s

Dir Fackel.

1906

Er liegt um Büffet ihr zu Füßen Und gehn ihm die Gedanke» aus,

Sv hilft er schleunigst aus der nüefeu Situativ» sieh gut heraus.

Er bändigt Häring dutzendweise Und wickelt attch oft Rvitmöps ein, Tagtäglich nur zu festem Preise,

Teils mit Papa, teils ganz allein, lind dennoch liebt sie ihn mit Berve F» seidirer Blouse, ivie in Mull (Alt er als Leutnant der Reserve Doch mehr ivie Horaz und Catull.

Fcb hob natürlich all mein Lieben Berseukt und lieb die Am» jetzt.

Die mit mir gern von gelben' Rübe» lind Sellerie sehr geistreich schwätzt,

Feh pfeife ans die 'Büffetdaine

Fn» stillen nur, sonst gäbsKrakehl lind mit ihm eiire schwere Blume Und las; ihr ihre Häriitgsseel.

Mit Tonnhof sitz ich gern zusammen Und gerne auch mit seiner Perl,

Zählt er auch wengcr zu Veit stranrnten 'Athleten, ivie den guten Stert.

'.Dfcm hätt zu gern ihn nmgeschmissen,

Hat denunziert und intriguiert sind ihm das Cofehaus entrissen,

Dos er so prächtig renoviert.

'Allein an dem gesunden Sinne Des Präsidenten der Police Zersprang der Trie der giftgen Spinne,

Die ans dem Dunkel nach ihm stieß, eie fielen alle aus die Stelle,

Mit der noch nie ein Mcnsch gedacht,

Als jüngst die Weisen der Kapelle Aufs Di e u e tönten durch die 'Pacht.

Am Boden liegt die ekle Bonde Und wieder singen mir fidel Ein Liedchen vom gelobten Lande Aus poinm'rtifeuchter Atännerkchl.

Feh leg den Arm um 'Annis Taille,

Doch selbstverständlich nur im Geist,

Weil sonst die niedliche Kanaille Behauptete, das ivär zu dreist.

Und dann, weil ich genau genommen Mich meistens morgens' um halb vier,

'Pur noch für Anni sehr verschwommen Und mehr für Ella intressier.

Sie macht in Kunst schon einge Fahre Und deklamiert oft vehement/

Hat füuszigtansend Mark in Bare Und außerdem noch Temprainent.

War diese Maid nur etwas schöner Und nicht so schnell in Sekt berauscht,

Hält ich mit ihr, trotz aller Hühner,

Die Tombaeringe schon getauscht,

Fch hätt sie schon nach Hans gefahren, Gewiß in dnlei jubilo,

So aber laß ich diesen raren Genus; dem lnstgen Piccolo.

Fch zahl ihm die Transportgebühren, lind bitt ans Rücksicht ihn auf sich,

Tie holde Plaid nicht zu verführen,

Weil ich d i e Rechnung nicht beglich.

Fst Ella fort, sag ich Marieche»',

Komm, setze Dich an ihre Stell Und lasse sie an Pommep riechen,

Sowie an Eognae von Plartell.

Sie ist entzückt von meiner Güte Und beichtet mir, ein Doktor wär Berauscht von ihrer Blädchenblüte Und ihrem Ehie sogar noch mehr.

Er würde zum Altar sie führen,

Alach solches nicht zu viel Geräusch,

Bei seinen Lieben und bei ihren

llnd daß sie noch Pfui Deirel! keusch.

Fch hört' nur z» mit halbem Ohre:

Weil ich an jenen Knnstreim dacht,

Den ans dem Wasserleitnngsrohre Sartorius rief mit Zanberinacht,

Fch fühlt' mich per Distanee beschummelt, Obgleich ich nie das Zeug geschleckt,

Fn dein Blikroben sich getummelt,

An denen selbst ein Gaul verreckt.

Zn Marie, die in seidner Robe Bor mir von ihrem Doktor span»,

Sagt ich gedankenlos Alikrvbe Und habe'mich entschuldigt dann.

Sie war zu dick, das hdlde Wesen Für die Bezeichnung sehr verdreht Und frug mich schnippich, ob noch Ehaisen Alan haben könnt, da es schon spät 'k

Der angetan vielleicht sich nur ein Leid Weil man die Steuer» ihm nicht wollte stunden.

