poUtifcbe Rundfcbau.

Deutschland.

Das Kaiserpaar wird sich voraussichtlich am 4. Oktober zu kurzem Aufenthalt nach Cadinen begeben.

Der Großherzog von H e s s e n, der sich angeb­lich auf einer Neiie nach Rußland befinden soll, ist in München eingetroffen.

Der braunschweigische Staatsmini st er Dr. v. O t t o ist in Homburg vom Reichskanzler F ü r - st e n v. B ü l o w in längerer Audienz empfangen worden.

Herzog Karl von Cray, erbliches Mitglied des p r e u ß. Herrenhauses, ist auf Jagdschloß Kara- pancsa in Ungarn, wo er sich zur Jagd aufhielt, g e - st o r b e n.

Das Reichsversicherungsamt hat an alle deutschen Berufsgenossenschaften Anfragen darüber ge­richtet, welche Schritte sie unternommen haben, um dem Mißbrauch geistiger Getränke unter den Arbeitern der unterstellten Betriebe entgegen­

zutreten. Gleich^,.a werden die Berufsgenossenschaften aufgefordert, dieser Angelegenheit fortgesetzt ihr Augen­merk zu schenken.

Die internationale Konferenz zur Re­gelung der Funke ntelegraphie tritt am 3. Oktober in Berlin zusammen. Den auf der Kon­ferenz zu beratenden Vertragsentwurf hat die deutsche Regierung ausarbeiten lassen.

Qsterreich-Nngarn.

Das Befinden K a i s e r F r a n z I o s e p h s hat sich angeblich gebessert. Der Monarch darf bereits wieder kleine Spaziergänge unternehmen. Besorgnis­erregend aber ist, daß auch alle Audienzen abgesagt worden sind.

Der Wahlreformausschuß arbeitet so eifrig, daß man in dcn nächsten Tagen mit den Beratungen zu Ende zu kommen hofft. Bisher haben sich heiße Kämpfe um den Wortlaut der Vorlage noch nicht ent- sponnen.

Frankreich.

Der aus der D r e y f u s - A f f ä r e bekannte General V i c g u a r t. ift zum Divisionskommandeur befördert worden.

England.

Gegen die ins Ausland geflüchteten Russen beginnt nach der Mordtat von Jnterlaken lebhaftes Mißtrauen rege zu werden. Die Polizei in L o n d o n hat dieser Tage Kenntnis von einem Bomben- Anschlag erhalten, den russische Anarchisten gegen den Chef des Londoner Hauses Rothschild planten, weil er an dem Zustandekommen der russischen Anleihe lebhaften Anteil genommen habe. Es wurden viele Ver- baftungen vorgenommen. Die Regierung erklärte, daß sie künftighin allen Einwanderern aus Rußland erhöhte Aufmerksamkeit schenken werde.

Schweiz.

Nachrichten aus Bern zufolge sind die mit den neuen Kruppschen 75-Millimeter-Kanonen (72 Batterien) erzielten Ergebnisse ganz vorzüglich. Ins­besondere ist man davon befriedigt, daß die Artilleristen in überraschend kurzer Zeit die Bedienung dieses Ge­schützes erlernen konnten.

Die Internationale Vereinigung für gesetz­lichen Arbeiterschutz in Genf trat in ihrer Schlußsitzung für ein allgemeines Verbot der Nacht­arbeit jugendlicher Arbeiter unter 18 Jahren ein.

Italien.

Die italienischeKolonialabteilung be­reitet Pläne zu einer politisch-wissenschaftlichen Expedition in das Benadirgebiet in Nordostafrika vor, die genau den Flußlauf des Uebi Skabeli und die Grenzen der italienischen Einflußsphäre nach der abessinischen und der englischen Seite hin feststellen soll. Ein königlicher

A Huf fcbiefer Bahn.

7] Roman von Neinhold Ortmann.

(Fortsetzung.)

Der? Das ist Julius Löwengaard, der Schwieger- vater des Hausherrn."

Ah! Vermutlich ein sehr reicher Mann."

Man hält ihn dafür und eS ist möglich, daß man sich nicht täuscht, obgleich bei Leuten seines Schlages eine Bermögensschätzung immer ihr Bedenkliches hat."

Was für ein Geschäft ist es, das er betreibt?"

