für ft v. Biilow und
das Steuerabkommen.
Am 26. Februar traten die Blockparteien in ihren Fraktionszimmern zusammen, um darüber zu beraten, wie eine Übereinkunft zwischen den Blockparteien in den Hauptfragen der Reichsfinanzreform zu erzielen sei. Wie, verlautet, ist diese Wendung durch das persönliche Eingreifen des Fürsten v. B ü l o w herbeigeführt worden. Der Reichskanzler scheint besonders auf die Konservativen mit Erfolg eingewirkt zu haben, indem er erklärte, daß er nicht gewillt sei, bei dem Werke der Reichsfinanzreform den Block beiseite schieben zu laßen. Nachdem sestgestellt war, daß das in Aussicht genommene Abkommen auf Grundlage der Anträge der Freikonservativen und des Zentrums, wonach die Nachlaß st euer und die Erbschaftssteuer verworfen werden, trotzdem der Staatssekretär v. Sydow sich in der Kommission nicht unfreundlich dazu gestellt hatte, auf die Annahme der Verbündeten Negierungen unter keinen Umständen zu rechnen haben werde, scheinen auch die Konservativen nunmehr geneigt zu sein, abermals den ernstlichen Versuch zu machen, eine Verständigung unter den Blockparteien selbst herbeizuführen. Daß die andern Blockparteien ebenfalls das größte Entgegenkommen bezeigen und den gleichen Wunsch hegen, versteht sich von selbst. Nach den Besprechungeil mit den Parteiführern beriet Fürst v. Bülow auch mit den Finanzministern mehrerer Bundesstaaten. Es soll bereits Aussicht für eine Einigung auf der Grundlage erzielt sein, daß die Regiemna die Nachlaßsteuer fallen läßt, die Reich s- erbschaftssteuer dagegen weiter ausbaut und eine Reihe neuer kleiner Steuern in den Reformplan hinein- ziebt. Man spricht u. a. von einer Erhöhung des Kaffeezolles. Eine vollständige Einigung ist noch nicht erreicht, bietet aber gute Aussichten.
fnedensausnebten.
Wie allgemein erwartet worben ist, hat sich in letzter Stunde Rußland grundsätzlich bereit erklärt, gemeinsam mit den übrigen Großmächten in Belgrad ftiedlich zu vermitteln. Es wird nun alles auf die Form ankommen, in der die serbische Regierung von dem Willen der Mächte unterrichtet wird. Es ist von weittragendster Bedeutung, daß in einem so kritischen Augenblick Kaiser Wilhelm den französischen Botschafter C a m b o n empfangen hat, der dem Deutschen Kaiser die Genugtuung des Präsidenten FalliLres über das Marokko-Abkommen ausgesprochen hat. Europa sieht, daß Friede zwischen Deutschland und Frankreich herrscht und dieses Gefühl gibt der Friedensvermittelung auf dem Balkan den stärksten Rückhalt. Unter diesem Eindruck hat sich auch erst Rußland nach einigem Schwanken entschlossen, sich an der Friedensvermittelung zu beteiligen. Aufgabe der russischen Diplomatie ist es nun, ohne Übertreibung, aber auch ohne Geringschätzung, dem serbischen Volke den wahren Wert der ihm gewährten wirtschaftlichen Vorteile klarzulegen, sie soll dafür Stimmung zu machen suchen, daß das von guten Gesinnungen erfüllte Österreich ein auskömmliches Verhältnis mit dem Nachbarstaate anstrebt. Auch in Serbien ist neuerdings
eine friedliche Wendung festzustellen. Die neue Regierung hat, die ihr vorangehende Benennung „Kriegsregierung" lügenstrafend, dem Lande vor allen Dingen zur Ruhe geraten. Vielleicht ist man doch zur Einsicht gelangt, daß Serbien unerfi'rllbare Ansprüche stellte und heute, außer bei Rußland, nirgends Sympathie, geschweige denn Unterstützung erwarten könnte. Indessen mutz abgewartet werden, ob die Stimmung anhalten wird.
Die serbische Presse ist womöglisch noch kriegerischer als bisher; ,Dbjef', das Organ der Kriegspartei,
schreibt sogar: „Die österreichische Preffe gleicht einem Betrunkenen. Sie ändert jeden Moment ihren Ton. Jetzt droht sie uns, dann belehrt sie uns, dann streitet sie mit uns, um sich dann wieder zu entschuldigen. Sie befindet sich in einem kriegerischen Delirium. Uns Serben kann sie aber nicht einschüchtern. Die Verstellung dieser Presse beweist, daß auf dieser Seite keine Bereitwilligkeit besteht, mit uns ein Übereinkommen zu treffen."