Fch glaubs zwar nicht: allein es könnte sein,

Denn Frankfurt strotzet ko von Patrioten,

Daß wonnerfüllt sie heute Hurra schrei»

Beim Anblick des geliebte» Stenerboten.

Fm Lande draußen gilt die Kaiserstadt,

Wie ich vernommen wirklich noch bis dato:

Obgleich de» Rothschild sie verloren hat'

Als eins der wengen, irdischen Dorado.

Wenn ich das hör, so lächle ich infam,

Ob solcher Alärchen lauten Wortgeknalles,

Tenn »ach dem einst so reichen Frankfurt kam 'Pach Sechsnndsechszig längst der große Dalles.

DaS Geld liegt auch bei uns noch auf der Gaß lind viele Hände snchen'S anfznhebe»,

Die meisten greifen ahne Unterlaß Fndessen lustig in den Dreck daneben.

'.stur Wenigen' ist es bis jetzt geglückt,

Wie W i l l i a m L i n d l e p sich' die Tasch zu füllen Und jener Firma, die erfand geschickt,

Tie Alprrholinseif und die Schweizerpillen, streich ist die Stadt, das geb ich gerne zu.

Und mit Emphase ivill ich es hier äußern,

Denn solches sieht sogar 'ne blinde Kuh,

An allerliebsten Wiener Eafehünsern.

Verkehrte", schlürft man allenthalben jeßt,

Undstlnß" umstlnß" bringt uns ein rascher Diener,

Fch sagte:Kellner, einen Wagen,

Doch einen, der so leicht nicht bricht,

Das Fräulein mit den; Krintmerkragen Hat ein bedeutendes Gewicht."

Bon oben blickte cs bis unten Dann unverschämt ans mir herum,

Bis eine Droschke man gefunden,

Tie mir entführt' dies Unienm.

Fch stand nun Leser, haste Teene?

Dann quatsche sie nur hübsch heraus

Uff meine Beene janz alleene Fm lichtdurchstrahlte» Spiegelhans.

Fch lieg mir meinen Blante'l bringen Und fuhr vergnügt nach Frankfurt W.

Zn einer in den Liebcsdingen Erfahrne», einst'gen Bühnenfee.

Prüder Zelote.

Ein Schnlmonarch, der einer katholischen Mädchenschule vorsteht, in der nnr die allein selig- ntacheilde Lehre verkündet ivird, hat bekamttlich die für die Fräuleins ihm überwiesenen Werke Schillers znrückgewiesen, iveil sie auch die Räuber enthielten.

Die Prüderie der Frommen artet nach tmd nach in Paroxismus ans! Man kann die Lenke bedduern, atlslachen, aber atich verächtlich be­handeln, weint man in Berücksichtigung zieht, das; die Ohrenbeichte »lehr Unheil in den jungeil Seeleil stiftet, ivie die schlimmsten Lascivitäten der fran­zösischen erotischen Literatur.

So lnuge noch unverdorbene Mädcheil in den Beichtstühlen Fragen ausgesetzt sind, wie wir sie ans der Liguorischen Moral-Theologie kennen ge­lernt haben, bestreiten wir den Zeloten das Recht, die edelsten Geister der Nation ans ihren Sittlich­keitsgehalt zu prüfen.

Schillers Ränder stiften in deil zukünftigen Müttern weniger Unheil, wie Priester von dem Schlage eines Domprobstes Malsch, der mit ihm, dem würdigen Seelsorger begangene Schweinereien als gottgefällige Handlungen bezeiehnete.

llnd dann! Lehrt die katholische Kirche nicht die nnbefteckte Empfängnis ? Wenn den jungen Mädchen dieses Kapitel vorgetragen wird, setzt mail doch voraus, das; sie wissen, um >vas es sich handelt. Wenn die Mägdelein nun schon einmal über diese heikle Sache informiert sind, können sie auch ihre Nase in Schillers Rällber stecken, um über die derben Ausdrücke der Spiegelberg und

Konsorten zu lächeln.

