In Gemeinschaft mit Prof. Dr. James Goldschmidt- Eerlin (dem zweiten Gutachter) unterbreitete der Redner «er Versammlung Leitsätze, die sich eng an seine Aus- Wrungen anschließen. Grundsätzlich scheiden sich beide Gutachter jedoch bei der Frage der Zulässigkeit der Schärfung der Zuchthaus-, Arbeitshaus- und Ge- Mgnisstrafe. Professor Goldschmidt führt auS, die ^eueinführung der Verschärfungen gegen Gewalttätig- keitsvergehen in Deutschland zeige ganz unverkennbar, "aß diese Neueinführung ein Zugeständnis an den Ruf dach der Prügelstrafe bedeutet. Es kann mir niemand ausreden, erklärt der Redner, daß diese Verschärfungen Mperliche Strafen sind. Gegen solche Verschärfungen Mechen aber auch die schwersten praktischen Bedenken. Die Versammlung deutscher Strafanstaltsbeamten in Mannheim hat sich mit ganz überwiegender Mehrheit Men die Verschärfungen ausgesprochen. Der unsprüng- bche Vorentwurf wollte mit derVerschärfung wenigstens die jugendlichen verschonen. Nun ist Herr Präsident von Staff aber auch auf diesem Gebiete Sieger geblieben. "4 erinnere daran, daß die Ärzte sich dagegen ausgesprochen haben, daß gegen Jugendliche Verschärfungen ^gewendet werden. Und will man denn wirklich im Zeitalter der Jugendfürsorge und des Jugendschutzes die Verwahrlosung der Jugend durch Hunger hintanhalten? JT Schon diese Ausführungen zweier Größen auf dem Gebiete der Strafrechtspflege zeigen, daß der Streit der Meinungen um das Strafrecht der Zukunft, das ja °^mnächst in dem Entwurf eines neuen deutschen Straf- Uetzes festgelegt werden soll, noch lange nicht entschi ede,, ist. _
Luftfcbiffabrt.
, — Der französische Flieger Astley, der kürzlich auf uem Luftwege von London nach Paris kam, ist am Dienstag früh um 5 Uhr 28 Minuten mit Fräulein Mvies, einer bekannten Fliegerin, als Passagier auf ^ Manöverfelde von Jssy zu einer Lustreise nach Berlin aufgestiegen. Er traf um 6 Uhr 15 Minuten Mnds über Bonn ein, wo die Landung glatt erfolgte. Da der Flieger seine Fahrt nicht in einem Tage beiden konnte, wie es die Bestimmungen des Preises, M den er sich mit seinem Fluge bewarb, verlangen, »ab er den Weiterflug auf.
Y ~~ Das Luftschiff „Schütte-Lanz" geriet auf seiner flahrt von Johannisthal-Adlershof nach Mannheim B einen Sturm und mußte in Gotha zur Notlandung Meilen. Es erlitt bei der Fahrt eine leichte Beschädi- Mng der Luftschraube.
r . — Während eines Schaufluges auf dem Flugfelde ^' Bukarest stürzte ein Flieger mit seiner Maschine ab Md wurde schwer verletzt. Der Kriegsminister, der sich sn der Nähe befand, erlitt durch den Absturz leichte Se tzungen. _
(ln politischer Tagesbericht
Berlin. Das Kammericht Hatte sich dieser s>age mit einer für das Gastwirtsgewerbe wichtigen ^age zu beschäftigen. Es Handelte sich darum, ob ^guavit" „gewöhnlicher Branntwein" sei oder nicht. Angeklagten war es nach der Konzessionsurkunde Een, „gewöhnlichen Branntwein" zu verabfolgen, ^"gestellt war nun, daß der Angeklagte in verschiedenen g^en an seine Gäste „Aquavit" verabreicht hatte. Der d^uavit" wurde zu einem Preise von 80 Pfennig für ein ^ster verkauft und enthielt 28 Grad Alkohol bei Zusammensetzung aus Sprit, Zucker und Wasser. ^ Gutachten eines Fabrikanten und eines Gewerbe-
-'»iiummung mu oer wirasrummei. ui» «ouiuinunj , der Überzeugung, daß „Aquavit" der Zusammen und des Preises nach nur als „gewöhnlicher Mntwein" gelten könne.
niederschmetterten, was sie mit ihrer furchtbaren '^Mlwucht erreichten. Hu! Elisabeth barg schaudernd Antlitz in den Händen, als sie die heraufbeschwo- nen Greuel so lebhaft vor ihren Augen schaute.