Auffallend ist es, daß gerade in diesem Augenblick, wo durch den Besuch des bulgarischen Herrschers in Petersburg und dessen Begleiterscheinungen, sowie durch das Einlenken der russischen Diplomatie eine neue Wendung in der allgemeinen Balkanpolitik herbeigeführt worden ist, auf serbischem Boden ein
Komplott gegen das Leven des Fürsten Ferdinand
entdeckt wurde.
Meldungen aus Belgrad zufolge kam die dortige Polizei einer Verschwörung auf die Spur, die gegen den Fürsten Ferdinand gerichtet war. Die Behörden entdeckten eine Frau, mit deren Hilfe die Verschwörer Bomhen in den. Palast des Fürsten Ferdinand in Sofia schmuggeln wollten. In Bulgarien hyt man sich über diese Entdeckung nicht weiter erregt; denn seit Jahren wiederholen sich diese Vorfälle in regelmäßigen Zwischenräumen. Das Vorkommnis wird jedenfalls die Friedens Verhandlungen in keiner Weise störend beeinflussen.
politifcbe Rundrcbau.
Deutschland.
Kaiser Wilhelm hat den französischen Botschafter C a m b o n in Gegenwart des Staatssekretärs Frhrn. v. S ch o e n empfangen. Wie verlautet, hat Präsident F a l l i ö r e s den Botschafter Cambon beauftragt, in seinem Namen Kaiser Wilhelm die lebhafteste Befriedigung auszusprechen, die ihm der Abschluß des deutsch - französischen Marokko-Abkommens verursacht habe.
Dem Vernehmen nach ist der vom Staatssekretär des Reichsamts des Innern' v. Bethmann - Hollweg im Reichstage angekündigte Gesetzentwurf über die Reich sversicherungs-Ordnung fertiggestellt und wird demnächst der Öffentlichkeit übergeben werden. Es soll Vorsorge getroffen werden, daß die weitesten Kreise sich mit dem Entwurf alsbald beschäftigen können.
Bei der R e i ch s t a g s st i ch w a h l im Wahlkreise Bingen-Alzey erhielt der Zentrnmskandidat Uebel 12 027, der Freisinnige Pfarrer Korell 10 877 Stimmen. Uebel ist also gewühlt. Bei der Wahl am 16. Februar hatte Korell rund 8100, Uebel 6500, der nationalliberale Kandidat 5700, und der Sozialdemokrat 1500 Stimmen erhalten.
Die Reichstagsersatzwahl in Verden - Hoya-Syke, die durch die Mandatsniederlegung des Abgeordneten Held notwendig geworden ist, hat vorläufig noch kein Endergebnis gebracht. Es muß eine Stichwahl stattfinden zwischen dem nationalliberalen Kandidaten Dc. Heiligenstadt (Berlin) und dem Welfen Gutsbesitzer v. Dannenberg (Hannover). Bei der jetzigen Wahl erhielt Dr. Heiligenstadt (nat.-lib.) 5881, Harnes (Bund der Landwirte) 3111, Lewin (jreis. Pp.) 3162, v. Dannenberg (Welfe) 6315 und Henke (soz.) 3909 Stimmen.
Im oldenburgischen Landtage wurde zum Wahlgesetz ein Antrag angenommen, nach dem jeder Wähler nach überschreiten des 10. Lebensjahres eine weitere Stimme erhalten soll. Ein weitergehender Pluralwahlantrag wurde abgelehnt.
In der Zweiten hessischen Kammer erklärte Staatsminister Ewald, daß die Finanzminister der Bundesstaaten bezüglich der schwebenden Steuerfragen immer noch zu keiner Einigung gekommen seien.
R jMemelis.
271 Kriminalroman von E. Görbitz.
(Fortjetzung.)
Leonhard war ein stummer Zuhörer geblieben; nur er allein hatte an Frau von Beitini keine Bitte, die sie zum Bleiben veranlassen sollte, gerichtet. Er beobachtete fortwährend das gleiche Schweigen, aber nicht die gleiche Untätigkeit. Bis jetzt hatte er nur mit einigen Goldstücken gespielt, nun zog er seine Brieftasche hervor und entnahm derselben die tausend Mark, die er vor seiner Abfahrt nach W. von Robert empfangen hatte.
Es waren zehn einzelne Hundertmarkscheine, die er vor sich auf den Tisch legte.
„Sie erlauben, gnädige Frau, daß ich meinen Platz wieder einnehme!"
Nach diesen zu Livia gesprochenen Worten, auf die sie ein zustimmendes Kopfnicken hatte, setzte sich Leonhard auf den schon vorher innegehabten Sessel.
