99

Med an den Mond.

Guter Mond, Du gingst so stille An dem Himmelszelt vorbei Und es war gewiß Dein Wille,

Daß es künftig auch so sei.

Aber soll es Dich nicht kränken,

Wie regiert der Erdengeist?

Nein, man kann Dir's nicht verdenken, Daß Du endlich Feuer spei'st.

Heute lächelnd noch zu scheinen Wäre gar zu abgeschmackt,

Doch das Werfen just mit Steinen Zeugt von ganz besond'rem Tact. Mancher wirft den Stein auf Erden Heute auf die Unschuld auch Und die spuckenden Geberden Sind jetzt allgemein Gebrauch.

Ja dem Menschen, trotz der Ferne,

Hast Du's richtig abgeguckt.

Als der klügste aller Sterne,

Wie er räuspert sich und spuckt.

Lang' genug hast Du verzogen Etwas schief nur Dein Gesicht,

Bis zuletzt in hohem Bogen Sich nun Bahn Dein Ekel bricht.

Doch auch Dein moral'scher Kater Wird dereinst vorüber gch'n Und wir werden Deinen Krater Wiederum geschlossen seh'n.

Und ein Freiheitshauch wird fächeln Wieder auf der deutschen Flur,

Und auch Du wirst wieder lächeln. Aber, ach, den Enkeln nur!

* -i- *

Um den Ministerwechsel bei der Pforte zu erleichtern, soll demnächst eine überaus praktische Einrichtung ge­troffen werden. In unmittelbarer Nähe des Divans wird nämlich eine Carouselle für etwa 3000 Personen her­gerichtet. Dasselbe ist so leicht nach vor- und rück­wärts zu drehen, daß der Sultan, sobald alle Plätze mit Candidaten besetzt sind, nur einen kleinen Ruck zu vollführen hat, um seinen augenblicklichen Günstling sofort vor sich zu haben. Da aber jeder Mi­nisterwechsel den auswärtigen Mächten angezeigt zu werden pflegt, so sollen die Portefeuilleaspiranten mit Nummern versehen und die, welche augenblicklich an der Reihe ist, sofort nach allen Richtungen der Windrose hin telepho- nirt werden. Während der Nachtzeit darf nicht mehr als 25mal, am Tage nicht mehr als 6OOmal gewechselt werden. Die Uebergabe der Regierungsgeschäfte eines Ministers an den andern erfolgt nach der Melodie: Thaler, Thaler, Du mußt wandern.

Ank ftmitottfs Grab,

Der unter diesem Hügel ruht Er war den Juden herzlich gram,

Wie mag ihm jetzt wohl sein zu Muth Im Schooß des Juden Abraham?

Die Conservativen, die Freiconservativen, die deutsche Reichspartei, die Nationalliberalen und die Fortschritts­partei sind alle gleich fest entschlossen, möglichst zahlreich bei den diesmaligen Reichstagswahlen zu erscheinen. In Folge dessen wird eine Majorität schwer zu erzielen sein und die Socialdemokraten dürfen aber auf keinen Fall einen Candidaten durchbringen.

^ Ans bm Gongresse. W>-

(1. Sitzung).

Specialbericht für dieFrankfurter Latern".

