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Dritter Jahrgang.

Verantwortlicher Herausgeber, Druck und Verlag: Karl Becker in Sossenheim.

Anzeigen werden bis Mittwoch- und SamStag- Vormittag (gröhere am Tage vorher) erbeten und kostet die viergespaltene Petitzeile oder deren Raum 10 Pfg., bei Wiederholungen Rabatt.

Wr. 79.

Mittwoch den 2. Oktober

1907.

Amtlicher Teil.

Bekanntmachung.

Es ist die Wahrnehmung gemacht worden, daß Bauinteressenten die über die Roh- bezw. Gebrauchs­abnahme bestehenden Vorschriften vielfach nicht beachten.

Wir verweisen deshalb auf die bezüglichen Borschriften der Regierungs-Bau-Polizei-Verordnung vom 14. August 1902 (Extra - Beilage zum Reg. Amtsblatt No. 35), die hierunter auszugsweise zum Abdruck gebracht werden.

8 6. Bauabnahmen.

A. Rohbauabnahmen.

1. Die Rohbauabnahme ist erforderlich bei allen genehmigungspflichtigen Bauten.

2. Der Bauherr hat die Rohbauabnahme bei der Ortspolizeibehörde schriftlich zu beantragen. Für Gebäude ist der Antrag zu stellen, sobald das Dach eingedeckt ist und etwa zu errichtende Schornsteine aufgeführt sind, bei Gruben, bevor mit dem Jnnverputz begonnen ist.

6. Gebrauchsabnahmen.

1. Gebäude und Gebäudeteile, die zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, dürfen nicht eher in Benutzung genommen werden, als bis nach Vollendung der baulichen Einrichtung eine ortspolizeiliche Prüfung vorgenommen und ein Gebrauchsabnahmeschein erteilt ist.

3. Der Bauherr hat die Gebrauchsabnahme bei der Ortspolizeibehörde schriftlich vor der In­gebrauchnahme zu beantragen.

Ob die Rohbau- bezw. Gebrauchsabnahme oder beide Abnahmen stattzuftnden haben, ist aus dem Bauscheine genau zu ersehen.

Wir ersuchen, etwa noch vorzunehmende Ab­nahmen hier umgehend zu beantragen.

Innerhalb der. nächsten 14 Tagen werden wir eine Revision vornehmen, ob vorstehende Be­stimmungen Beachtung gefunden haben und Ueber- tretungsfälle bestrafen.

Sossenheim, den 27. September 1907.

Die Polizei-Verwaltung:

Nr. 3749. Br um, Bürgermeister.

Bekanntmachung.

Das Quartiergeld kann in den üblichen Kassenstunden bei der Gemeindekasse in Empfang genommen werden.

Sossenheim, den 2. Oktober 1907.

No. 3804. Der Bürgermeister: Brum.

Znsammenbernfung der Gemeinde- Vertretung.

Die Gemeinde-Vertretung wird unter Hinweis auf die AZ 6875 der Land-Gemeinde-Ordnung vom 4. August 1897 zu einer Dringlichkeits- Sitzung auf Donnerstag den 3. Oktober 1907, Nachmittags 8Vs Uhr in das Rathaus dahier äurn zweitenmal zusaminenberufen.

Gegenstände der Beratung.

Zur Beratung kommen die in der Zusammen­berufung auf den 1. ds. Mts. angegebenen Punkte.

Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, daß bei dieser zweiten Zusammenberufung die erscheinen­den Mitglieder ohne Rücksicht auf ihre Anzahl be­schlußfähig sind, (ß 70 Abs. 3 L.-G.-O.)

Nichtanwesende haben sich den gefaßten Be­schlüssen zu unterwerfen.

Sossenheim,

den 2. Oktober 1907.

Der Bürgermeister: Brum.

Bekanntmachung.

Zur Förderung des Vogelschutzes hat der

Kreisausschuß beschlossen, auch für die Vertilgung des Wiesels eine Prämie von 1 Mark aus der Kreiskommunalkasse zu gewähren.

Es werden hiernach gewährt:

a. für Reiher, Habichte und Sperber je 1 Mk.,

b. für Wiesel je 1 Mk.,

c. für Eichhörnchen je 25 Pfg.,

d. für Elstern, Häher, Würger und Krähen je 25 Pfg.,

e. für Eier der unter a und d bezeichneten Vögel

mit Ausnahme der Würger je 10 Pfg.,

k. für Sperlinge je 4 Pfg.

Für Falken und Weihen, die zu den jagdbaren Tieren gerechnet werden, wird eine Prämie nicht mehr gewährt.

Das Eiersammeln im Walde darf nur durch zuverlässige, bekannte, mit einer Bescheinigung der zuständigen Polizei und Forstbehörde versehene Per­sonen erfolgen.

Die Auszahlung der Prämie erfolgt wie bis­her auf Anweisung der Magistrate und Gemeinde­vorstände vorlagsmeise aus der Stadt- bezw. Ge­meindekasse.

Es sind als Beweismittel abzuliefern bei Wiesel der Schwanz, bei Eichhörnchen die Rute, bei den unter a und d genannten Vögel die Fänge und bei Sperlingen die beiden Flügel.

Die Magistrate und Gemeindevorstände ersuche ich, vorstehende Bekanntmachung wiederholt in orts­üblicher Weise zu veröffentlichen und den Ersatz der verauslagten Beträge aus der Kreiskommunalkaffe wie seither vierteljährlich bei mir in Antrag zu bringen.

Höchst a. M., den 20. September 1907.

Der Vorsitzende des Kreis-Ausschusses, v. Achenbach, Landrat.

Wird veröffentlicht.

Sossenheim, den 25. September 1907. 3080 . Der Bürgermeister: Brum.

