Wöchentliche Gratis-K erläge: Illustriertes Wnterhaltnngslrlntt.

Diese Zeitung erscheint wöchentlich zweimal und zwar Mittwochs und Samstags. AbonnementLpreis monatlich 35 Pfg. frei ins Haus geliefert oder im Verlag, Oberhainstrahe 16, abgeholt.

Ur. 73.

Dritter Jahrgang.

Verantwortlicher Herausgeber, Druck und Verlag: Karl Becker in Sossenheim.

Anzeigen werden bis Mittwoch- und Samstag- Vormittag (größere am Tage vorher) erbeten und kostet die viergespaltene Petitzeile oder deren Raum 10 Pfg., bei Wiederholungen Rabatt.

Mittwoch den 11. September

1907.

Amtlicher Teil.

Fenerwehrübung.

Donnerstag den 12. ds. Mts., nachmittags 7 Vs Uhr, findet im oberen Schulhofe eine Uebuilg sämtlicher Rotten statt.

Die XI. Rotte hat mit Wagen und Wasser­säffern zu erscheinen.

Die XII. Rotte ist von der Uebung befreit. Sossenheim, den 7. September 1907.

Die Polizei-Verwaltung: Nr. 3414. $8rum, Bürgermeister.

Bekanntmachung.

Die abgehaltenen Grummetgras - Versteige­rungen sind genehmigt worden.

Sossenheim, den 11. September 1907.

Nr. 3473. Der Bürgermeister: Brum.

l^okal-l^acdricbten.

Kvßrnhrim, 11. September.

Volksverein für das kath. Deutschland.

Sonntag den 22. September, nachmittags Va 4 Uhr findet eine Versammlung des genannten Vereins fm Gasthaus zumLöwen" dahier statt. Referenten sind die Herren Dr. Müser-Limburg und Dr. Sender- Griesheim a. M.

* Einrichtungen der Landwirtschaftskammer zur Verbesserung des Saatgutes. Zur Ver­breitung guten und sortenechten Saatgutes solcher Getreidesorten, die sich im Kammerbezirke in mehr­jähriger Prüfung aus das beste bewährt haben, hat die Landwirtschaftskammer eine Reihe be­sonderer Saatanbaustellen errichtet, die im Früh- fahre und im Herbste jeden Jahres mit Original- Saatgut ausgerüstet werden und die die Aufgabe haben, die Nachzucht aus diesem Saatgut an die Landwirte des Kammerbezirkes abzugeben. Diese Einrichtung erscheint für die Landwirte von be­sonderer Wichtigkeit. Zur gleichmäßigen Verteilung des Saatgutes ist seitens der Kammer eine besondere Saatvermittlungsstelle errichtet worden, welche unter Leitung des Herrn Landwirtschafts-Inspektors Keifer, Wiesbaden, Kapellenstraße 31, steht und die die Aufgabe hat, denjenigen Landwirten, die sich an sie wenden, in die betreffende Gegend passen­des Saatgut direkt zu vermitteln.

Das Abturnen des Turnvereins fand am verflossenen Sonntag statt. Morgens wurde wie üblich bei derartiger Veranstaltung das Preis­turnen abgehalten. Diesmal waren auch Schul­knaben zu dem Preisturnen zugelassen worden, von denen die besten mit Geschenken bedacht wurden. Das Sprichwort heißt: Wer die Jugend hat, der hat auch die Zukunft. Am Nachmittag um 3 Uhr Marschierte der Verein mit Musik zum Turnplatz, woselbst Konzert, Preisschießen und Schauturnen die Unterhaltung bildeten. Auch die Gesangsriege brachte Hierselbst einige Lieder zum Vortrag. Es herrschte auf dem Turnplätze ein reges Leben und Treiben, das bis Vs 8 Uhr dauerte. Hierauf zog der Verein wieder mit Musik ins Vereinslokal. Von 8 Uhr abends ab fand im Saale desNassauer Hofes" Tanz statt, wozu alle Mitglieder mit Angehörigen, sowie Freunde und Gönner des Vereins erschienen waren. Auch hier trug die Gesangsriege mehrere Lieder vor, welche großen Beifall ernteten. Unser hochw. Herr Pfarrer war auch erschienen und richtete einige Worte an den Turnverein, indem er Erwähnte, daß die Gesangsriege seinerzeit hier bei seinem Amtseintritt, abends bei dem Konuners im '-Löwen" sich vollzählig eingefunden hätte und den­selben durch ihre Liederoorträge verschönern halfen und deshalb sei auch er gewissermaßen verpflichtet,

