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Zeitung erscheint wöchentlich zweimal und zwar '"wochs und Samstags. Abonnementspreis °"atlich 35 Pfg. frei ins Haus gebracht oder im Verlag, Oberhainstraße 16, abgeholt.
Dritter Jahrgang.
Verantwortlicher Herausgeber, Druck und Verlag: Karl Becker in Sossenheim.
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Nr. 27.
Mittwoch den 3. April
1907.
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Amtlicher Teil.
Warnung.
I Sn letzter Zeit sind auf Wiesen, Rainen und ^^«ern dürres Gras, Strohhüllen von Bäumen ^ Decklagen von Dickwurzgruben u. dergl. meist schulpflichtigen Knaben angezündet und vermut worden.
tzi. Die Eltern werden ermahnt, ihre Kinder vor Unfuge zu warnen. Der Feldhüter und die Mseibeamten haben Weisung, strenge Aufsicht zu dren und jeden Unfug zur Anzeige zu bringen. Tossenheim, den 3. April 1907. Ortspolizeibehörde: Brum, Bürgermeister.
Bekanntmachung.
a Die seit einigen Jahren von der Königlichen udesaufnahme ausgeführte Prüfung von trigono- jy c$ en Punkten hat ergeben, daß die Marksteine ganz verschwunden, zum Teil aus dem § et herausgenommen und am Wall oder im „raben niedergelegt, zum Teil an Ort und Stelle jj vergraben sind. Die Besitzer sind fast aus- f, Gustos im Unklaren über den Zweck lind Wert ^ ^igonometrischen Marksteine. Sie beackern die -^^'ksteinschutzflächen in dem Glauben, daß ihnen nielT ^ er ^oden nicht gehöre, ihnen aber die Nutz- "8 überlasseil sei. Diese Annahme ist natürlich f^8- Die Marksteinschntzflache, d. i. die kreis- ^bugx Bodenfläche von 2 Quadratmeter um den ^ZAsteR, darf nicht vom Pfllige berührt werden. hZök. ß 2 der Anweisung vom 20. Juli 1878,
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.^effend
die Errichtung und Erhaltung der
^Zonowetrischen Marksteine. Zuwiderhandlungen sd ,ln nach ß 370,1 des R.-Str.-G.-B. mit Geld- ^ bis zu 150 Mark bestraft, frei» -^"rch das Umpflüge» und Eggen der Mark- bnd ^"tzflächen entsteheil die vielen Verrückungen ei„ .Deschädiglmgen der Marksteine; mit der ge- Unß f Verschiebung ist aber der Punkt zerstört ^osl aim nur unter Aufwendung von erheblichen von Technikern der Landesaufnahme wieder ^ gestellt werden. Die Zerstörung von trigono- 8uw'^ cn Punkten der Preußischen Landestrian- . lällt unter § 304 des R.-St.-G.-B. frr»tb'"frand der Wissenschaft) und wird mit Geld- bis 900 Mark oder mit.Gefängnis bis zu 2 e r'jn ^straft. Auch wird vor Beschädigungen Marksteine durch Kinder dringend gewarnt.
Polizeiverwaltungen und Ortspolizeibe- ersuche ich, Vorstehendes noch besonders in äu Zbcher Weise bekannt zu machen und mir jede vi"rf er ^mltnis gelangende Beseitigung
^8cn.
oder
ung eines Marksteines unverzüglich anzu-
Höchst a. M., den 25. März 1907.
Der Landrat: v. Achenbach.
Wird veröffentlicht.
"lsenheim, den 3. April 1907.
Der Bürgermeister: Brum.
^okal-l^acbrickren.
Kasserrsteim, 3. April.
Schliches. Mit Termin 16. April d. Js.
bereits schon bekannt ist, dem Herrn »I Kochein zu Obhrhöchstadt die hiesige übertragen.