Lokal-]Nacbricbten.

Sossenheim, 2. Oktober.

1000 Mark Belohnung. Seit dem Monate

Juli d. Js. sind in den verschiedensten Städten Deutschlands falsche Reichskassenscheine von 1882 über 20 Mark verbreitet worden, deren Verfertiger und Verbreiter bisher nicht ermittelt werden konnten. Die Scheine sind auf lithographischem Wege her­gestellt und leicht an . dem dunkleren Druck namentlich auf der Rückseite als Falschstücke zu erkennen. Die Reichsschuldenverwaltung in Berlin sichert demjenigen, welcher einen Verfertiger oder wissentlichen Verbreiter dieser Falschstücke zuerst ermittelt.und der Polizei- oder der Gerichtsbehörde dergestalt nachweist,__ daß der Verbrecher zur Unter­suchung und Strafe gezogen werden kann, eine Belohnung von 1000 Mark zu.

Als Gemeinderechner ist der frühere Schriftsetzer Josef Fax, dahier angestellt und auf einen sechsjährigen Zeitraum, beginnend mit dem 21. September ds. Js. bestätigt und vereidigt worden.

Für das Obst der Gemeindeväume

wurden dieses Jahr zirka 1000 Mark gelöst. Eine schöne Einnahmequelle, welche sich stets erhöht, da die noch jungen Bäume von Jahr zu Jahr ein­träglicher werden.

Ein schweres Gewitter mit einem wolken­bruchartigen Regen ging gestern Mittag um halb 12 Uhr über unseren Ort. Es trat eine solche Finsternis ein, als ob die Welt untergehen wollte.

Die Dunkelheit dauerte jedoch nur wenige Minuten und nach einigen elektrischen Entladungen zogen die Wolken von dannen. Das war ein Ereignis, wie es seit langer Zeit nicht erlebt wurde.

Vom Wetter. Die Freude an den wirklich schönen Tagen, die der dahingehende Sommer uns noch als Entschädigung für seine unwirsche Haltung im allgemeinen bescherte, scheint nun auch dahin zu sein. Tatsächlich befanden wir uns seit zwei Wochen im tiefsten Altweibersommer und wenn manchmal sogar von fast drückender Hitze gesprochen werden konnte, so ließ man sich diese kleine Un­bequemlichkeit gern gefallen schon im Interesse der Weinberge, denen die brennenden Sonnenstrahlen wahrer Balsam waren. Aber im Westen kamen schon vor einigen Tagen die Anzeichen dafür zum Vorschein, daß die nachträgliche Herrlichkeit des Sommers nicht von gar langer Dauer sein würde. Trotzdem hat sich heute das Wetter wieder aufgeklärt.

Hundesperre ist auf drei Monate über die Orte Marxheim, Kriftel und Hofheim verhängt, . weil im erstgenannten Orte ein der Tollwut ver- ' dächtiger Hund frei umhergelaufen ist.

Der neue Taschenfahrplan ist der heutigen Nummer dieses Blattes beigelegt.

* Kr«- und Strohmarkt vom 1. Okt. (Amtliche Notierungen.) Heu per Zentner Mk. 3.003.40, Stroh per Zentner Mk. 2.502.60.

Hus ]Vab und fern.

Sindlingen, 29. Sept. Am Sonntag fand die Einweihung der hiesigen neuen evangelischen Kirche statt. Die Einwohner, sowohl Katholiken wie Protestanten, hatten sämtlich ihre Häuser mit Kränzen und Fahnen geschmückt. Auch bei dem Wohltätigkeitskonzert zu Gunsten der neuen evangeli­schen Kirche am 8. September, hatten sich die Katholiken zahlreich beteiligt.

Frankfurt a. M., l. Okt. Der Spezerei­händler Alex Meyer aus der Heisterstraße versuchte sich gestern abend gegen 7 Uhr aus Schwermut auf dem Sachsenhäuser Friedhof am Grabe seiner vor drei Jahren verstorbenen Ehefrau mit einem Revolver zu erschießen. Er wurde schwerverletzt in die Dr. Bockenheimersche Klinik verbracht und an seinem Aufkommen wird gezweifelt.

Friedberg, 1 . Okt. Während des Sonntag­vormittaggottesdienstes wurde in dem katholischen Pfarrhaus ein Einbruch verübt. Der Ein­brecher, ein Junge von 13 Jahren, überzeugte sich zuvor, daß sämtliche Familienangehörige des Pfarrers sich zur Kirche begeben hatten und stieg dann durch ein Fenster im ersten Stockwerk in die Wohnung des Pfarrers ein. Nach der Tat begab er sich wieder zur Kirche, als sei gar nichts ge­schehen. Der jugendliche Einbrecher war jedoch von einem Kinde beobachtet worden und gestand die Tat. Er wurde verhaftet.

Bingen, 1. Okt. Ein Regen, der einem Wolkenbruch glich und wie er seit Jahren nicht über unsere Stadt kam, ging gestern über die hiesige Gegend nieder. In einem zur Zeit hier weilenden Zirkus entstand bei Ausbruch des Un­wetters eine furchtbare Panik,, die dadurch noch verstärkt wurde, als plötzlich das elektrische Licht versagte. Alles strömte dem Ausgang zu, welcher tiefer liegt als der Zirkus. Eine etwa Vs Meter­hohe Wassermauer versperrte dem Publikum den Weg. Die Männer zogen kurz entschlossen Schuhe und Strümpfe aus und man wurde un­willkürlich an die Tat, die einst die Weiber von Weinsberg verrichteten, erinnert, nur mit dem Unterschied, daß hier die Männer die Frauen hin­austrugen. Auf dem Lande hat das Unwetter keinen Schaden angerichtet.