% »Speisen Sie mit an der Table d'hote?" — Die sirage des höflichen Kellners, der. ein Notizbuch in der und einen gespitzten Bleistift schon im voraus tz,^°en Lippen feuchtend, vor ihr stand, rief sie aus Gemetzel der wilden geharnischten Scharen rasch tatTY*I le befrackte nüchterne Wirklichkeit zurück, und un- brsich lächelnd — denn das Bild des vor ihr stehen- h^^Iünglings mit dem sorgfältig gescheitelten Kopf- yh ^..nach doch zu sehr gegen die kernfesten Eisenmänner ibh öte soeben noch im Geiste geschaut — wies sie 'S. ihren Vater.
ie Loreley," tönte es in diesem Augenblick von Lippen, als der alte, mächtige Felsen jetzt vor baffi> -Usi des Dampfers auftauchte, und die Salon- 'tzlMiere bewegten sich langsam nach vorn, da die iv^^uzelte an den Seiten, der gedeckten Tische bie niedergelassen waren und vom Quarterdeck ab »fussicht versperrten.
bicht dem Vorderdeck standen jetzt die Passagiere Fel?,/edrängt und alle schauten schweigend zu dem kahlen Sagp ^ auf, dem eine unsrer schönsten deutschen ^chud ^eben, Heinrich Heine diesem Leben Worte und ihnen einen Klang verliehen hat, der solange wird, wie der Felsen selber, dttztzsjd^beth stand in Gedanken versunken da, als dex sch vom Hinterdeck aus die Eßglocke ertönte, und Vach Zvstrzrat, der indessen drei Plätze belegt hatte, tou, g? rn . kam, um seine älteste Tochter zu suchen und chvn „? et j en abzurufen. Hatte er sich doch lange
den Moment gefreut, wo er ein Glas guten, Rheinwein auf dem Rhein selber trinken könne.
Merseburg. In Kemberg wurden fünf Kinder der Familie Gaul bei einem Brande vom Feuer einge- schlossen. Soldaten des in Quartier liegenden 27. Infanterie-Regiments retteten die Kleinen wagemutig aus den Flammen. Vier von ihnen sind schwer verletzt.
Hamburg. Nach dem Genuß von Eßwaren erkrankte eine ganze Familie. Das Ehepaar und der zwölfjährige Sohn befinden sich außer Lebensgefahr, während die 16 jährige Tochter gestorben ist. Die Familie hatte Beefsteak mit Petersilie gegessen; wahrscheinlich ist unter der Petersilie Schierling gewesen.
PJR Darmstadt. Vor einigen Tagen verbrannte ein neunjähriger Knabe so schwer, daß sein Transport ins Krankenhaus notwendig wurde. Dort versuchte man zunächst vergeblich, die schweren Brandwunden zu heilen, denn es fehlten dem Kinde handtellergroße
stieg vorzubereiten. Dabei riß sich der Ballon plötzlich los und drei Soldaten wurden vom Ballon an den Halteseilen über 100 Meter hoch mitgesührt. Sie hielten sich an einem Strick fest und wollten dem Oberleutnant, der in der Gondel saß, zurufen, daß sie mit-> gerissen seien. Dieser befand sich selbst in verzweifelter Lage und hatte keine Ahnung, daß sich drei Soldaten unter ihm befanden. Er arbeitete mit übermenschlicher Kraft, um zu Boden zu gelangen. Nach längerer Zeit gelang ihm die Landung, die drei Soldaten waren bei der rasenden Fahrt abgestürzt und wurden tot aufgesunden.
