Kulturpolitik.

Das Parlament ist geschlossen und in daS inner- politische Gebiet ist Ferienruhe eingekehrt. Nur eine Frage ragt noch immer aus der Fülle der Arbeiten hervor: Abrüstung und Schiedsgericht. Je nach ihrer Färbung sprechen Volksboten und Zeitungen dafür und dawider. Niemand aber denkt daran, daß der Streit um diese Fragen unfruchtbar ist und bleiben wird, solange Völker und Staaten sich im Grunde so fremd gegenüberstehen, als es heute noL der Fall ist. Was z. B. wissen weite Kreise unsres Volkes vom englischen Verfassungsleben, was vom amerikanischen Wirtschaft?, leben, was von der russischen Geisteskultur? Darum war es ein glücklicher Gedanke.

eine wahrhafte FrievenSidee, zwischen Deutschland und Amerika einen Professoren- austausch herzustellen, dessen tiefinnerster Zweck das Näherrücken der Völker ist, dessen Segen sich bald im Sinne kultureller Friedensarbeit bemerkbar machen wird. Vielleicht ist die Zeit nicht mehr fern, wo in Berlin neben dem neueingerichteten amerikanischen Institut ein englisches, ein französisches und andre eröffnet werden. Das hieße wahrhaft Kulturpolitik im Sinne der Friedens- idee betreiben, wenn die Völker ihre Gedanken auf allen Gebieten des Wissens, der Kunst, der Technik, des Handels und der Industrie anstauschten, indem sie auf den Hochschulen der werdenden Generation Gelegenheit geben, fremde Eigenart im heimischen Rahmen kennen und schätzen zu lernen. Hat doch der amerikanische Austauschprofessor Münsterberg, der als Deutscher an der amerikanischen Harvarduniver- fitöt wirkt und im vorigen Jahre das Berliner amerika­nische Institut leitete, es in seiner Antrittsvorlesung aus­gesprochen, daß der

Wert des Kulturaustausches besonders in die Erscheinung treten muß, wenn es sich znischen zwei Völkern um die Frage von Krieg oder F ieden handelt. Und wenn wir in immer erhöhtem Maße in solchen Kulturaustausch eintreten, wenn wir mit immer weiteren Nationen auf dem Erdenrund durch die Wissenschaften, durch die Kunst und alle Gebiete des öffentlichen Lebens in Wechselbeziehungen treten wollen, so heißt das nicht, unsre nationale Eigenart fremdem Wesen verschmelzen lernen oder verschmelzen wollen, sondern gerade aus der erweiterten Kenntnis fremden Volkstums wird unS erneute

Liebe für die Heimat

keimen. Dazu gehört freilich, daß wir uns wieder auf den Wert idealer Güter besinnen, daß die Zahl derer immer größer wird, die da erkennen, daß das bloße Ansammeln von Tatsachenmaterial auf die Dauer nicht hinweg! kuschen kann über die Sehnsucht nach neuem Lebensinhalt und nach idealen Überzeugungen. Ein Volk, das seine geschichtlichen Ideale aufgibt, das nur für den Augenblick der rauhen Wirklichkeit strebt, dem nicht die Schönheit ein Bedürfnis, der Kampf um die Palme der Kunst eine Freude, der Wettbewerb um die höchsten Kulturgüter eine heilige Pflicht ist und das seine, nationale Eigenart verleugnet, ein solches Volk gibt sich selber auf; denn schließlich werden Waffen- erfolge, wie die Siege im Geistesleben in letzter Linie doch immer nur

auf «alioualer Grundlage

erfochten. Darum müssen Vortragsredner und Lehrer, Parlamentarier und Journalisten ihre Lebensaufgabe darin sehen, über die Träume vom Weltfrieden auf der Grundlage des Schiedsgerichts und der Abrüstung hinaus, die Wege zu ebnen für eine großzügige Kulturpolitik, die mit tausend Fasern, mit feinen, aber unzerreißbaren Netzen die Welt umspannt. Dazu freilich gehört Idealismus. Die Rückkehr dazu tut dem deutschen Volke bitter not. Er hat die großen natio- »alen Werke geschaffen. Erinnern wir uns endlich

U Oer Kaffee-Oorn er.

7s Roman von Cyrus TownSend Brabh.

(ftortfcfcunflj

Am nächsten Morgen, elf Ubr, sprach Mr. Tillotson wieder bei Miß Livingstone vor, und diesmal war sie aus und erwartete ihn schon. Sie war den größten Teil der Nacht wach gewesen und schon ganz unge­wohnt zeitig ausgestanden. Sie hatte einen harten Kampf mit sich selber und auch mit ihren Verwandten ausgesochten, aber sie sab der Zusammenkunft jetzt nach diesem Kampfe mit voller Ruhe entgegen.