Livia schien plötzlich ihren Entschluß gefaßt zu haben.
„Sie haben recht," lächelte sie Herrn von Knobelsdorf zu, „dem Urteil der Welt kann niemand entgehen und stände er so hoch und frei wie die Sonne am Himmel. Und wem wäre ich Rechenschaft schuldig? Niemand I Es macht mir Vergnügen, Ihre Einladung anzunehmen, ich bleibe!"
Die Gläser der Herren klangen als jubelnder Willkommensgruß für Frau von Bettini zusammen.
Herr von Knobelsdorf zog die Glocke.
Der Kellner erschien.
„Noch ein Glas I Dann ftische Flaschen."
Der dienstbare Geist verschwand, um nach wenigen Minuten mit dem Befohlenen zurückzukehren.
Herr von Knobelsdorf kredenzte das erste Glas voll perlenden Schaumweins der schönen Frau, die sich auf einen Sessel, dem bankhaltenden Herrn von Techi gerade gegenüber, niedergelassen hatte.
Das Spiel nahm seinen Fortgang. Frau von Bettini war zur Teilnahme daran nicht zu bewegen; scherzend, plaudernd, neckte sie bald den Bankier, bald die Spielenden, die, bei aller Aufmerksamkeit auf ihr Spiel, der reizenden Frau die Antwort nicht schuldig bleiben konnten.
Sie hatte in ungezwungener, aber doch äußerst graziöser Weise ihre beiden Ellbogen auf den Tisch gestützt und die Hände leicht gefaltet.
Es war erklärlich, daß die Spieler den Karten jetzt nicht mehr ihre ungeteilte Aufmerksamkeit widmeten.
Seit Livias Anwesenheit hatte sich der Charakter des Spiels durchaus geändert. Vorher hatten sich Gewinn und Verlust im allgemeinen ausgeglichen, jetzt gewann der Bankhalter unaufhörlich.
Mit dem Vorrücken der Zeit wurden die Spieler im Setzen matter.
Knobelsdorf, von dem Genuß des Champagners erhitzt, durch fortwährendes Verlieren leidenschaftlich erregt, rief Herrn von Techi ein ..Va banque!“ zu.
Sämtliche Spieler vereinigten sich mit Herrn von Knobelsdorf und setzten den gleichen Betrag der in der Bank vorhandenen Summe gegen dieselbe.
Herr von Techi neigte den Kopf zum Zeichen seines Einverständnisses.
Knobelsdoxf setzte für sich und seine Gefährten bei diesem letzten Spiel auf das Aß.
Der Abzug begann unter lautloser Stille, selbst Frau von Bettini hielt mit ihrem anmutigen Geplauder inne und verfolgte mit den Blicken die Handbewegungen des Bankiers.
Der gemeinschaftliche Landtag der Herzogtümer Koburg und Gotha hat der Einführung direkter Wahlen für den Landtag zugestimmt.
England.
Londoner Blättermeldungen zufolge beschäftigte sich der Ministerrat mit den Anschlägen für die Flotten- neubauten im nächsten Jahre. Man glaubt, daß sie sich nur auf vier neue große Kreuzer erstrecken werden mit einem weiteren Programm, das nur zur Ausführung kommen soll, wenn gewisse Umstände ein- treten, die es notwendig machen. Dieses Programm wird eine Mehrausgabe von 50 bis 60 Mil- lionen Mark gegen die Anschläge des vorigen Jahres erfordem.
Amerika.
Der kalifornische Senat hat trotz des Einspruchs des Präsidenten R o o s e v e l t mit großer Mehrheit einen Beschluß angenommen, der sich für den Ausschluß allerAsiaten aus den Ver. Staaten ausspricht.
Asien.
Die russisch - chinesischen Verhandlungen in Peking wegen des Handels in der Mandschurei sind seit einiger Zeit auf einem toten Punkt angelangt. China beschuldigt die russische Verwaltung und die Lokalverwaltung von Cbarbin, die Bestimmungen des Friedensvertrages von Portsmouth verletzt zu haben. Der englische und der amerikanische Gesandte haben letzthin der russischen Gesandtschaft in Peking bekannt gegeben, daß England und die Ver. Staaten sich in die russisch-chinesischen Beziehungen nicht einzumischen wünschten und die Bestimmungen des Friedensvertrages beobachten würden.