Mit zwei oder drei Worten läßt sich das nicht sagen. Man könnte ihn einfach einen Spekulanten nennen, wenn er nicht zeitweilig wieder Fabrikbesitzer, geschäfts­führender Direktor einer Pferdebahngesellschaft, Organi­sator eines neuen Seebades und wer weiß was sonst noch wäre. Jedenfalls hat er seine Hände immer gleich­zeitig in einem Dutzend verschiedener Unternehmungen."

Also ein kaufmännisches Genie? Einer von den Männern, die über Nacht Millionen aus der Erde stampfen?"

Oder über Nacht aus Millionären zu Bettlern werden. Ja, einer von denen ist er allerdings."

Julius Löwengaard war ihnen inzwischen zu nahe gekommen, als daß sie ihn noch länger hätten zum Gegenstand ihres Gesprächs machen können. Ein kleiner schwarzbärtiger Herr hatte ihn jedoch eben beim Rock­ärmel genommen.

Hören Sie, Liebster, ist es wahr, daß Ihr Neffe mit dem Braunen Unglück gehabt bat, den Sie von dem Rittmeister von Holleuffer kauften?"

Allerdings. Aber es war glücklicherweise nicht von Be­deutung. Er ist jetzt schon beinahe genesen."

Na, das hätte leicht schlimmer ablaufen können. Sie erinnern sich wohl, daß ich's Ihnen voraussagte.

Prinz soll sich zur Leitung der Expedition erböten haben. Offenbar will Italien im Innern Nordostafrikas wieder­gewinnen, was es durch den famosen Afrikadreibund mit England und Frankreich verloren hat.

Der Papst äußerte, er habe in bezug auf das Trennungsgesetz in Frankreich feine Pflicht getan, die ibm das Wohl der Kirche und die Achtung vor der katholischen Lehre auferlege; über die Zukunft werde die Vorsehung entscheiden. Bezüglich der Kultus- vereinigungen meinte der Papst, wenn die fran­zösischen Gesetzgeber aufrichtig von ihrem Irrtum los- kommen würden, so würden sie in Rom das Verlangen nach Aussöhnung und Vergessen des Vorgefallenen finden, wenn sie aber vorsätzlich den Kampf suchten, so würden sie dem energischsten Verteidiger der Lehre Christi und der Rechte der Kirche begegnen.

Dänemark.

Wie aus Kopenhagen gemeldet wird, verlautet in Hofkreisen, ' daß für die erste Hälfte des Oktober die russische Kaiserfamilie zum Besuch des däni­schen Hofes erwartet wird. Der Kaiser werde bei der königlichen Familie auf Schloß Fredensborg Wohnung nehmen.

Spanien.

König Alfons berief eine Ministerkonferenz, die sich mit der Frage der Arbeitslosenversorgung beschäftigen soll. Schon vor einiger Zeit hatte der Ministerpräsident den Erlaß einiger Notstandsverordnungen dringend gefordert und es besteht die Hoffnung, daß der Ministerrat nunmehr seinem Anträge entsprechen wird.

Nuftland.

In Petersburg gehen über die Fortsetzung oder Beendigung der Seereise des Zarenpaares verschiedene Gerüchte um. In dem Zarenpalais zu Peterhof werden angeblich Vorbereitungen zur Rückkehr der kaiserlichen Familie getroffen. Nach einem andern Gerücht toll ihre Rückkehr auf einen Monat verschoben worden sein, weil der Z a r unwohl sei; doch könne der Aufschub auch durch den sehr natürlichen Wunsch des Zaren, seine Ferien zu verlängern, veranlaßt sein.

Wie ans Petersburg gemeldet wird, soll der Zar den Befehl unterzeichnet haben, den General S t ö s s e l auf die Liste der dauernd pensionierten Generale zu setzen. Alle weiteren Verhandlungen des Kriegsgerichts wegen der Übergabe von Port Arthur sollen aufgehoben werden.

Balkanstaateu.

Der Sultan hat den Fordeningen Englands und Ägyptens auf der H a l b i n s e l Sinai nachgegeben; die Grenze ist endgültig abgesteckt, so daß die Grenz­kommissare nunmehr zurückkehren.

Die Kreter scheinen sich in die Neuordnung der Dinge auf ihrem Eiland gefunden zu haben. Die feier­liche Amtseinsetzung des neuen Gouverneurs von Kreta, Zaimis, hat allerdings unter dem Schutze der Kriegsschiffe aller Garantiemächte ohne Zwischenfall stattgefunden.

Amerika.

Die Regierung der Ver. Staaten richtete eine Note an die Pforte, weil der S u l t a n den Empfang des amerikanischen Botschafters abermals zum vierten Male verschoben hat.