Mr. Tivotion trat ein. Und als er eintrat, griff er wieder instinktiv rach seiner Hinteren Tasche.Ich hatte nach dem, was Ihr Herr Bruder mir gesagt hatte, Angst, Miß Livingstone, daß ich mir den Weg zu Ihnen würde mit Gewalt bahnen müssen," sagte er kühl.Aber ich war fest entschlossen, Sie zu sehen, und hätte ich, ich weiß nicht wie viel Menschen nieder­schießen müssen ..."

Ich muß Sie wegen des Benehmens meines Bruders noch um Entschuldigung bitten," sagte ffe.

Hat er Sie vielleicht dazu beauftragt?"

Nein. Aber ich halte es für meine Pflicht, es zu tun."

Schön, aber bitte, mischen Sie sich nicht in eine Sache, die zwischen mir und ihm ausgemacht werden muß. Wenn eine Entschuldigung vorgebracht werden soll, dann muß er es sein, der sie vorbringt. Damit ist die Sache abgetan. Für uns. Mit ihm werde ich schon noch zur Abrechnung kommen. Und nun, Miß Living­stone, lassen Sie nns die unangenehme Sache ver­gessen. Ich habe Ihnen gestern gesagt, daß ich heute zu Ihnen kommen werde, mir eine Antwort zu holen. !

wieder, daß es über dem Lärm deS Tages und über dem Kleinkram der Alltäglichkeit eine Sehnsucht gibt, die uns die fröhliche Hingabe an das Leben und seine ewigen Werte lehrt. Ai. A. T).

politische Rundrcbau.

Deutschland.

* Wie nunmehr endgültig festgesetzt ist, wird Kaiser Wilhelms Besuch in England vom 15. bis zum 19. Mai dauern. Für diese Tage sind in London glänzende Festlichkeiten in Aussicht ge­nommen.

"Wie verlautet, find vor einigen Tagen die Ver­handlungen mit Rußland, die mit dem Zaren­besuch in Potsdam begannen, erfolgreich zu Ende ge­führt worden. Der wesentliche Inhalt des Abkommens wird demnächst veröffentlicht werden.

"Trotz der großen Bestimmtheit, mit der allseitig berichtet wird, daß sich derzuständige" Bundesrats« auSschuß einstimmig für die Anberaumung der R e i ch s- tagswahlen im Oktober ausgesprochen habe, entbehrt, nach einer halbamtlichen Erklärung, dies« Nach­richt der Begründung. Es gibt hierfür einenzu­ständigen" Bundesratsausschuß schon deshalb nicht, weil der Bundesrat für die Anberaumung der Reichs­tagswahlen überhaupt nicht zuständig ist, sondern allein das Bundesprästdium, das ist also der Kaiser. Ledig­lich für die Auflösung des Reichstages ist die Zu­stimmung des Bundesrats erforderlich. Nun müßte allerdings, wenn die Wahlen schon im Oktober statt- stnden sollen, zuvor der Reichstag aufgelöst werden. Aber in diesem Falle handelt es sich lediglich um eine formelle Auflösung, und es erscheint ganz ausgeschlossen, daß der Bundesrat mit dieser Frage schon jetzt befaßt werden könnte. Die endgültige Entscheidung über eine etwaige Herbsttagung deS Reichstages und über den Zeitpunkt der Neuwahlen wird erst zwischen Ostern und Pfingsten getroffen werden können, wenn sich der weitere Gang der Reichstagsverhandlungen mit größerer Sicher­heit als bisher übersehen lassen wird.

* Der Bundesrat hat neue Bestimmungen über die Quarantäne des seewärts eingehenden Viehes ange­nommen. Die jetzt vorgeschriebene Tuberkulinprobe, die sowohl vom vetennärpolizeilichen Standpunkte als unzuverlässig, als auch im Interesse der Fleischversorgung Deutschlands als Erschwerung und Belastung der Ein­fuhr vielfach angefochten wurde, soll vom 1. Juli d. J8. ab wegfallen und durch eine klinische Unter­suchung ersetzt werden. Bei der Beratung der Vor­lage wurde namens der preußischen Regierung erklärt, daß sie beschlossen habe, unter gewissen Voraussetzungen eine staatliche Quarantäne-Anstalt in Saßnitz einzu­richten, über die nach den geltenden Bestimmungen auch schwedisches und norwegisches Vieh würde eingehen können. Die Tuberkulinprobe hatte ihre be­sondere Unzuverlässigkeit bei der Entsendung deutschen Musterviehes zu der argentinischen Ausstellung be­wiesen.

