Wöchentliche Grmtis-Keilage: Illustriertes Unterhaltnngslllatt.

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Uv. 79.

Amtlicher Teil.

Bekanntmachung.

Im hiesigen Kreise bestehen an verschiedenen Stellen Eisenbahn-Uevergänge, welche weder mit Schranken versehen, noch auch sonst bewacht sind. Den Wagenführern von jeglichem Fuhrwerk liegt daher die Pflicht ob, beim Befahren solcher Bahn­übergänge zur Verhütung von Unglücksfällen die größte Vorsicht zu üben, da sie bei unachtsamem Befahren der Bahn nicht nur ihr eigenes Leben gefährden, sondern sich auch einer erheblichen Be­strafung auf Grund des § 316 des Strafgesetz­buches anssetzen.

Die Polizeiverivalttingen und Ortspolizeibe­hörden ersuche ich, diese Warnung in ortsüblicher Weise zur allgemeinen Kenntnis zu bringen, weiter aber gegen alle ihnen bekannt werdenden Fälle der Uebertretung des § 316 des Strafgesetzbuches nach- drücklichst einzuschreiten und die Hierwegen erfolgten rechtskräftigen Bestrafungen zur öffentlichen Kennt­nis zu bringen.

Höchst a. M., den 27. September 1906.

Der Landrat: v. Achenbach.

Wird veröffentlicht.

Sossenheim, den 3. Oktober 1906.

Der Bürgermeister: Brum.

Bekanntmachung.

Auf Grund des § 2 der Kreis-Polizeiverordnung vom 5. Januar 1895 ordne ich an, daß die Tauben während der bevorstehenden Herbstsaat, für die Zeit vom 3. Vis 24. d. Mts. einschl. in den Schlägen gehalten werden. Auf die Tauben der Brieftauben­vereine, welche der Militärverwaltung zur Ver­fügung gestellt sind, findet diese Sperre nur für die ersten 10 Tage Anwendung. , .

Die Polizeiverwaltungen, Ortspostzeibehorden und Kgl. Gendarmen ersuche ich, Zuwiderhandelnde ungesäumt zur Bestrafung zu bringen.

Höchst a. M., den 1. Oktober 1906.

Der Landrat: v. Achenbach.

Wird veröffentlicht.

Sossenheim, den 3. Oktober 1906.

Der Bürgermeister: Brum.

Bekanntmachung.

Die Grasgelder, sowie Pachtgelder für 1906 sind entgültig am 1. Oktober fällig gewesen, und werden die Steigerer von Gras von den Gemeinde­wiesen, sowie die Pächter von Gemeindeäckern und Wiesen erinnert, Zahlung zu leisten, oder sich zur Zahlung bei hiesigem Bürgermeisteramt Ausstand erteilen zu lassen.

Sossenheim, den 3. Oktober 1906.

Der Gemeinderechner: Brum.

Lokal-^acbricbten.

Sossenheim, 3. Oktober.

Unsere Kirchweihe verlief aufs schönste. Der Besuch war ein ganz gewaltiger, besonders von Höchst, Nied und auch diesinal viele von Rödelheim. Sämtliche Wirtschaftslokalitäten waren überfüllt, ebenso die drei Säle, so daß an Tanzen fast nicht zu denken war. Dazu hat allerdings das Wetter viel beigetragen, und wollen hoffen, daß nächsten Sonntag zur Nachkirchweih dasselbe und der Be­such ebenso wieder wird.

Verhaftet wurde am Sonntag nachmittag ein junger Mann, der an der Karussell bedienstet war. Derselbe wurde steckbrieflich verfolgt und ist durch den hiesigen Gendarmen ermittelt worden.

Mittwoch den 3. Oktober

* Alte Kaneenrrgein vom Oktober. Auf Sankt Gallen-Tag muß jeder Apfel in den Sack. Wenn's im Oktober friert und schneit, so bringt der Januar milde Zeit. Halten die Krähen Konvivium, so sieh nach Feuerholz dich um. Trägt's Häschen lang sein Som­merkleid, so ist der Winter auch noch weit. Oktober­gewitter sagen beständig, der künftige Monat sei wetter­wendisch. - Wenn Simon und Judas mit Sturm ein­herwandeln, so wollen sie mit dem Winter verhandeln.