Die Lage auf Kuba hat sich auf friedlichem Wege augenscheinlich nicht geklärt. Den neuesten Mel­dungen zufolge haben der Präsident Palma und der Vizepräsident, sowie das ganze Kabinett ihre Ämter endgültig niedergelegt. Daraufhin hat Staatssekretär Taft, der Vertreter der V e r. S t a a t e n, einstweilen die Regierung übernommen. Zu gleicher Zeit aber hat die amerikanische Regierung Maßregeln ergriffen, um die Durchführung der Neuordnung der Dinge mit Waffen­gewalt zu unterstützen. Der stellvertretende Kriegs- sekretär Oliver hat angeordnet, daß die erste Ab­teilung in Stärke von 5500 Mann sich bereit halten

Ich kenne das Teufelsvieh zu genau. Und Holleuffer selbst hat Ihnen kein Geheimnis daraus gemacht. Es war mir eigentlich unverständlich, wie Sie das Pferd trotzdem eriverben konnten."

Vielleicht verstehe ich zu wenig davon," sagte Löwengaard kühl, indem er sich gleichzeitig von dem kleinen Manne losmachte. In der nächsten Sekunde sah er sich dem Doktor Geißler gegenüber, der schon vorher unmittelbar neben ihnen gestanden haben mußte. Er wollte mit kurzem Kopfnicken an ihm vorübergehen; aber der andre vertrat ihm in seiner ungenierten Weise geradezu den Weg.

Na, haben Sie den Artikel gelesen, Herr Löwen­gaard ? Famos, nicht wahr?"

Der Angeredete hatte eine sehr reservierte Haltung angenommen. Selbst das verbindliche Lächeln, das sonst beinahe niemals von seinem Antlitz verschwand, war jetzt verschwunden.

Was für einen Artikel meinen Sie, Herr Doktor?" fragte der Angeredete merklich kühl.

Was sonst, als den Aufsatz über die neu entdeckten Lager von Kalisalzen bei Hellstadt! Ich weiß übrigens, daß Sie ihn gelesen haben, denn ich habe Ihnen ein Exemplar der ,Tagespreis ja höchsteigenhändig zu­gesandt."

Das war sehr liebenswürdig. Aber ich kann mich leider nicht erinnern. Man schickt mir so viele Zeitungen ins Haus, daß der Tag zweiundsiebzig Stunden haben müßte, wollte ich sie alle lesen. Und überdies, welches Interesse sollte gerade dieser Artikel für mich haben?"

Doktor Maximilian Geißler lachte.Ah, ich verstehe! Ihre Beteiligung ist vorläufig noch Geheimnis. Das konnte ich nicht annehmen; aber ich werde mich selbst­verständlich für die Folge danach richten. Vielleicht geben Sie mir morgen einige Informationen. Ich gedachte

solle, sobald wie möglich nach Kuba zu gehen. Englische Nachrichten besagen, die kubanische Bevölkerung sei ent­schlossen, jetzt die Amerikaner, wie ehemals die Spanier, zu bekämpfen.

Afrika.

Aus M o g a d o r wird berichtet, daß eine Abteilung marokkanischer Regierun g ssoldaten, die der dortige Pascha bestrafte, weil sie einige Franzosen aus der Umgebung einer Moschee vertrieben hatte, mit Waffen und Munition zu dem rebellischen Kaid Anflus übergegangen ist, der einen neuen Anschlag vorbereitet. (Die Lage in dem vielumworbenen Marokko scheint dem­nach immer ernster zu werden. Wo bleiben die Mächte und die Beschlüsse der Konferenz von Algeciras ?)

Asien.

Gemäß einem russisch-japanischen Über­einkommen genießen von jetzt an in den von russischen Truppen besetzten nördlichen Provinzen der Mandschurei die Japaner die gleichen Rechte wie andre Ausländer. Hoffentlich hält diese versöhnliche Stimmung an.

Die Eröffnung des ersten persischen Parla­ments soll Anfang November erfolgen.

Australien.

Im Repräsentantenhause machte der Präsident des Ministerrats des Bundesstaates, D e a k i n, die Mitteilung, daß mit Südafrika ein Gegen­seitigkeitsvertrag vereinbart worden sei; er hoffe, daß das Parlament des Bundesstaates den Ver­trag vor Beendigung der laufenden Session annehmen werde.