* Da8 PrivatbeamtenverficherungS- g e s e tz soll im Bundesrat so gefördert werden, daß e8 dem Reichstage spätestens Anfang Mai zugehen wird. Dagegen wird das Staatsangehörigkeits­gesetz dem Reichstag in dieser Session nicht mehr zugehen. Der Entwurf wird auch dem Bundesrat erst tm nächsten Winter vorgelegt werden, und es ist auch nicht beabsichtigt, den Entwurf eher zu veröffentlichen, als er dem Bundesrat zugegangen sein wird.

"Das preußische Wassergesetz wird An­fang Mai im preußischen Staatsministeriüm einer zweiten Lesung unterworfen werden. Man hofft, daß durch diese zweite Lesung das umfangreiche Werk end- gültig abgeschlossen werden wird und daß der Entwurf alsdann veröffentlicht werden kann, um den Inter­essenten Gelegenheit zu geben, zu dem Entwurf Stellung

Ich komme nicht das heißt, ich will keine Antwort mehr."

Wie? Verstehe ich recht," ries Miß Livingstone aus. Sie ziehen Ihren Antrag zurück? Sie wollen nicht mehr..."

Ich will mehr als je," sagte er und fand unwill­kürlich den alten herzlichen Ton wieder.Meine Liebe zu Ihnen ist seit gestern nur nocki heißer, noch stärker, noch leidenschaftlicher geworden. Sie hatte ja vierund­zwanzig Stunden Zeit noch zu wachsen. Aber . . . aber es ist seit gestern etwas dazwischen gekommen. Ich sagte Ihnen gestern schon, daß ich einiges Geld habe. Nicht viel, aber immerhin genug, um ein Weib zu erhalten. Ich hielt es für genug. Gestern war es auch effektiv noch genug. Heute nicht mehr. Ich will mir's nicht noch einmal sagen lassen, daß ich ein GlücksjKger bin. Nein, nein, ich weiß, Sie hallen mich nicht dafür. Sie nicht. Aber ich will auch den Schein bei den andern vermeiden, und ich werde meinen Antrag von gestern nicht eher wiederholen, als bis ich eben­soviel Geld habe wie Sie. Wieviel haben Sie denn?"

Ich weiß es nicht. Zehn Millionen vielleicht . . ."

Sie war so niedergeschmettert verblüfft über alles, daß sie ganz mechanisch nur antwortete, ganz als ob ihr Geist damit gar nichts zu tun habe.

Und ist das Geld im Geschäft Ihres Bruders angelegt?"

Nein. Das war früher. Ich habe es aber aus dem Geschäft herausgenommen."

Das ist alles, was ich wissen wollte. Und-so werde ich erst dann wieder bei Ihnen vorsprechen und um Ihre Hand bitten, wenn ich mit ebensoviel kommen kann, als Sie haben. Bis dahin werde ich Sie nicht mehr belästigen."

O, wie können Sie das häßliche Wort sagen.

zu nehmen. Dem Landtage wird der Entwurf t* nächsten Herbst bezw. Winter zugehen.

Fraukrekch.

^ *3[m Senat gab der neue Minister des Außeres C r u p p i, in längerer Rede Erklärungen über äußere Politik ab und betonte dabei, daß die Regier»"! Wert auf gute Beziehungen zu Deuts $ land lege.

Portugal.

"Die Regierung ist vergeblich bemüht, im Land die Ruhe aufrecht zu erhalten. Trotz der M a s s e»' Verhaftungen, die aus Anlaß der Entdeckt einer Verschwörung der Anhänger des Königtums vor genommen wurden, ist die Regierung um ihre Stellu» besorgt. Der Mittelpunkt der republikfeindlichen Äs wegung, die trotz aller Verhaftungen weiter um s» greift, ist Oporto.

Rußland.

"Der neue Marinsminister hat einen Befehl es laffen, worin er die feste Zuversicht aussvricht, daß W gesetzgebenden Körperschaften dem Ministerium helfet werden, die vom Vaterlande lange erwartete Wieder Herstellung der Kriegsflotte durchzuführest Der Minister spricht seine Überzeugung aus, daß die? Aufgabe nur durch gemeinsame gewiflenhafte AM aller Beamten, Angestellten und Arbeiter des Maristk amles gelöst werden kann.

Amerika.