^ct C |T Der Kaninchen- und Geflügelzüchter,, Tossenheim beteiligte sich auch an der Ä'ündsausstellung in Höchst a. Ai. mit a,bbltu» ^^üinmern bei einer Konkurenz von 591 J"' erhielten Joh. Mohr auf Emdner >nen i, Preis lt nb bte Silberne Medaille,
auf Belger-Riesen (Kaninchen) erhielt Franz Best einen 1. und einen 3. Preis und eine Lobende Anerkennung, Adam Pleines einen 3. Preis und Georg Weiß ein Diploin. Gewiß für einen jungen Verein ein großartiger Erfolg. Möchten dem Verein noch recht viele Mitglieder vor seiner Lokalausstellung beitreten, welche am 2. Juni hier stattfindet, ganz besonders die Herren Landwirte, denn bei der Kaninchen- und Geflügelzucht wird auch noch mancher Groschen verdient, wenn man die richtigen Rassen hat, und die besten Zuchtrassen erfährt man, wenn man sich mit dem Kaninchen- und Geflügelzucht-Verein in Verbindung setzt.
— Unfug. Am Samstag Nachmittag um 5 Uhr kam das Auto einer Brauerei von Frankfurt a. M. und brachte Bier in das Gasthaus „Zur Rose". Der Chauffeur und der Bierknecht waren mit dem Transportieren der Fäßer beschäftigt und ließen das Auto unbewacht auf der Straße stehen. Ein junges Bürschchen machte sich an das Auto, probierte allerhand und setzte dasselbe in Bewegung. Da es nur langsam fuhr, versuchte der Bursche dasselbe einzuhalten, was selbstverständlich unmöglich war. Das Auto fuhr eine kleine Strecke und es kam gerade zum Glück ein Herr von hier, der etwas vertraut rnit den Autos ist, stieg von seinem Rad und sprang auf das Auto und stellte es ab. Jedoch fuhr dasselbe wider das Haus des Herrn Joh. Dav. Noß und beschädigte die Ladentür und das Mauerwerk. Die Sache ging noch glücklich ab.
— Eine Kindeslekche als Bahnexpreßgut.
Am 27. März wurde in Frankfurt a. M. und zwar am Personen-Hauptbahnhof ein Paket an Jakob Jllig, Steinfeldstraße Würzburg, aufgegebcn; der Name des Absenders lautete: „Hermann Werft, Frankfurt a. M." Das Paket kam rechtzeitig an, allein die Zustellung war nicht möglich, da der Adressat nicht aufzufinden war. Alle Recherchen blieben erfolglos und so wanderte das Paket als unbestellbar wieder zurück ins Gepäckbureau in Würzburg. Da man nun riechendes, übergegangenes Fleisch vermutete, wurde am Ostersonntag das Paket von der hierzu eingesetzten Kommission geöffnet. Es bot sich ein schauerlicher Anblick: die Leiche eines neugeborenen Kindes weiblichen Geschlechts, das erwürgt und bereits in Verwesung übergegangen war. Die weiteren Recherchen nach der Mutter sind seitens der Frankfurter Polizeibehörde eifrig im Gange. Der Name des Absenders wie des Adressaten war fingiert. Die Leiche war in braunes Packpapier eingeivickelt.
— Eine Riesenliebschaft. Im Hippodrom in London tritt gegenwärtig die bekannte Tiroler Riesin „Mariedel" auf. Sie hat, wie berichtet wird, einen Bewerber gefunden, der noch ein bißchen größer sein soll als sie. Er behauptet wenigstens, 8 Fuß 6 Zoll zu messen. Clife Darril, so heißt der verliebte Riese, der ein außerordentlich reicher australischer Farmer ist, kam im Januar nach Europa, sah Mariedel in Wien und beschloß angeblich sofort, um 'ihre Hand zu werben. Er folgte ihr von Wien nach Berlin und von dort nach London, aber ohne der Erfüllung seines Wunsches bisher näherkommen zu könne», da ihm jede persönliche Annäherung an die große Geliebte unmöglich gemacht wird und seine Briefe unbeantwortet blieben. Am letzten Donnerstag mußte man den Riesen, der auf die Bühne dringen wollte, mit Gewalt entfernen. Das Hippodrom verweigert ihm sogar den Zutritt.