Sie verlangen Notizen über die Verhandlungen auf dem Berliner Congreffe? Der Wunsch ist in sofern kein allzu bescheidener, als dieselben ganz geheim gehalten werden; wenn Sie mir jedoch pro Zeile 1 Mark bewilligen, so verrathe ich Ihnen jede Silbe: Meine Informationen stammen aus zuverlässigster Quelle, denn ich habe sie direct von der Schwester des Liebsten der Köchin der Gattin des Fürsten Bismark. Daß die Tafel die Form eines Hufeisens hat, wissen auch andere Zeitungen; weniger bekannt dürfte es sein, daß zu diesem Hufeisen die werth- vollsten Nägel verwendet wurden. In der Mitte, also dicht vor dem Platze des deutschen Reichskanzlers, prangt der Nagel zum Sarge der Türkei, an beiden Enden sind der russische und der englische Nagel angebracht. Der Congreß eröffnete mit einer Ansprache des größten leben­den Staatsmanns:Meine Herren!" begann erwie geht's Ihnen?"Merci!" entgegnete Mr. Waddington Es geht ja so lala". Darauf entstand eine kleine Pause nach welcher der Fürst in die geflügelten Worte ausge­brochen sein soll:Ja, ja, so geht's in der Welt! Der Eine hat den Beutel"Und der Andere das Geld" fiel Lord Beaconsfield freudig ein. Diese Geistesgegenwart des englischen Premier« hatte ein phrenetisches Lächeln in elioro zur Folge und die Verhandlungen begannen sofort in Fluß zu kommen. Obgleich noch sichtlich von der kaum überstandenen Krankheit angegriffen, nahm Fürst Gortschakoff das Wort:Recht unfreundliches Wetter!' sagte er in einem Tone, als wenn er von den unbedeutendsten Dingen der Welt spräche. Graf Andrasfy schien sich im Geiste schnell die Situation klar zu machen, bedeckte mit der äußerst aristokratisch geformten Hand den Mund, der ganz die Dimensionen annahm, recht voll genommen zu werden und erwiederte in nicht mißzuver- stehendem Einverständnisse:Na ob!" Noch entscheiden­dere Debatten konnten in der ersten Sitzung nicht geführt werden, weil der türkische Bevollmächtigte, Mehmet Ali erst am 14. eintreffen sollte. Es wurde nunmehr zu der schwierigen Aufgabe geschritten, den inzwischen sanft ent­schlafenen Protokollführer wieder zu erwecken, was jedoch erst gelang, als man ihn mit obligatem Rippenstöße höflichst daran erinnerte, daß es hohe Zeit sei, dem Ga­ladiner beizuwohnen. Einstweilen sind die Organe der öffentlichen Meinung bemüht, diese einleitenden gegen­seitigen Verständigungen im Sinne eines in sicherer Aussicht stehenden Friedens zu deuten, während in allen größeren Städten des osmanischen Reiches Illumina­tionen zur Feier der in der ersten Sitzung noch nicht erfolgten Theilung der Monarchie veranstaltet werden sollen. In, dem Congreffe nahestehenden Kreisen, glaubt man, daß bereits nach Verlauf von acht Wochen die Formalitäten der Begrüßung vollständig beendet sein werden, so daß man vielleicht schon im dritten Monate wird daran gehen können, sich darauf zu besinnen, was die Vertreter der meistinteressirten Staaten eigentlich zusammengeführt hat. Sollte freilich dieses Resultat nicht erzielt werden, dann würde man zu erwägen haben, ob es nicht angemeffen erscheine, vorerst einem allgemeinen, wenn auch etwas blutigen, europäischen Kriege einige Jahre freien Lauf zu lassen.

Eine Stiftung für buckliche Schneidergeselleu, na­mentlich solche, welche zu ebener Erde wohnen, welche dem Berliner Magistrate überwiesen wurde, macht augen­blicklich ein gewißes Aufsehen in den betreffenden Kreisen; es steht zu hoffen, daß es dabei nicht sein Be­wenden haben, sondern daß das menschenfreundliche Legat zur vollständigen Aufrichtung der armen Geschöpfe führen wird.

ogr Schntzmannsborsicht. ^g©

Wer auf denVolksstaat abonnirt,

Wird arretirt.

Die Wand mit Bebel'S Bildniß ziert,

Wird arretirt.

Wer eine Auskunft refusirt Wird arretirt,

Wird arretirt, wird arretirt, wird arretirt.

Wer Landparthien arrangirt.

Die Masaillaise iutonirt,

Wer nicht auf Liebknecht raisonnirt Wird arretirt.

Wer Werke von Laffalle studirt,

Wer mit Carl Marx correspondirt,

Wer für Gefang'ne collectirt Wird arretirt.

Wer gegen Härte protestirt,

Wer je am Strike participirt,

Wer über Freiheit debattirt Wird arretirt.

Wer rothe Nelken cultivirt.

Wer in Petroleum speculirt,

Wer Reaction perhorrescirt Wird arretirt.

Wer Bürger: boargois titulirt,

Wen uns're Heeresmacht aigrirt,

Wer Demokraten invitirt Wird anrretirt.

Wer jede Ansicht estimirt,

Wen Lynchjustiz nicht convenirt,

Selbst wer sich zeigt zu reservirt Wird arretirt.

Wer nur zu mucksen noch probirt,

Wer sich nicht zeiget consternirt Ja, wer nicht ganz der Kopf verliert Wird arretirt.

* -i- *

Die Liebe der Clerilalen Frankreichs zu Jeanne dArc mag sehr heiß sein, keinesfalls aber so heiß, wie die Flamme in welcher sie einst auf Anstiften derselben Herren dem Tode zugeführt wurde.

SPrichtnörtusamminnz, mw berballhorniMte Anilage,

Wer Ah! sagt, muß auch Bäh! sagen (nationalliberal). Bleibe im Sande und wehre dich thätlich (spreeathenisch) Tessendorf weiß schon, wo er denM o st holt (criminalistisch). Es ist dafür gesorgt, daß die Freiheitsbäume nicht in den Himmel wachsen (neuwählerisch). Gleiche Brüder, gleiche Happen (congreßlich.)

Viele Lumpenhunde sind des Hasenclever's Tod (social­demokratisch.)

Wer den Laden hat, darf für den Bankrot nicht sorgen

(industriell.)

Preuß'sch Courant hilft durch's ganze Land (volkswirth-

schaftlich.)

Praktisch gewählt und kräftig geworben

Heißt den Wühlern die Rechnung verdorben (fortschrittlich.)

Gram und Noth macht Zahme r oth lpolitisch.)

Der Wähler ist schlimmer,als der Krakehler(bundesräthlich.) Ein Jeder für sich, die Türkei für uns Alle (europäisch.)

* * *