* Es gilt in eingeweihten Kreisen nunmehr of sicher, daß Präsident Diaz von Mexiko tatsächm von den V er. Staaten gezwungen worden i° Japan die Errichtung einer Kohlenstation in de> Magdalenen-Bai zu verweigern. Diese offenbar feilt* liche Haltung hindert indessen die Washingtoner Regst' rung nicht, mit Japan aus Anlaß der Beendigung d< Handelsvertragsverhandlungen herzliche Telegram^ auszutauschen.

Afrika.

* Den Ernst der Lage in Marokko zeigt eist Meldung aus Madrid, wonach Spanien bei Gibraltst die Flotte und 20000 Mann Truppen zusammen' gezogen hat,um nicht durch die Ereignisse überrasä' zu werden."

Oeer und flotte.

Das Tmbinen-Linienschiffv. d. Tann" hat seiner Ozeanfahrt, nachdem es Bahia Bianca als fft 4* lichsten Punkt der Reiseroute erreicht hatte, sich wirkst nach Norden gewendet. DaS Schiff ist in Buen»' Aires eingelaufen, wo die Besatzung Gegenstand viest Aufmerksamkeiten von seiten der Behörden und der S3* völkerung war. Auf der Rückfahrt wird noch der süd' spanische Hafen Vigo sowie ein englischer Kohlenpl« angelausen. Die Reise ist, abgesehen von kleineren IW' fällen, von denen einzelne Personen der Besatzung b* troffen wurden, bisher vorzüglich verlaufen.

Luft fcbiffahrt.

Auf Grund eines Vertraaes zwischen der Lust Verkehrsgesellschaft m. b. H. in Charlottenburg und des Amsterdamer Volkszeitung .De Echo', nach dem da« Reklame-LuftschiffP. L. 6" in einigen Wochen Gotha und Düsseldorf, wo Station yemacht wird, nast Holland fahren wird, wird das Schiff dort eine Rem von Passagier- und Reklamefahrten unternehmen. Des Aufenthalt des Luftkreuzers in Amsterdam ist auf bist Tage in Aussicht genommen; es soll während dieses Zeit im Freien verankert werden.

Das LuftschiffDeutschland", das von Friedrichs Hafen aus eine glänzend gelungene HuldigüngSfahs' nach dem Stuttgarter Restdenzschloß unternommen Hab ist wohlbehalten von dort in Oos eingetroffen. M der Gondel befanden sich zehn Paffagiere. Erst Zeppelin ist in Stuttgart geblieben. Die Fahrt ist na« Aussage aller Passagiere herrlich verlaufen. Das Lust

Und dann . . . zehn Millionen sind eine sehr gro^ Summe... es wird sehr lange dauern, bis Sie st zusammenbekommen. Zu lange, Herr Tillotson . . - Und sie wurde über und über rot, wie sie das sagte.

Ja. Es ist recht hübsch viel Geld. Aber ich werst es schon machen. Und sehr bald noch dazu. Etwa» Geld so zum Anfängen habe ich ja und einen Plst" auch, es leicht zu verdoppeln, zu verzehnfachen vm' leicht. Na, wir werden ja sehen. Jedenfalls, Mm würde ich Sie bitten, so, lange auf mich zu wartest Jedes Ding braucht seine Zeit, und ich brauche wenig! stens . . . warten Sie einmal . . . wchigstens zust Monate dazu.

Sie sah ihn wieder ganz fassungslos an.

Ja," sagte er,zwei Monate werden genügest Sagen wir also ... den wievielten haben wir den" heute? . . . sagen wir also am ersten Januar. Dm gibt mir ein paar Tage mehr Zeit, mir die zehst Millionen zu schaffen, und Ihnen, stch die Sache nock mehr zu überlegen. Ich kann ja unterdessen auch a» meinemSchliff" Weiterarbeiten. Der fehlt mir ja so . -' vorausgesetzt, daß Sie warten."

Ich werde warten, Herr Tillotson."

Schön, ich danke Ihnen. Und ist e8 zu viel verlangt wenn ich Sie bitte, mir zu meinem Versuch auch Gllm zu wünschen?"

Nein, Herr Tillotson. Ich wünsche Ihnen dazst Glück aus vollem Herzen," sagte das junge Weib um reichte ihm beide Hände.Denn wenn Sie auch ist Frage heut' nicht an mich richten wollen, so habe i* doch schon längst entschieden."

Und ste sah ihn dabei mit einem Blick an, daß ihst förmlich schwindlig wurde davon.

Nicht . . . nicht... sagen Sie nicht .. .1" rief f aus und schüttelte dabei ihre Hände.Aber ich baust

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