Oktoberdonner ist fürwahr noch besser als im Februar.

Füllt der erste Schnee in den Schmutz, vor strengem Winter kündet er Schutz. Hat der Oktober viel Regen gebracht, hat er auch gut die Aecker bedacht. Nichts kann mehr vor Raupen schützen, als wenn der Oktober erscheint mit Pfützen. Mengt der Oktober sich in den Winter, so ist dann dieser um so gelinder. Fängt der Winter früh an zu toben, wird man ihn im Januar loben. Je fetter die Vögel und Dachse sind, desto kälter erscheint das Christuskind. Auf den Tag Sankt Gallus die Weidekuh in den Stall muß und der Apfel in den Korb muß. Wenn Simon und Judas vorbei, rückt der Winter herbei. Ist recht rauh der Hase, frierst bald du an der Nase. Wenn im Moor viel Irrlicht' steh'n, bleibt das Wetter lange schön. - Ist im Oktober das Wetter hell, bringt es her den Winter schnell. Ist im Oktober Frost und Wind, wird Januar und Hornung gelind. Oktober und März gleichen sich allerwärts.

Nordlichtschein bringt Kälte ein. Sitzt das Laub an den Bäumen fest, sich strenger Winter erwarten läßt.

Wandert die Feldmaus nach dem Haus, bleibt der Frost nicht lange aus. Von Lucä bis Sankt Simons­tage zerstört der Raupennester Plage. Wie im Okto­ber die Regen hausen, werden im Dezember die Stürme brausen. Wenn's im Oktober friert und schneit, so bringt der Januar milde Zeit. Oktober rauh, Januar flau. Oktoberhimmel voller Sterne hat warme Oefen gerne. Oktobergewitter sind Leichenbitter. Fette Vögel und Dachse, pfeift im Winter die Achse. Kra­niche, die niedrig zieh'n, deuten auf warmes Wetter hin.

Kriechen die Eichhörnchen bald zu Nest, wird der Winter hart und fest. Fällt das Laub vor Leodegar, ist das nächste ein fruchtbar Jahr. Sankt Gallen läßt den Schnee fallen. Ist Sankt Gallen naß, ist's dem Wein kein Spaß. Wolfgang Regen, verspricht ein Jahr voll Segen.

Der SOttobev dürfte uns nach Otto Falb's Prognose wenigstens in seiner ersten Hälfte heitere schöne Tage bescheren. Dann aber soll ein Umschlag in der Temperatur eintreten, der Stürme und Niederschläge, ja in den Bergen sogar Schneefälle im Gefolge hat. Den 2. Oktober be­zeichnet Falb als einen kritischen Termin mittlerer Stärke, den 17. aber als einen solchen von hoher Bedeutung und ganz besonderer Stärke. Wenn man dem hundertjährigen Kalender Glauben schenken will, so ist mit Ausnahme der beiden ersten Tage des Monats das Wetter bis zum 10. Oktober regnerisch, vom 10. bis 26. aber wieder schön. Am 27. soll Frost und am 30. Schneefall eintreten.

Staare als Obstschiidlinge. Von

Gartenbesitzern wird über den Schaden geklagt, den die massenhaft auftretenden Staare am Obst, be­sonders an Trauben und Birnen, anrichten. Den Staar hat man bekanntlich bis vor wenigen Jahren als Standvogel in hiesiger Gegend gar nicht ge­kannt und erst seit zwei oder drei Jahren macht er sich hier heimisch und nistet. Die Gartenbesitzer sollten mit dem Staar nicht gar so strenge ins Gericht gehen und ihm seine Näschereien nicht zu sehr ankreiden. Im Kampfe gegen die Obstschäd­linge aus der Jnsektenwelt stellt er doch seinen Mann so gut wie einer, und solche Mithelfer können wir gerade in hiesiger, raupengesegneter Gegend gut gebrauchen.

Gefunden eine Pferdedecke. Zu erfragen im Verlag dieses Blattes.

* Heu- und Steohmaekt vom 2. Okt. (Amtliche Notierungen.) Heu per Zentner Mk. 3.103.40, Stroh Mk. 2.90-3.00.

Hus ]Vab und fern*

Höchst a. M., 2. Okt. Herr Heinrich Leisner, Musiker bei der Farbwerkskapelle, hatte am Montag auf Dienstag Nacht zur Kirchweihe in Sossenheim imLöwen" gespielt. Als er nach

1906.