Bethune. Die Gesamtzahl der bei der Schlagwetterexplosion Getöteten dürste sechzig betragen. Während die Rettungsmannschaften in der Grube „Clarence" bei der Arbeit waren, erfolgten zwei weitere Explosionen.
Villa Älelenäonk in Zürich,
der Wohnsitz Kaiser Wilhelms in der Schweiz.
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Die Billa Wesen- donk in Zürich-Engl, die Kaiser Wilhelm während seines Aufenthalts an den Ufern des Züricher Sees bewohnt, gehört augenblicklich der verwitweten Frau Rieter-Bodmer. Bor einem Jahrhundert bewohnte der Dichter Johann Kaspar La- vater bas anmutig gelegene Landhaus, später gehörte e8 dem Kaufmann Wesendonk , dem Freund und Förderer des Komponisten Richard Wagners. Ein großer Park umgibt das Haus, dessen Räume im gediegensten Geschmack ausgestattet sind und noch viele Erinnerungen an Richard Wagner bergen.
Stücke Haut. Eine Heilung der immer bösartiger werdenden Wunden schien nur möglich, wenn man auf die Wunden gesunde Hautstücke übertragen konnte. Als die Schwester des Knaben, die vierzehn Jahre zählt, hiervon hörte, erklärte sie sich sofort bereit, die drei nötigen Stücke Haut von ihrem Körper zu liefern. Die Operation und Übertragung des Fleisches auf die Wunden ging glatt vonstatten.
X Stuttgart. Der „Hauptmann von Köpenick" findet noch immer Nachahmer. So erschien dieser Tage beim Gemeindepfleger in Billensbach bei Marbach ein Landjäger in neuer Sommer-Uniform und ließ sich unter Vorlegung eines angeblichen Befehls der Staatsanwaltschaft in Heilbronn den Kassenbestand in Höhe von 443 Mark aushändigen, den er beschlagnahmte, worauf er sich eiligst entfernte. Hinterher stiegen dem Gemeindebeamten doch Bedenken auf und er telephonierte den Vorfall an den Schultheißen nach Schmidhausen,, zu dessen Bezirk Billensbach gehört; der Schultheiß nahm sofort mit einem Einwohner die Verfolgung des vermeintlichen Landjägers auf. Beide wurden nach kurzer Zeit auch seiner ansichtig; als der Gauner aber seine Verfolger bemerkte, eilte er in den nahegelegenen Wald und wurde nicht mehr gesehen.
Budapest. In dem Militärlager bei Orkeny finden zurzeit Artillerie-Manöver statt, die mit Ballonübungen verbunden sind. Ein Oberleutnant erhielt den Befehl, einen sogenannten Drachenballon zum Auf-
Einer der Rettungsmannschaften wurde getötet, zwei andre schwer verletzt zutage gefördert. Die aus der Grube ans Tageslicht beförderten Leichname sind unkenntlich. Die Verletzten sind schrecklich verbrannt und verstümmelt.
Valparaiso. Die große deutsche Brauerei Anwandter in Valdivia (Chile), die unlängst erst durch einen Brand schwer beschädigt wurde, war jetzt der Schauplatz einer, neuen Katastrophe, indem ein fünf Millionen Kubikmeter haltendes, auf einem Hügel errichtetes Staubecken brach und der gesamte Inhalt sich den Abhang herab auf die unterhalb liegenden Beamten- und Arbeiterwohnungen ergoß. Der deutsche Verwalter konnte sich noch knapp retten, doch wurden der Maschinist Derfer, sein Adjutant und zwölf andre Leute durch die Wassermassen in den Fluß Cruce geschleudert, wo sie ertranken. Die gesamte ; Maschinenanlage ist zerstört. Der Schaden wird aus anderthalb Millionen beziffert.
Kunles Allerlei.
Ein Schlangenfänger als Opfer seines Berufs.
Ein französischer Schlangenjäger, der im Laufe eines Jahres nicht weniger als 2000 Schlangen in den Wäldern der Umgebung von Dallon gefangen hat, wurde von einer Viper in die Hand gebissen. Er starb trotz so-
Cx + TC/t VeriANTWQATL. f, REDAKTION U. DRUCK! H. ARENDT, BERLIK.