— Müller Thomas aus dem Irrenhaus entsprungen! Die Nieder-Saulheimer Tragödie mit der Familie des Müllers Thomas will gar ilicht zur Ruhe koininen. Der in der Angelegenheit stets gnt unterrichtete Nieder-Saulheimer Mitarbeiter des „M. T." weiß darüber folgendes zu berichtet!: Am Mittwochnachmittag wurde Nieder-
Saulheim und die Wohnung des Müllers Melchior Thomas von Gendarmen durchsucht. Melchior- Thomas, der vor etwa % Jahren wegen seines fortgesetzten rabiaten Verhaltens in die Irrenanstalt Heppenheim gebracht worden war, ist morgens aus der Anstalt entflohen. Von seinem Aufenthaltsort fehlt bis jetzt jede Spur. Thomas hat sich in der Anstalt gut betragen und ist deshalb als nicht gefährlich im Garten beschäftigt worden. Eineil unbewachten Augenblick muß sich der Thomas zunutze gemacht haben und entflohen sein. Ob Thomas, der nach seinen letzten Briefen an seine Frau großes Heimweh hatte, durch seine Flucht seine Sache verbessert hat, ist zu bezweifeln. Melchior Thomas war bekanntlich an dem Tage wieder verhaftet und nach Heppenheim gebracht worden, an dem sein Vater Franz Thomas den Gendarmerie-Wachtmeister Rückert erschoß, den das Los dazu bestimmt hatte, in die Mühle zu gehen, um den 82jährigen Mann zu verhaften, der die Aecker, die ihm wegen Prozeßkosten versteigert worden waren, umgepflügt hatte. Die Prozeßkosten, die in diesem anfänglich sich um eine Bagatelle drehenden Prozeß entstanden sind, sollen sich nach oberflächlicher Schätzung bereits auf 80000 Mk. belaufen.
Huö ]Vab und fern.
— Griesheim a. M., 1. April. Am Freitag Nachmittag wurde die hiesige Feuerwehr alarmiert. Es brannte im Nieder Wald in der Nähe des hiesigen Wasserturmes. Das Feuer, das wahrscheinlich durch unvorsichtige Ausflügler entstanden ist, schädigte einen größeren Waldkomplex.
— Schwanheim, 3. April. Am ersten Ostertage wurde die neue Mainbrücke dem Personenverkehr dienstbar gemacht. Dieselbe ist über 200 Meter lang. Sie ruht auf 5 festen Pfeilern und den beiden festen Widerlagern links- und rechts- mainisch, die aus Sandsteinquadern hergestellt sind. Die Brücke ist aus Eisenkonstruktion, 9 Meter- breit, betoniert und gepflastert. Die Fahrbreite beträgt 5 Meter, der Rest verteilt sich auf die beiden Fußsteige. Auf der Schwanheimer Seite steht ein massives Brückenwärterhaus, in dem der Zöllner seines Amtes waltet. Das Brückengeld beträgt für Erwachsene 5 Pfg. und für Kinder 3 Pfg. Noch fehlt die rechtsmainische Verbindungsstraße von der Brücke nach der Mainzer Landstraße in der Richtung nach Nied und Höchst- Erst wenn diese ausgebaut ist, was seitens des kommunalständischen Verbandes sicher geschehen wird, erfüllt die Schwanheimer Brücke voll und ganz ihren Zweck als Verkehrsweg zwischen dem linksmainifchen Hessen und dem rechtsmainische» Preußen.
— Frankfurt a. M., 1. April. Vor einiger Zeic wurde eine Stiftung bekannt, die Frau Georg Speyer der Stadt in hochherziger Weise zu machen gedenke. Diese Stiftung soll für wissenschaftliche Zwecke bestimmt sein. Die Vereinbarungen sind in letzter Zeit endgiltig geregelt worden; die Stadt wird nach dem Ableben der Stifterin die Summe von drei Millionen Mark erhalten. Weitere 100,000 Mk. wurden alsbald gespendet, damit die Verwaltung der Stiftung sofort in Funktion treten kann.
— Stockstadt a. M., 1. April. Der des Mordes dringend verdächtige Dienstknecht Josef Zeindl auf Hofgut „Wendelstein" ist trotz seines hartnäckigen Üeugnens vollständig überführt. Der erschlagene Mitknecht Josef Schmitt war 49 Jahre alt und ivar seit nahezu 29 Jahren auf dem Hof- gute beschäftigt. Die Leichensezierung ergab eine Zertrümmerung der linken Schädeldeckc in 16 Stücke. Die Zersplitterung wurde durch mindestens fünf wuchtige Schläge verursacht. Der Unglückliche wurde allem Anscheine nach im Schlafe überfallen.