Die vom Schah von Persien angeordnetcn Kämpfe gegen die Revolutionäre sind für die Regierungstruppen unglücklich verlaufen. Infolgedessen soll sich Mohammed Ali Mirza dem türkischen Botschafter gegenüber bereit erklärt haben, die Verfassung wieder herzu st eilen, falls man ihm sein Leben verbürge. Der Schah habe den Botschafter zugleich ermächtigt, sich mit dem revolutionären Komitee in Koirstantinopel in Verbindung zu setzen, und der Botschafter sei bereits zu den Vertrauensleuten der persischen Revolutionäre in Konstantinopel in Beziehung getreten.
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Deutfcber Reichstag.
Der Reichstag nahm am Freitag den polnischen Antrag, betr. Freiheit des Grundeigentumserwerbs in namentlicher Abstimmung mit 189 gegen 132 Stimmen an und begann dann die zweite Lesung des Kolonial-Etats beim ostafrikanischen Etat. Im großen und ganzen ergab sich eine sehr bemerkenswerte Zufriedenheit mit der Art der gegenwärtigen Kolonialverwaltung. Der finanzielle Aufschwung der Kolonien, die Behandlung der Eingeborenen, das zielbewußte Vorgehen des Staatssekretärs wurde von fast allen Rednern lobend erwähnt. Angriffspunkte gegen die Kolonialverwaltung ergaben lediglich die sehr zahlreichen Beschwerden der weißen Bevölkerung gegen den Gouverneur von Ostafrika, die von mehreren Rednern eingehend erörtert wurden, und die angebliche Bevorzugung der Inder in Ostafrika. Gegen beide Beschwerden wandte sich Kolonialstaatssekretär Dern- b u r g sehr nachdrücklich und machte im übrigen in mehreren Reden eingehendste Mitteilungen über alle kolonialen Fragen, die jetzt zur Erörterung stehen, über Plantagenbau, Hüttensteuer, Wege- und Bahnumbau, Ansiedlung und Eingeborenen- Behandlung usw. Zum Schluß kam es zu einer scharfen Auseinandersetzung zwischen dem Abg. Arendt (freikons.) und dem Staatssekretär, worauf Vertagung eintrat.
Am 27. Februar wurde im Reichstag die Beratung des Kolonialetats fortgesetzt. Abg. Eichhorn (soz.) erhielt gleich zu Anfang seiner Rede vom Präsidenten Grafen S t«l b e r g einen Ordnungsruf wegen der Äußerung, der Abg. Lattmann habe Donnerstag die kindische Bemerkung gemacht, die Sozialdemokratie habe kolonialpolitisch den Gang nach Damaskus angetreten. Seine Freunde hätten hierzu nicht den allergeringsten Anlaß, denn die Bedeutung der Kolonien für Deutschland in wirtschaftlicher Beziehung
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„Bube verliert, drei gewinnt!" tönte es ruyig und gemessen von den Lippen des Bankhalters. „Zehn verliert, König gewinnt; drei verliert, neun gewinnt! Aß verliert, Dame gewinnt —"
So sehr Herr von Knobelsdorf auch Kavalier war, konnte er sich doch nicht beherrschen, als das Aß links fiel. Er schlug mit der Hand auf den Tisch und stieb einen Fluch aus.
Herr von Techi hatte alles gewonnen. Er legte mit einer Verbeugung die Karten, die er noch in der Hand hielt, auf den Tisch.
„Ich danke Ihnen, meine Herren," sagte er verbindlich lächelnd, „morgen abend bin ich gern erbötig, Ihnen Revanche zu geben!"
Frau von Bettini erhob sich lebhaft. Lachend und scherzend, nach allen Seiten fteundlich grüßend, dankte sie für das große Vergnügen, das ihr unverhofft bereitet worden war; sie versicherte wiederholt, daß es ihr eine sehr angenehme Unterhaltung gewesen sei, dew wechselnden Gange des Spiels folgen zu dürfen- „Himmel!" rief sie aus, nachdem sie nach der Uhr gesehen hatte, „schon zehn Minuten vor Mitternacht, wa^ wird meine alte Rosalie sagen" — (Rosalie war der Name von Livias Gesellschafterin) — „daß ich sie so lange allein gelassen habe? Die treue Seele wird! nicht gewagt haben, sich zur Ruhe zu legen; sie er-' wartet stets meine Heimkehr, wenn ich ohne sie au§'! gegangen bin, was allerdings selten genug vorkommt!
Sie empfahl sich und wollte das Zimmer verlassen, als Leonhard einen Armleuchter mit zwei brennenden Kerzen ergriff und schnell an sie herantrat.
„Erlauben Sie, gnädige Frau," sprach er sie artig an, „daß ich Ihnen bis an Ihre Zimmertür vorleuchte ; die Lampen auf den Korridoren möchten scho» ausgelöscht sein!"
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