ihnen auch einen Besuch abzustatten usw. Diesmal bildete die Veranstaltung auch gleichzeitig die Ab­schiedsfeier der zum Militär eintretenden Mitglieder des Vereins, denen auch gedacht wurde. Es herrschte, wie gesagt, ein harmonisches Zusammensein. Der Turnverein ist der stärkste Verein hier am Platze und versteht es bei jeder Veranstaltung die Teil­nehmer zu unterhalten und zu erfreuen. Der Be­such war ein guter und die Feier verlief in schön­ster Weise.

Ein widerliches Bild zeichnen eben in Oeffentlichen Erklärungen" im Höchster Kreisblatt die Väter zweier unglücklicher Kinder aus Wicker. Im Frühjahr dieses Jahres erschoß der Sohn des Landwirts I. E. Müller aus Wicker die Tochter des Gastwirts Johann Allendorf daselbst und dann sich selbst. Beide jungen Leute hatten, wie feststeht, ein Liebesverhältnis gehabt und sich Treue ge­schworen. Anstatt nun die Unglücklichen in Ruhe zu lassen, sucht der Vater des jungen Mädchens inöffentlicher Erklärung" nachzuweisen, daß dieses schon lange das Verhältnis gelöst habe und ihr Geliebter sie ohne ihr Einverständnis ermordet habe, während der Vater des jungen Mannes das Gegen­teil zu beweisen sucht underklärt", daß beide ge­willt waren, in den Tod zu gehen. Es werden in diesen Erklärungen auch Briese der Toten ver­öffentlicht und allerhand Klatsch von Nachbarn und Bekannten angeführt, während doch die einzigen authentischen Zeugen nicht mehr reden können. Es ist sonst im Leben ein schönes Wort geläufig:Von den Toten soll man nicht Uebels reden", wie viel mehr wäre es angebracht, wenn man auch von solchen Toten nicht reden wollte. Namentlich die nächsten Angehörigen hätten alle Ursache, die Toten ruhen zu lassen.

Für Schulkinder. Es ist auch hier schon vielfach darüber Klage geführt worden, daß schul­pflichtige Kinder abends nach Eintritt der Dunkel­heit noch lärmend und johlend auf den Straßen herumziehen und allerlei Unfug verüben. Um die­sem Uebelstande abzuhelfen, wäre es angebracht, wenn die Eltern schulpflichtiger Kinder dafür sorg­ten, daß, wie es an vielen Orten ist, in der Zeit bis zum 1. Oktober nach 7 Uhr abends und vom 1. Oktober nach 6 Uhr abends sich Kinder auf den Straßen nicht mehr Herumtreiben.

Eine leichtsinnige Wette, welche einem der Beteiligten recht gefährlich werden konnte, kam im Laufe voriger Woche in einem Geschäfte zwischen mehreren Angestellten zum Austrag. Um die Mit­tagszeit, als der Inhaber des Geschäfts gerade in seiner Wohnung weilte, kam einer der Beteiligten, wahrscheinlich aus Langeweile, aus den Gedanken, zu erproben, wer es am längsten in einem zu­geschlossenen Geldschranke ohne Luft aushalten würde. Die anderen waren damit einverstanden. Und nun kroch einer nach dem anderen in den großen Raum des Schrankes, wo die Geschäftsbücher aufbewahrt werden. Hinter jedem wurde die Tür sorgfältig geschlossen und der Betreffende blieb so lange im Innern, bis er keinen Atem mehr bekam und durch Klopfen seine Befreiung wünschte. Bis dahin war alles nach Wunsch gegangen, bis auf den letzten, der das Manöver der anderen wiederholte. Als er im Schrank verschwunden war, wurde die Tür zu­geschnappt. Minute auf Minute verrann. Endlich hörte man ein dumpfes Pochen, das stärker und stärker wurde. Nun machte man sich daran, dem Eiugeschlossenen zu öffnen. Da merkten die anderen zu ihrem Schreck, daß der Eingeschlossene in der Eile die Schlüssel mit in den Schrank genommen hatte. Nun war guter Rat teuer. Inzwischen köpfte und schrie der Eingeschlossene verzweifelt, aber niemand konnte öffnen. Nach einiger Zeit kam einer auf den Einfall, daß auch der Chef im Besitz eines Schlüssels sei. Er wurde sofort geholt und der Schrank geöffnet. Man schaffte den Bewußtlosen,

der beinahe schon erstickt war, mit zerrissenen Kleidern, die er sich selbst in der Verzweiflung vom Leibe gerissen hatte, aus dem Schrank, wo er sich nach einiger Zeit wieder erholte.