Armer Justizrat — die Flaschen waren von der Kompanie selber versiegelt und auf der Etikette stand, daß sie nur in Gegenwart der Reisenden geöffnet werden dürfen — aber er bekam sie offen, und statt des erhofften roten Aßmannshäuser ein dunkelrotes, trübes Fabrikat, das weit eher nach Magdeburg, als dem Rhein schmeckte. Er wollte dagegen protestieren, aber der Kellner hatte leider keine Zeit, sich mit ihm abzugeben, und der Niersteiner, den er hier noch versuchte, war so sauer, daß er nicht einmal die Lippen mehr zu einer Klage auseinanderbringen konnte.
Nur die Preise entsprachen den Etiketten, und der Justizrat ärgerte sich über sich selber, daß er sich über den schlechten Wein an Bord der Dampfschiffe ärgern konnte.
Und das Diner dauerte ewig, so daß man dabei den schönsten Teil des Rheins versäumte, bis zuletzt noch kalter Kaffee und warmes Eis herumgereicht wurde, aber die jungen Damen waren schon lange wieder aufgestanden und kamen gerade noch zur rechten Zeit, um zu sehen, wie das Dampfboot bei Koblenz einen wahren Menschenschwarm an Bord nahm und dann wieder keuchend in den Strom hinaus hielt.
Die Neugekommenen hatten natürlich schon diniert und zerstreuten sich auf dem Verdeck, und Elisabeth amüsierte sich damit, die verschiedenen Gruppen zu mustern, die jedes noch freie Plätzchen besetzten. Aber es waren doch nur lauter fremve Gesichter, denen sie hier begegnete : geputzte Leute, die entweder eine kurze Vergnügungsfahrt in der Nachbarschaft machten, oder auch nur den bequemeren Dampfer der Eisenbahn vorgezogen hatten, um eine Strecke den Rhein hinab zu gehen. Aber plötzlich sah sie überrascht auf, denn sie entdeckte eine Gestalt, die ihr bekannt vorkam, wenn sie
sich auch ums Leben nicht besinnen konnte, wo si» dieselbe je gesehen.
Es war ein junger, sehr elegant gekleideter Mann, der jedenfalls den bevorzugten Ständen angehören mußte. Sein Gesicht war etwas bleich, aber edel und ausdrucksvoll, mit einem unverkennbaren Zug von Schwermut um die feingeschnittenen Lippen, und sein dunkles Auge schweifte forschend an Deck umher, als ob er jemand suche. — Sie mußte dies Gesicht schon gesehen haben. Der Fremde indessen, — mit den Blicken überall, nur nicht vor sich, kam gerade auf Elisabeth zu — so nahe, daß er sie fast berührte — bestürzt wich er aber zurück, und höflich den Hut lüftend, entschuldigte er sich, indem er vorüberging. — Keine Miene verriet jedoch, daß er sie kenne oder nur etwas Bekanntes in ihren Zügen gefunden hätte. Vollkommen fremd wich er ihr aus — es mußte nur eine Ähnlichkeit mit irgend einem andern sein — und in dem Gewirr von Menschen verlor sie ihn auch bald wieder aus den Augen.
Die Fahrt auf dem Dampfer war durch die vielen : hinzugekommenen Passagiere keine Vergnügungstour' mehr. Wer einen Moment aufstand, fand seinen Sitz wohl wieder, aber einen langen Engländer oder kurzen . Deutschen behaglich darauf eingerichtet, und Reffe- - laschen, Regenschirme und Plaids versperrten selbst jede; Passage so vollkommen, daß man sich wohl oder übel nicht mehr von der Stelle bewegen konnte.
Sehr viele Passagiere gingen aber in RolandZeck von Bord, und es gab ein wenig mehr Luft. Das; Gepäck für Bonn wurde jetzt an Deck geschafft, und ' Elisabeth, die dem Vater in der Besorgung desselben j nicht recht vertraute, ging selber nach vorne, um danach zu sehen. j
AL» (Fortsetzung folgt.) !