Unpolitischer Cacfesbencbt

Thorn. Unter dem Verdacht der Spionage wurde hier ein Herr verhaftet, der von dem Fort Hermann Balk eine Skizze aufzunehmen versuchte. Ein Radfahrer, der den Fremden beobachtet hatte, erstattete Anzeige bei der Foriwache, worauf die Festnahme des Verdächtigen erfolgte.

Köln. Zwei unsichere Militärpflichtige sollten durch ein Kommando von Köln behufs Einstellung in das 53. Infanterie-Regiment nach Kalk transportiert werden. Auf dem Wege dorthin überfielen sie den das Kom­mando führenden Sergeanten und ergriffen schließlich die Flucht. Da sie auf den Aufruf nicht stehen blieben, machte der Sergeant von seiner Schußwaffe Gebrauch. Einer der Flüchtlinge wurde in die Brust geschossen und in das Lazarett befördert, der andre in Hast genommen.

Velbert. Infolge Brandstiftung wurde hierselbst das Maschinenbaus und die Schleiferei der Slitherschcn Schloßfabrik vollständig eingeäschert. In der Fabrik ist in einem Jahre achtmal Feuer angelegt worden. Der Brandstifter ist noch nicht ermittelt.

Mülheim. Auf einen Personenzug der Sftecke Sterkrade-DinSlaken wurde ein Revolverattentat verübt. Mehrere Kugeln durchschlugen die Fenster eines Abteils 4. Klasse, ohne jemand zu verletzen. Es gelang leider nichb, den rrichlosen Täter zu ermitteln.

Altona. Die hiesige Polizei verhaftete einen Post­beamten, der aus unbekannten Gründen etwa 300 Briefe verbrannt oder weggeworfen hatte.

Bensheim. Ein raffinierter Gaunerstreich wurde hier gegen einen Frankfurter Rentier verübt. Dieser ist Eigentümer einer im Augenblicke . stilliegenden Granitschleiferei zwischen Schönberg und Wilmershausen und hatte sie unter Aufsicht des Ortspolizeidieners gestellt. Zu ihm kamen dieser Tage einige fein­gekleidete Herren und baten, die Schleiferei besichtigen zu dürfen, wobei sie von einem hohen Ankaufspreis sprachen, den sie zu geben bereit seien. Als die Be­sichtigung sich mehrere Tage hinzog, erklärte der Polizeidiener, der pflichtschuldigst immer der Be­sichtigung beiwohnte, er wolle sich um Ersatz nach Frankfurt wenden. Da traf von dort ein Telegramm ein, die Herren nur allein schalten und walten zu

Ihnen ohnehin in einer andern Angelegenheit meine Aufwartung zu machen."

Er hielt es für überflüssig, auf eine Erklärung Löwengaards zu warten, ob ihm der angekündigte Be­such auch genehm sein würde, sondern gesellte sich schon wieder zu einer andern Gruppe. Julius Löwengaard wandte sich kurz und als er gleich darauf seines Schwiegersohnes ansichtig wurde, ftagte er ihn mit einem merklichen Klang von Unmut in der Sümme:Ist es denn wirklich schon ganz unvermeidlich geworden, diesen Menschen hier bei euch zu treffen? Ein Individuum, von dem niemand weiß, was es ist und wovon es lebt, solltest du dir doch etwas weiter vom Leibe halten."

»Es ist Doktor Geißler, den du meinst, nicht wahr? Ich denke doch, er ist Journalist."

Möglich, daß er sich so nennt. Aber jeder an­ständige Redakteur würde sich wahrscheinlich mit Ent­rüstung dagegen verwahren, ihn als Kollegen anzu­erkennen."

Richard Sieveking zuckte die Achseln.Wenn es sich auch so verhielte er ist einer von Hertas erklärten Günstlingen, und sie würde es ohne Zweifel für einen brutalen Eingriff in ihre Machtsphäre halten, falls ich mir unterstände, ihm die Tür zu weisen."

Löwengaard nahm seinen Arm und zog ihn ein wenig beiseite.Ein Wort im Vertrauen, lieber Sohn, und du wirst mir's, wie ich hoffe, nicht übel nehmen. Du räumst deiner Frau zu viel Freiheiten ein. Du bist zu nachsichtig gegen ihre Launen. Auch dem liebens­würdigsten Weibchen muß man hin und wieder einmal den Herrn und Gebieter zeigen."

Über das kluge, sympathische Gesicht des andern zuckte es wie ein mattes Lächeln.Dein Rat ist gewiß gut. Aber es würde mir wahrscheinlich den letzten Rest