No. 5.

Frankfurter

1. Jahr,

Sänger-Zeitung.

Offizielles Organ des Guordirigenteii Verbandes der Berufsmusiker von Frankfurt a. M.

Organ für die gesamten Interessen der Gesangvereine von Frankfurt a. M. und Umgebung.

Herausgeber: H. J. Veldkamp-Mann, Redakteure: W. Seibert und H. J. Veldkamp.

Erscheint wöchentlich.

Preis durch den Verlag oder die Post bezogen 30 Pt'g. monatlich. Einzelne Nummern 10 Pfg.

Frankfurt a. M. 9. November 1906.

Inserate werden vom Verlag die -Ispaltige Petitzeile oder deren Raum zu 20 Pfg. angenommen. Bei grösseren Aufträgen Rabatt.

Verlag und Expedition Frankfurt a. M., Eschenheimer Anlage 32.

Chordirigenten - Verband der Berufsmusiker.

E. V. Frankfurt-Main.

Iii der satzungsgemäßen Versammlung vom 5. November, in der die Statuten definitiv fest­gelegt sind, wurden folgende Herren als Mitglieder vorgeschlagen:

Lorenz Matossi, Frankfurt a. M. Jean Brodt, Hanau. Die nächste Versammlung findet am 19. No­vember, IOV2 Uhr vormittags im Faust statt.

Was beeinträchtigt die Erfolge unserer Arbeit.

W. Schütz - Frankfurt a. M. (Schluss).

Der Gesang mancher Vereine läßt bei aller Tonreinheit einen rechten Genuß deshalb nicht aufkommen, weil in punkto Auffassung jedes Ver­ständnis zu ermangeln scheint. Mir will scheinen, da ist eine große Unterlassungssünde vielerorts zu beheben. Lyrik ist Stimmung und Gefühl. Dem Dichter und dem Komponisten nachempfinden ist deshalb für allen Gesang eine Kardinalforderung Wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen" gilt auch bei der Wiedergabe eines Chores. Das Lied darf nicht kalt lassen, es muß Wärme aus­strömen, die Zuhören packen und bannen. Das wird aber immer nur da erreicht, wo noch vor dem Einstudieren und jederzeit während des Uebens der Dirigent mit zartem Verständnis einführt in den Sinn der Worte und die Stimmung, die wie ein weicher Duft über Dichtung und Komposition gebreitet liegt. War nicht die Stimmung, dieses Zittern und Tönen einer empfindsamen Seele das Ursprüngliche bei jedem Kunstwerke? Der Dichter

war in Stimmung als er seiner Begeisterung für einen Gegenstand, für ein Geschehnis öder an etwas Zuständlichem Worte lieh; der Komponist war in Stimmung, als er angeregt durch die Worte diese mit dem holdseligen Zauber der Töne umkleidete. Und nun sollte der nachschaffende Säuger nicht auch bemüht sein sich in diese Stellung hinein­zuleben und aus diesem Gefühlszustande der Er­griffenheit heraus wieder als ein Jünger der Kunst das Kunstwerk auf die Zuhörer wirken lassen! Wenn er sich dessen nicht bemühte, er wäre ein Stümper, ein Unberufener, dem der Zutritt zu dem Tempel der heiligen und erhebenden Kunst ver­wehrt werden müßte. Wenn es nun für den Ein­zelnen schon schwer ist sich unter der sachkun­digen Führung des Dirigenten in den Geist der Kompositionen hineinzulehen, wieviel mehr will es da noch heißen, eine Vielheit von Sängern zu diesem künstlerischen Nachschaffen zu erziehen, ihnen Ohr, Auge und Herz zu öffnen für den Far­benreichtum des sprachlichen und musikalischen (tewandes des Liedes. Aber wie, wenn der Dirigent selbst eiue poetische, sensible Natur ist, die ganz dieser höchsten Anforderung lebt und zu genügen vermag und wenn dennoch ein rechter Erfolg aus­bleibt? Nun, so muß der Kritiker auch da be­denken, daß Belehrung und Beispiel nicht alles leisten können, denn Erziehung und Beanlagung bei unseren Sängern ist eine so verschiedenartige, daß sich schlechterdings dieser strenge Maßstab nicht anlegen läßt. Das ehrliche Wollen muß auch in dieser Beziehung schon hoch bewertet werden.

Einen wesentlichen Hinderungsgrund auf der Bahn des gesanglichen Fortschritts erblicke ich nach meinen Erfahrungen auch in dem gerüttelten Maße von Vereinsverpflichtungen, die die Vereine sich willig auferlegen, die aber an ihrer Kraft und ihrem Marke zehren wie Wasserschossen am besten Leben des Banmes. Ich meine die zahllosen Verpflich­tungen zu Ständchen, Geburtstagsfeiern, Garten-,