Die katholische Kirche hat eine so große, den jungen Menschen zugängliche, von masturbierende» Asketen geschriebene Schiveineliteratnr, das; das

Andenken unseres ehrlichen, braven, sittlich reinen Schillers mit solchen Maßregelungen ivirklich nicht beschädigt werde» kann. Seine Werke erheben die Seele des Menschen an unzähligen Stellen zu Gott, ivährend die pornographischen Ergüsse zahl­reicherheilige» Männer" das Gemüt in den

Straßenschuml; ziehen.

Das Pnrifikntiousfieber der katholischen und

evangelischen Priester der Gegenwart ist übrigens eine Krankheit, die ebenso vorübergehen ivird, ivie Pest und Cholera.

Die Begnadigung des Grafen Pückler.

Die Begnadigung des Grafen Pückler in Klein- Tschirue zu t> Monaten Festung oderfidelein Ge­fängnis;" erregt in Germauiens Gauen leicht be­greifliches Aufsehen und veranlaßt die Frage, ob der ansgeschiedene oder neue Justizminister' diese» Art der Güte der Krone empfohlen habe.

Da die Inden von den Richter- und Offiziers- stellen ausgeschlossen siild, so ist ja gewiß auzu- nehmen, das; in den höheren Regioneil ein ihnen nicht günstiger Wind weht, gegen de>l selbst der erste Gentleman des Reiches vergeblich ankämpfen ivird, da er seine Umgebimg nicht zur Liebe

Am meisten ober hiesige Lippe» netzt Fn letzter Zeit der duftendeBerliiier".

Anfänglich war er hier nicht sehr goutiert:

Allein dos Hot sich schließlich doch 'gegeben,

Denn Feder, der den Strand der Spree berührt Fst hingerissen vomBerliner Leben".

Berliner Lebe»! - O ivie ists hier still

Fn dieser großen Kleinstadt erster Güte,

Die allerdings erst unter prenß'schem Drill Was Piemand leugnen kann zur Pracht erblühte. Es könnte sich zu einem Klein-Paris Die schöne Stadt entivicklen zweifelsohne,

Wenn ihr die Obrigkeit »lehr Freiheit ließ Und nicht behandelte »ach der Schablone.

Wenn Kuß und Lust und Freude jauchzend winkt llnd Lebemänner Elignots Tropfen schlucken,

Wenn zarte Hand ins Haar uns Rosen schlingt Gehn dennnziern die gift'gen Mameluken.

Sie rufe» wütend ans dem Hinterhalt 'Pach Polizei mit Polpphemoskehlen, llnd erst wenn diese sich ein Opfer krallt Beruhige» sich die feige» Hnndeseelen.

Die Stadt der Blumen, nannt' inan einst die Stadt, Fn der zu viel mir schon der Tage schwanden,

Fch aber nenn des AtainstronlS Perle glatt,

D ie ' S tert » der Mucket und btt '

STAi)T-Bmf] { hfM Frankfüät am Maul

u

ennnzianten. r - H e r f n r t t,.

zwingen kann, aber schwer begreiflich finden ivir es, das; man Seiner Majestät die gütige Behaildlung des Radaubruders empfahl. Wäre die Kroile genau über das Treibe» dieses selbst von den Leuten mn Bruns abgeschüttelten Mannes unter­richtet gewesen und iväre Seiner Majestät mit­geteilt worden, daß Pückler geradezll die ganze deutsche Justiz verhöhnte, so wäre der Hetzapostel anstatt 6 Monate auf die grüne Wiese, 6 Monate ins Kittchen abgerückt.

Nahm der Justizminister, trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Feststellungen aber an, daß bei dem Freiherrn eine Schraube los sei, und wir sind derselben Ansicht, so hätte inan ihn ganz laufen lassen und in eine Heilanstalt stecken sollen. Letz­terer verfällt er sicherlich doch über kurz oder lang.

Unter der jüdischen Bevölkeritug hat die Be­gnadigung des Radauantisemiten tatsächlich eilten depriinicreuden Eindruck gemacht, der vielleicht dadurch etwas gemildert werden könnte, daß >uan dem ivegen Angriffes auf den Grafen Pückler zu drei Monaten Gefängniß verlirteilten Juwelier Levy von Frankfurt a. M. die Freiheitsstrafe in eine hohe Geldstrafe umwandelte.