* Ken- und Ktrohurarkt vom 10. Sept. (Amtliche Notierungen.) Heu per Zentner Mk. 2.603.40. Stroh per Zentner Mk. 2.302,45.

Mus JN^ab und fern.

Griesheim, lO.Sept. Gegenwärtig kommen hier größere Geländeverkäufe zum Abschluß. Herr Krebiehl hier verkaufte ein Grundstück am Waldweg für 40,000 Mark, Herr Bankier Wolfskehl- Frankfurt erwarb an der projektierten Trambahn­strecke für 16,000 Mark einen Acker, der vor einigen Jahren für nur 2000 Mark erworben worden war, dazu ein Grundstück am Waldweg für 13,500 Mark. Weitere große Geländeumsätze im Griesheimer Oberfeld, am Kirchweg und unterhalb der Fabriken stehen vor dem Abschluß. Angesichts der großen Geländeumsätze sei hervorgehoben, daß die Boden­preise in letzter Zeit bedeutend gestiegen sind.

Schwanheim, 11. Sept. Trotz des guten Ausfalls der Getreideernte geben die hiesigen Bäcker bekannt, daß der Laib Brot von Montag ab 5 Pfg. mehr kostet. Der Brötchenpreis bleibt bestehen; doch werden dieselben so gebacken werden, daß man über ihre Größe sich nicht zu beklagen haben wird.

Frankfurt a. M., 10 . September. Der 23jährige Sohn Philipp des Flaschenbierhändlers Blumen schein, Fallthorstr. 27 wohnhaft, kam am Samstag abend auf seinem Fahrrad von Preungesheim gefahren und wurde auf der oberen Friedberger Landstraße von drei jungen Leuten angehalten. Einer der jungen Burschen nahm die auf einem Steinhaufen aufgestellte brennende Oellaterne und warf sie dem Radfahrer in das Rad, so daß er zu Fall kam. Wegen dieser Roheit wollte der Radfahrer die Burschen zur Rede stellen, aber noch ehe er sich's versah, hatte er einen Messer­stich in den Rücken erhalten, worauf der Täter in der Richtung nach den Friedhöfen entfloh. Der Gestochene machte sich sofort auf seinem Rade hinter dem Täter her und konnte ihn an der Nordendstraße einholen, wo er ihn einem Schutzmann zur Ver­haftung übergab. Infolge des großen Blutverlustes war der Radfahrer nicht mehr im Stande, weiter zu fahren und es mußte die Rettungswache aus der Burgstraße herbeigerufen werden. Diese stellte eine sehr schwere Stichwunde auf der liuken Rückenseite fest, von dem auch die Lunge durchbohrt war, und verbrachte den Verletzten nach Anlegung eines Ver­bandes nach seiner elterlichen Wohnung. Der Täter, ein 19jähriger Posthilfsbote, August Krause, wurde in Haft behalten. Blumenschein ist leider vor­gestern vormittag an seinen Verletzungen gestorben. Die rohen Messerhelden sollen drei bekannte Radau­brüder gewesen sein, die verschiedene Laternen aus der Friedberger-Landstraße zertrümmert hatten. Einer davon rief, als er den Blumenschein kommen sah:Der muß weg, sonst verrät er uns". Die Untersuchung wird wohl ergeben, wer den tödlichen Stich geführt hat. Eine ganz exemplarische Strafe muß diese wüsten Gesellen treffen, die einen harm­losen Menschen ohne jede Veranlassung auf offener Straße totstachen.

Gießen, 10. Sept. Ein bedauerlicher Un­glücks fall ereignete sich auf dem Braunsteinberg­werk Fernie. Ein Bergmann naniens Schäfer aus Grüningen wollte den Aufzug eines Schachtes in Bewegung setzen, um einen Eimer mit Erz herauf­zuziehen. Dabei entglitt ihm die Kurbel, welche infolge der raschen Rückwärtsdrehung dem Arbeiter einen heftigen Schlag auf den Hinterkopf versetzte. In der Klinik, wohin man alsbald den Verletzten brachte, wurde ein schwerer Schädelbruch festgestellt. Schäfer starb bald darauf.