte sprach, nn eine uralte Gewohnheit. Pli» Giovedi Kross» fährt ttämlich irgendein kühtier Mensch aitsdem Bolle ntt Seilen, die aus Dem Meere steige'» und in der Spitze des Markustnrms befestigt sind, in einer Maschine, die einem kleinen Tchisschetl gleicht, heraitf und schieszl bann von der Spitze des Turms pfeilschtiell herab bis zu bem Platz, wo Doge imb Dogaressa sitzen, der er den Blnineustransi, den sozzst der Doge, ist er alleiti, erhält, überreicht.

'.'(nbeen Tages tat der Doge, wie er verheisien. Annunziata musite die prächtigsten Kleider anlegen, und von der Signorie umringt, von Edelknaben und Trabanten begleitet, wandelte Falieri über den vom Bolk überströmten Markusplatz. Man stieß und drängle sich halb tot, um die schöne Dogaressa zu sehen, und tvem es gelang, sie zu erblicke», der glaubte, er habe ins Paradies gesd)aut und das schönste Engelsbild sei ihm strahlend und herrlich aufgegange». Wie die Penetianer nun sind, mitten unter den tollsten Ausbrüchen tvahnsiniiiger Berzückitug Hörle man hie und da allerlei spöttische Redensarien und Reime, die, derb genug, auf de» alte» Falieri mit der jttngen Frau lossuhreu. Falieri schien aber davon nichts ztt bemerken, sondern schritt, von aller Eifersttchl diesmal verlassen, obgleich er überall.Blicke des brennendsten Perlangens a»f die schöne Gattin gerichtet sah, schmunzelnd und lächelnd mit dem ganze» Gesicht, so pathetisch als möglich an Annnnziaias Seile daher. Bor dem Haupiportal 'des Palastes halle» die Trabanten das Bolk mit Mühe anseinandergeirieben, so das,, als der Doge mit seiner Gemahlin hineinsdiritt, nur hin und tvieder einzelne kleine Hausen besser gekleideter Bürger standen, denen man selbst den Eintritt in de» inneren Hof des Palastes nicht tvohl verwehren konnte. Da gesdiah es, das; in dem Augenblick, als die Dogaressa in den Hof trat, ein junger Mensch, der nebst wenigen anderen Leuten am Säulengange stand, mit dem lauien Schrei:0 du Gott des Himmels!" entseelt aus das harte Marmorpslaster uieder- jcblug.

'Alles lies herbei und umringte den Toten, so dasz die Dogaressa ihn »id>t erblicken konnte, aber soivie der Jüngling »iedcrslürzie, durdisnhr plötzlich ein glühender Dolchstich ihre Brust, sie erbleichte, sie ivaukte, ' mit die Riechfläschchen der herbeieilenden Frauen retteten sie vor

Dritter Jahrgang Nr.

tiefer Ohnmacht. Der alte Falieri, voller Schreck und Be­stürzung über den Unfall, wünschst« den jungen Menschen mitsamt seinem Schlagfluß zu allen Teufeln und trug, s, sauer es ihm auch wurde, seine Annunziata, die das Köpf­chen mit geschlossenen Augen über die Brust hing wie ein« kranke Taube, die Treppe hinanf in die inneren Gemächer.

Unterdessen hatte sich dem Bolle, das immer mehr im inneren Hofe des Palastes zitsamniengelaitfen, ein wunder­lich seltsames Schaitspiel eröffnet. Ma» wollte den jungen Menschen, den man unbedingt für tot hielt, aufhebe» und faritragen, da hinkte mit lautem Jammergeschrei ei» alter, zerlumptes Betteliveib heran, machte sidz, die spitzen Ellen­bogen in Seile» und Rücken bohrend, im dickste» Haufen Platz und rief, als sie endlich bei dem enlseelten Jüngling stand:Lagt ihn liegen Narre»! rin tolles Bolk! er ist ja »idzt tot!" Nun kauerte sie nieder, nahm den Kopf des Jünglings ans den Schosz und nannte, seine Stirn saust streichend und reibend, ihn bei den süßesten Namen. 'Uclrachlele man nun das abscheuliche Fratzengesicht der

len, wie es herabhing über des Jünglings bildschönem i litz, dessen milde Füge im bleichen Tode erstarrt lagen, waorend auf dem Gesicht der Alte» ein widriges Muskel- spicl umherhüpsle betrachtete man, tvie die schmutzigen Lumpen hin und her slalterten über die reichten Kleider, di« der Jüngling trug wie die dürren, branngelben Arme

die Knochenhände ans der Stirne, auf der offenen Brust des Jünglings zitterten in der Tat, man mochte sich inneren Grauens nicht erivehre». War es denn nicht anzu­sehen, als sei cs des Todes grinsende Gestalt selbst, in deren 'Armen der Jüngling lag? So kam es denn auch, daß die »mstehenden Leute, einer »ach dem andern still fort schlichen und mit wenige übrig blieben, die den Jüngling, als er mit einem liefen Seufzer die Auge» ausschlug, faßten und ans der Alten Geheiß nach dem großen Kanal trugen, wo eine Gondel beide, die Alte und den Jüngling, auf­nahm und fortschafste bis nach dem Hanse, das die Alte als die Wohnung des Jünglings bezeichnet hatte. Bedarf e» denn noch gesagt z» werden, daß der Jüngling Antonio, die 'Alte aber das Belteltvcib von der Franziskanertrepp« war, das durchaus seine Amme sein wollte?