Mitteilungen aus Frankfurt a. M. u. Umgegend.

Otto Reutter und die schöne Otero treffen am 1. März im Frankflirter Orpheum ein, das von diesem Tage ab die Variete - Vorstellungen wieder aufnimmt. Direktor Bruck ivird mit Rück­sicht auf die Konkurrenz ein ganz phänomenales, hier noch nicht gesehenes Programm bieten, das schiveres Geld kosten dürfte.

Eine» scharfen Schuß feuerte ein Hooligan in der Neujahrsnacht ins Kolossenm ab, wodurch eine Scheibe zertrümmert wurde, Die iin Pro­gramm nicht vorgesehene Nummer wurde erwischt und eingesteckt.

Zwei Wurstblattredakteure haben am dritten Januar ihr diesjähriges Bad genommen. Saubere Kerle!

Die Brauerei Binding, in deren Direktorium immer Kunstvetständige Leute saßen, hat ihren Kunden einen Alt-Frankfurter Kalender zugehen lassen, der ihr sowohl, als auch dem genialen Maler und Zeichner W i l h e l m Sachs zur Hoheit Ehre gereicht. Der Kalender stellt die alte Mainbrücke und ihren Verkehr dar, als sie noch die auf alten Abbildungeil z>l sehenden Thürme zierten. Diese Bindings-Kalender sind so schön, das; sie einen Schmuck in jedem Ziuuner bilden.

Auch der Kalender des Frankflirter I n t e l l i g e >l z b l a t t e s, welcher alleil Abon­nenten dieser alten, gern gelesenen lmd übersichtlich redigierten Zeitung zuging, verdient eine aner­kennenswerte Erwähnung, ist er doch noch eine hochkünstlerische Arbeit des alten, im vorigen Jahre verstorbenen Peter Becker.

Entsetzlich, ganz entsetzlich. Wir erfahren, daß sich in einer Animierkneipe des Bahnhofs­viertels ein Jüngling von achtzehn Jahren, der achttausend Mark in der Tasche hatte, ohne das; es die hohe Obrigkeit bemerkte, total besoff. Wir wundern llns, daß solches passieren konnte, be­merken aber zur Beruhigung aller Kriminalisten, das; der junge Mann der Sohn eines amerika- ilischeil Millionärs ist, der einige hnnderttansend Mark alljährlich zu verzehren hat. (Der Krösus soll einer Kellnerin sogar tausend Mark geschenkt habeil. Die Red.)

Geadelt ivurde eine hiesige Animierkneipe da­durch, daß sie ein Stadtverordneter besuchte. (So­gar veritable Ferschten hat man in diesen Gwist- anstalten schon bemerkt. Die Red.)

Wütend geschimpft hat ein Frankflirter Pollzeikominissar, allerdiitgs itachts in später Stunde, im Eafe Bauer ans den Herausgeber derFackel"; obgleich ihm derselbe nie das ge­ringste in den Weg legte. Da der Journalist viel zu vernüftig ist, um den Herrn zu verklagen, so wird er sich mit Druckerschwärze revanchieren. Und nicht zu knapp! Wer zuletzt lacht, lacht ain besten. (Wir können den Kommissar wirklich nicht begreifen. Der Herausgeber unseres Blattes ist ein so lieber, süßer Engel, das; große, bei Be­amten sehr zu bedauernde Nilchristlichkeit dazu ge­hört, ihm Uebles nachzureden. Die Red.)

Polizei - Präsident Scherenberg Hai seine Schäflein wir meinen damit nicht seine Be­amten, sondern die Bürger dieser Stadt, deren Wohl ihm anvertrant ist im Stiche gelassen und einen dreimonatlichen Urlaub an die Riviera ailgetrete».

Stadtrat Dr. Matti soll amtsinüde sein. Soll? Wie schade, daß die Presse noch nichts Positives melden kann. Tritt Matti von seinem Posten zurück, beginnt für Frankfurt eine neue Aera der Entivicklnng. denn _ er ist einer der schivärzesteu Reaktionäre, die jemals im Hause Limpurg saßen.

Die Nationalliberalen haben ein nelies Ober­haupt, uachdein ihnen seither Mister Toteapita-