Hause kam und sich umziehen wollte, um wieder auf seinen Posten in die Fabrik zu gehen, wurde er von einen Herzschlag getroffen, der seinem Leben ein Ende bereitete.

Soden, 1 . Oktober. Bei einem hiesigen Landwirt wurde ein Einbruchsdiebstahl ver­übt, wobei mehrere 1000 Mk. bares Geld entwendet worden sind.

Frankfurt a. M., 2. Okt. Eine 25jährige Frau in der Falkstraße wurde gestern früh plötzlich geistesgestört. In ihrem Anfall nahm sie Gegenstände wie Vogelkäfig, Bilder, Spiegel u. s. w. und warf sie aus dem Fenster ihrer Wohnung auf die Straße. Auch wollte sie ihr zwei Monate altes Kind herunter werfen, wurde aber von Hausbe­wohnern noch rechtzeitig daran gehindert. Die Rettungswache brachte die Geisteskranke nach der Irrenanstalt. Vorgestern nachmittag wurde an der Untermainbrücke der 30jährige Taglöhner Karl Hofmeister von einem Milchfuhrwerk überfahren. Er trug schwere, innere Verletzungen davon. Von einem Rollfuhrwerk wurde der Glasreiniger Jakob Moser in der Hafenstraße überfahren. Er erlitt einen Unterschenkelbruch. Bei einer israelitischen Witwe, die in dem Erdgeschoß des Hauses Kant­straße 11 ihre Wohnung hat, aber sich in eineni Krankenhaus befindet, wurde am Versöhnungstag ein gebrochen und Gegenstände von beträchtlichem Wert geraubt. Der Täter war unbemerkt in die Wohnung gelangt und ebenso mit seiner Beute wieder aus ihr verschwunden.

Nieder-Eschbach, 2. Okt. Am Montag nacht wurde ein ungemein raffinierter Diebstahl hier ausgeführt. Dem Gastwirt Heinrich Schneider wurde eine schwarze Stute, auf den Namen Fanny lautend, aus dem Stalle gestohlen. Die Diebe hatten den Weg vom Stalltor bis zur Straße mit Säcken belegt, um die Hausbewohner nicht durch Getrappel aufzuwecken. Bis jetzt hat man noch keine Spur von den Pferdedieben.

Flörsheim, 30. September. Der hiesige Verschönerungs-Verein" hatte im Frühjahr an die Schülerinnen der oberen Mädchenklasse je 3 junge Blumenstöcke zur Pflege verabreicht. Verflossene Woche waren nun die Blumenpflanzen im Schützenhof" zur Besichtigung ausgestellt. Heute fand die P r ä m i i e r u n g statt. Alle Kinder wurden mit Kuchen und Schokolade bewirtet. Außerdem. erhielten 27 Kinder als Anerkennung für ihre ge­leistete Blumenpfloge Sparkassenbücher über 3 M.

Hus dem Gerichts Paal*

* Wiesbaden, 1 . Oktober. (Strafkammer.) Der Steindrucker Karl W. von Soden wohnt in einem Hause, das zuerst dem Gastwirt Philipp Ziegler von Höchst gehörte und dann in das Eigen­tum des Schlossers Biringer von dort überging. W. soll mit der Miete im Rückstand geblieben sein und einmal 125 M. mit einem gefälschten Wechsel bezahlt haben. Auf dem Wechsel war das Akzept und das Giro eines wohlhabenden Maurermeisters aus Kleinschwalbach gefälscht. Die Fälschung wurde entdeckt, bevor der Vermieter Zahlung auf den Wechsel erhalten hatte. Der Angeklagte W. leugnete und suchte die Täterschaft auf den Schlosser B., bezw. den Wirt Z., zu lenken. In einem Termin, der vor einigen Wochen stattfand, war beschlossen worden, neben dem hiesigen Schreibsachverständigen Landgerichtssekretär Pusch den Gerichtschemiker Dr. Popp aus Frankfurt a. M. über die Sache zu hören. Beide Sachverständige gaben ihr Gutachten über­einstimmend dahin ab, daß unter den für die Fälschung in Frage kommenden Personen mit größter Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Fälscher zu bezeichnen sei. Das Urteil lautet auf 3 Monate Gefängnis.