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Möchenlliche Gvalis-Keilage: Illustriertes UnterhaltuugslrLutt.

Diese Zeitung erscheint wöchentlich zweimal und zwar fünfter Jahrgang.

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Verlag, Oberhainstraße 15, abgeholt. Karl Becker in Sossenheim.

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Nr. 18

Mittwoch den 3. Mur;

1909.

Amtlicher Teil.

Bekanntmachung.

Betr. Vertilgung der Raupen.

Die Baumbesitzer und die Pächter von Gärten werden hiermit aufgefordert, die Bäume Weißdarn- hecken u. s. w. nachzusehen und etwa vorhandene Raupennester abschneiden und verbrennen zu lassen.

Im Interesse des Vogelschutzes ist es jedoch erforderlich, an den Hecken nur die Raupennester wegzuschneiden, die Hecken selbst aber möglichst zu schonen, da gerade sie den Standort vieler Nester unserer nützlichsten insektenfressenden Vögel bilden..

Da das Vorgehen gegen die äußerst schädlichen Raupen nur dann Erfolg hat, wenn es allgemein erfolgt, so darf mit Rücksicht auf die Gemein­nützigkeit der Maßnahme wohl erwartet werden, daß die Bekämpfung allgemein freiwillig geschieht Und den Anweisungen der Schützen und Polizei­beamten überall nachgekommen wird.

Gegen Säumige wird im Wege des polizeilichen Zwanges vorgegangen werden.

Sossenheim, den l. März 1909.

Die Polizei-Verwaltung: Nr. 1018. Brum, Bürgermeister.

I-okal-I^achrichren.

Koflentzeim, 3. März.

Die Witterung im März soll uns dem hundertjährigen Kalender zufolge, der allerdings auf Zuverlässigkeit keinen rechten Anspruch erheben kann, >n den ersten vier Tagen Wind und Schnee be­scheren. Am 5. und 6. dürfte es dann sonnig und warm, vom 7. bis 12. aber unbeständig werden. Schönes Wetter steht für den 13. und 14. in Aussicht; die zweite Hälfte des Monats aber wird sich launisch und wechselvoll gestalten. Die auf Grund langjähriger meteorologischer Studien basierende Wettervorhersage Bruno Bürgels, eines Rachfolgers von Rudolph Falb, stellt für die ersten Riärztage kühles, veränderliches Wetter bei be­wölktem Himinel mit zeitweiligen Niederschlägen in Aussicht. Vom 7. an soll es sich dann aufhellen, i'uhig, klar und trocken werden und so auch bis zur Mitte des Monats bleiben. Mit dem 15. dürfte Jedoch wieder ein Umschwung eintreten und bei zu­nehmender Bewölkung und steigender Temperatur wi großen und ganzen feuchte Witterung vorherrschen. Rom 19. März ab hätten wir uns auf Schnee- tzürme, heftige Regen- und Hagelfälle, ja sogar in Niger, Gegenden auf Wintergewitter gefaßt zu wachen, und erst vom 26. ab soll sich das Wetter wieder aufbessern, anfangs aber noch unbeständig bleiben bis zum 26., von welchem Zeitpunkte an ^us bis Monatsschluß sonnige, wenn auch etwas windige Tage beschieden sein dürften. Hat der 'Nische Tag vom 7. März nach Bürgels Ansicht ^ls ein solcher von nur mittlerer Stärke keine her­vorragende Bedeutung, so erblickt der genannte Meteorologe im 2l. März den stärksten kritischen Termin des ganzen ersten Halbjahres, der sich, wie alle starken kritischen Tage, jedenfalls schon zwei bis drei Tage zuvor bemerkbar machen und Möglicherweise Grubenkatastrophen, Erdbeben und Vulkanausbrüche mit sich bringen wird.

h , n ~ Wohltätigkeits-Konzert zum Besten hefiger bedürftiger Kommunikanten und Kon- nrmanden. Am 21. März d. Js. findet im Gast- Nuszum Löwen" ein Wohltätigkeits-Konzert zum ^ojten hiesiger bedürftiger Kommunikanten und onfirmanden statt. Das Konzert wird ausgeführt °n der hiesigenAdler"-Kapelle, sowie von der

Kapelle des Musik-VereinsConcordia" aus Griesheini unter Leitung ihres Dirigenten Herrn Sebastian Schneider. Näheres wird noch bekannt gegeben.

Für die durch das Hochwasser im Nassauer Lande Geschädigten sind in hiesiger Gemeinde 260 Mark gesammelt und an den Herrn Landrat abgeliefert worden. Es ist dies für Sossenheim eine ganz hübsche Summe und ein erfreuliches Zeichen werktätiger Nächstenliebe.