Eine Itleine schwarze Schlange

Als Antonio ganz ans seiner Betäubung erzvacht war und Sie Alte an seinem Lager erblickte, die ihm soeben einige stärkende Tropfe» eingeflößl hatte, so sprach er, lang« den düsteren scluvermütigen Blick starr ans sie gerichtet, mit dunipseui, mühsam gehalienem Ton:Du bist bei mir, Mar­garetha! das ist gut, ivo hält' ich den» sonst eine treuer« Pflegerin als dici>! Ach, verzeih' mir nur, Mutter, daß ich blödsinniger ohnmächtiger Knabe mit einen 'Augenblick daran zweifeln konnte, tvas du mir entdecktest. Ja, du bist die Margaretha, die mich nährte, die mich hegte und pflegt«, ich wußte es ja jchon immer, aber der böse Geist verwirrt« mir die Gedanken. Ich habe sie gesehen sie ist es sie ist es. Hab' ich dir nicht gesagt^ daß irgendein dunk­ler 'Zauber in mir ruhe, der mein selbst nutviderstehlich beherrsche? Aus der Dunkelheit blitzstrahlend ist er hervor- gelrete», um mich in uamenlosem Entzücken zu verüerbenl

Ich weiß jetzt alles alles! War nicht Bertueci» Nenalo mein Pflegevater, der mich erzog auf einem Land- Hanfe bei Trevijo?"Ach ja," erwiderte die Alte,wohl war es Bertneeio Nenolo, der große Seeheld, de» das Meer verschlang, als er mit dem Lorbeerkranz sein Haupt zu schmücken gedachte."Unterbrich mich nicht," sprach Antonia weiter,höre mich geduldig an. Es ging mir gut bei dem Bertneeio Nenolo. Ich trug hübsche Kleider immer war der Tisch gedeckt, wenn mich hungerte, ich durste, hatte ich meine drei Gebete ordentlich hergesagt. umhersckuvärmen nach Gefallen in Wald und Flur. Dicht beim Landhause befand sich ein dunkles, kühles Pinien- iväldchen voll Dust »nd Gesang. Da streckte ich, müde vom Lpringcu und Laufe», an einem Abend, als schon di« Lonne zu sinke» begann, mich hin unter einen großen Baum und starrte hinaus in den blauen Himmel. Mag es sein, daß der würzige Geruch der blühenden Kräuter, in denen ich lag, mich betäubte, genug, meine Augen schlossen sich unwillkürlich und ich versank in träumerisches Hin- brüteu, aus dem mich ei» Rauschen, gleich als siele ein Schlag dich! »eben mir in das Gras, ertveckle. Ich fuhr auf in die Höhe; ein Engelslind mit himmlischem Antlitz stand neben mir, schaute in holder Anmut lächelnd auf mich herab und sprach mit süßer Stimme: ,Ei, me!» lieber Knabe, tvie schliesst du so schön, so ruhig, und doch war dir der Tod so nahe, der böse Tod.' Dicht neben meiner Brust erblickte ich eine kleine schwarze Schlange mit geborstenem Haupt, das Kind hatte da- giftige Tier mit dem Jweig« eines Nußbaums erschlagen in dem Augenblick, als es zu meinem Berderben sich heranringeln wollte. Da erbebte ich in süßem Schauer ich wußte ja, daß oftmals Engel her- absteigen aus dem hohe» Himmel, um sichibarlich den Mensche» zu retten vor dem bedrohliche» Angriff irgend­eines bösen Feindes ich sank nieder ans die Knie, ich erhob di« gesallete» Hände. ,Ach, du bist ja ein Engel des "ichlS, den der Herr sandte, mich zu retten vom Tode.'

-o ries ich, das holde Wesen streckte aber beide Arme nach mir au» und lispelte, indem höheres Rot auf seinen Wangen leuchtete: ,'Ach, du lieber Knabe, ich bin ja kein Engel, ein Mädchen, ein Kind tvie du!' Da vergingen di« ichauer in namenloses Entzücken, das mich mit sanfter Glut durchströmte ich stand auf wir schlossen uns in die Arme wir drückte» Lipp' auf Lippe sprachlos weinend schluchzend vor süßem unnennbarem Weh! Nun ries eine silberhelle Stimme durch den Wald: Annunziata Annunziata. ,Jch muß nun fort, du herziieber Knabe, die Mutter tust,' so lispelt« Vas Mädchen, ein un­säglicher Schmerz durchsuhr meine Brust. ,Ach, ich lieb« dich so sehr,' schluchzte ich, heiße Tränen, die das Mädchen vergoß, sielen brennend auf meine Wangen. .Ich bin dir so herzensgut, du lieber Knabe,' rief das Mädchen, indem sie de» letzten Kuß mir auf meine Lippen drückte. .An­nunziata!' rief es auss neue, und das Mädchen verschwand im Gebüsch! Sieh, Margaretha, das war der Augen­blick. in dem der mächtige Liebesfunk« in meine Seele fiel,

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