Evangelische Kirchengemeinde. Vom

1. Mai ds. Js. ab ist dem Herrn Pfarrvikar L. Deitenbeck aus Höchst a. M., zurzeit in Waldgirines bei Wetzlar, die Hilfspredigerstelle der hiesigen evangelischen Kirchengemeinde übertragen worden.

Neues Wasserwerk im Taunus. Die

Heilstätte Ruppertshain und die Genieinde Eppen­hain im Taunus errichte» gemeinsam eine neue Wasseroersorgungsanlage. Das Wasser wird den im Staatswald, östlich der Straße Ruppertshain- Schloßborn, vorhandenen beiden QuellenKalte- born" undHainbuchenborn" entnommen und durch zwei elektrische Pumpwerke in zwei Hoch­behälter getrieben, von denen cs nach Eppenhain und Ruppertshain geleitet wird.

Die Erschließung des Taunus. Zu den

Gemeinden, die vor einiger Zeit bereits ihr Gelände für Ansiedelungszwecke erschlossen haben, ist soeben auch Schönberg bei Cronberg hinzugetreten. Die Gemeinde hat ihren östlichen und nördlichen Ge­markungsteil als Bauterrain aufgeschlossen und die Fluchtlinienpläne für die ganze herrlich gelegene Hochebene, die einen prächtigen Fernblick in die Mainebene gestattet, ausgearbeitet.

Bim ]Vab und fern.

Rödelheim, 2. März. In der Nacht zuni Samstag wurde ein in der Eschborner Landstraße bedienstetes Mädchen hilflos aufgesunden. Auf dem Wege zur Hebamme war es in der Cronberger- straße von Geburtsivehen überrascht worden und ohnmächtig zusammengebrochen. Das laute Stöhnen des Mädchens, das sich vor Schmerzen im Schnee krümmte, weckte Anwohner aus dem Schlafe, die die Mutter, sowie das inzwischen geborene Knäblein bei sich aufnahmen. Nachdem nach mehrfachen Bemühungen eine Hebamme herbeigeholt war, traf später auch die Rettungswache ein, die Mutter und Kind nach Frankfurt brachten.

Griesheim a. M., 2. März. Am Sonntag vormittag 9% Uhr stiegen am Griesheimer Ge­meindegaswerk zum erstenmale zwei Ballons gleichzeitig auf. Es waren der BallonZiegler" des Physikalischen Vereins und BallonTillie" vom Luftschifferverein, ersterer mit drei, letzterer mit zwei Personen bemannt. Die Luft war neblig, der schwache Ostwind führte die Ballons in west­licher Richtung davon. BallonTillie" hatte Brief­tauben mitgenommen. Die Gerätehalle des Physikalischen Vereins ist aus Offenbach eingetroffen und wird zur Zeit hier aufgestellt. Der Bau des Wasserstoffgasometers ist bereits in Angriff ge­nommen.

Darmstadt, 2. März. Auf der Rodelbahn der Ludwigshöhe ereignete sich am Samstag nach­mittag ein schwerer Unglücks fall. Ein mit sechs Offizieren besetzter Bobsleigh stürzte umrund wurde gegen einen Baum geschleudert. Ein Offizier, Leutnant v. Trott zu Solz vom 25. Artillerie­regiment. war sofort tot, ein zweiter, Leutnant von Reden, der Sohn des ersten Staatsanwaltes in Frankfurt starb am Abend, die drei anderen, Charles de Beaulieu, von Crispendorf und von Reichenau, sind schwer verletzt, Leutnant v. Biegeleben

blieb unverletzt. Leutnant Charles de Beaulieu ist gegenwärtig noch in Lebensgefahr, die andern beiden sind anscheinend außer Gefahr. Nach dem amtlichen Polizeibericht ist das Unglück auf der Rodelbahn der Ludwigshöhe in erster Linie der Mangelhaftigkeit des Schlittens und zum Teil auch der Ungeübtheit der Fahrer zuzuschreiben, die vor­her übrigens von einem Sportsmann gewarnt worden waren. Die Polizei verbietet die Benutzung der Bobsleighs auf den Rodelbahnen und erlaubt nur Rodelschlitten von nicht mehr als zwei Personen.

f)au8 und Schule.

Aphorismen von Rektor Pötsch.

Soll das Werk der Erziehung gelingen, dann ist erstes Erfordernis, daß alle Erziehungsfaktoren, nament­lich Haus und Schule, einträchtig zusammenwirken. Die Schule stellt sich ja die Aufgabe, den Eltern behilflich zu sein, daß ihre Kinder zu gesitteten und gebildeten Menschen heranwachsen und so dereinst den an sie heran­tretenden Aufgaben in Gemeinde, Kirche und Staat ge­wachsen sind. Jeder, der im Leben steht, weiß, wie sehr die Anforderungen gegen früher gewachsen sind. Die Arbeit in Fabrik und Werkstatt, in der Landwirtschaft, in Handel und Gewerbe verlangt nicht nur die Ein­setzung materieller Kräfte, sondern vielmehr die des Geistes, des Verstandes und des Willens. Wer heute nur seine Körperkräfte einzusetzen hat und nicht Intelligenz und Energie, der kommt nicht vorwärts, der bleibt in jedem Berufe auf der untersten Stufe stehen. Wie oft habe ich Arbeiter klagen gehört, daß sie in ihrer Jugend nur eine schlechte Schulbildung genossen und daß sie nun nicht in jene Stellungen einrücken könnten, die ihnen unter anderen Verhältnissen offen stehen würden. Manchem ist es ja möglich, das in der Jugend Versäumte noch nachzuholen durch Teilnahme an Fortbildungskursen, durch Privatstunden und Privatstudium, aber es sind doch immer nur Ausnahmen. Es geht nichts über eine gute Volksschulbildung.

Soll die Schule aber in der Lage sein, sie dem Rachwuchse zu vermitteln, dann müssen auch die not­wendigen Arbeitsbedingungen gegeben sein, vor allem ist ein regelmäßiger und pünktlicher Schul­besuch Voraussetzung. Regelmäßig ist der Schulbesuch, wenn der Unterricht nicht versäumt wird, pünktlich, wenn die Kinder zur rechten Zeit in der Schule sind. In beiden Punkten lassen die hiesigen Verhältnisse viel zu wünschen übrig. Obgleich ich beinahe zwei Monate hier bin, habe ich in meiner Klasse noch keinen Tag gehabt, daß alle Kindei! da waren. In den anderen Klassen ist es ähnlich. Ist der Schulbesuch aber unregelmäßig, so folgt daraus unfehlbar, daß die' Kinder nicht gleich­mäßig gefördert werden können. Der Lehrer hat 6080 Kinder vor sich und ist deshalb nicht in der Lage, sich den einzelnen Kindern besonders zu widmen. Sein Unter­richt ist Klassenunterricht. Können die Kinder wegen mangelhafter Kenntnisse zu Ostern nicht steigen, so mögen sich die Eltern zunächst einmal fragen, ob sie dies nicht selbst verschuldet haben durch unnötige Schulversäumnisse.

Ja, unnötige, unbegründete Schulversäumnisse gibt es hier in Hülle und Fülle. Einige Belege! Eine Klasse hat nur an zwei Nachmittagen Unterricht, also vier- freie Nachmittage, und doch haben sich mehrere Mäd­chen auch einen fünften Nachmittag frei gemacht,um Konfirmationskleider zu kaufen". Eine andere Klasse hat drei freie Nachmittage, und doch begehrt der Vater einen weiteren freien Nachmittag und zwar nach einem freien, um einen Besuch im Krankenhaus zu machen. Die Eltern haben ein Schwein geschlachtet, und da muß der zwölf­jährige Knabe zu Hause bleiben,um Sachen herbeizu­holen". So geht das weiter. Sind das begründete Schulversäumnisse? Und was für Krankheiten werden nicht zur Entschuldigung ins Feld geführt? Man sollte wirklich meinen, Sossenheim habe das ungesundeste Klima der ganzen Provinz. An einem doppelt so großen System der Nachbarschaft kommen nicht halb so viele Versäumnisse wegen Krankheit vor ivie hier in Sossen­heim. Woran liegt das wohl?

Recht viel läßt sodann der pünktliche Schulbesuch zu wünschen übrig. Pünktlichkeit und Ordnung sind das halbe Leben. Newton sagt einmal, er habe alle seine Erfolge dem Umstande zu verdanken, daß er stets eine Viertelstunde vor der festgesetzten Zeit zur Stelle ge­wesen sei. Die Mehrzahl der Kinder ist pünktlich da. Der Unterricht beginnt. Nun öffnet sich die Türe, und der erste Nachtrub kommt. Bald kommt der zweite und so fort. Da ist allerdings kein Unterrichten möglich.

Möchten deshalb alle Eltern doch für einen regel­mäßigen und pünktlichen Schulbesuch ihrer Kinder Sorge tragen I Gegen die Pflichtvergessenen wird unnachsichtlich vorgegangen werden.