Feuilleton des Frankfurter Beobachters.
M 1.
Hk-WLgrber: Vtt» Savsgirßer.
Mittwoch, den 3. Januar.
1872.
Kie Wat einer Hlscht.
(Fortsetzung.)
Elliroc wollte vor der Beantwortung dieses Briefer eine Unterredung mit ihrem Vater abwar- t-u; da Mr. WilkinS derselben jedoch sorgfältig aus dem Wege ging, begann sie den Math zu verlieren und sich Vorwürfe zu machen, daß sie den Wunsch bei sich hege, ihren Vater zu verlassen.
Höchst peinlich war ihr das Gefühl, daß Mr. WilkinS mit ihr allein zu sein vermeide, und in kurzer Zeit nahmen ihre Züge einen ebenso bekümmerten, traurig; n Ausdruck als die seinen an. Es war der alltägliche Kampf zwischen Vater und Bräutigam um den Besitz der Liede, statt daß die Eltrrn sich freudig in die unabänderliche, natürliche Sachlage schicken. Auch hier maßte das arme Mädchen die ganze Bitterkeit des Schmerzes und die quälenden Selbstvorwürfe empfinden, daß sie die Ursache dieser Störung sei.
Minor hatte außer ihrem Vater und ihrem Bräutigam keinen Vertrauten; waren die beiden uneins, so konnte sie sich gegen keinen von beiden mit Offenheit auSspiechen, und verfiel in dumpfes Grübeln über Coider's unbeantworteten Brief und ihre« Vater- Schweigen. OefterS fühlte sie ihres Vaters Blick bekümmert auf ihr haften; sobald sie aber seinem Auge begegnete, begann er ein unbefangen heiteres Gespräch über die Tagesereignisse.
Endlich wurde Mr. Corbet ungeduldig und wandte sich abermals an Mr. WilkmS, um ihm einen neuen Vorschlag seines Vater« mitzutheilen, welcher ungefähr folgendermaßen lautete: Mr. WilkinS möge eine bestimmte Summe auSrahlen, welche unter gerichtlicher Ueberwachung zur Verbesserung der Gutes Bromlcy verwendet werden solle. Es stehe dann mit Sicherheit zu erwarte», daß dessen erhöhtes Eiträzniß dem jungen Paare schon jetzt ei« genügendes Einkommen sichern und dar Gut selbst, welches Minor verschrieben werden solle, bedeutend an Werth gewinnen werde. Die Bedingungen, unter welchen dieser Anlehen von Mr. M.» kinS verlangt wmde, waren so günstig, daß er um so bereitwilliger auf diesen Vorschlag MgsW, -ÄS- ihm Minor'« Appetitlosigkeit und blKffe «Mangen
schon Gewissensbisse verursacht hatten. Er suchte daher dieselben durch das Opfer einer nicht unbe« trächtstchm Baaraurlag« zu beschwichtigen, machte in der Geschwindigkeit auf einem Blatts Papier einige Berechnungen, ohne sie jedoch durch die Schriften und Urkunden, welche ans der Kanzlei lagen, prüfen zu können, und kam endlich zu dem Schluffe, daß er die verlangte Summe zahlen könne. Ec schrieb demgemäß einen Brief an Ralph, in welchem er auf dessen Antrag einging, und ries Minor in sein Studierzimmer, um auch ihre Meinung über das Gesagte einzuholen. Plötzlich schoß das Blut in ihre bleichen Wangen, ihre Lippen zitterten, und ehe sie noch den Brief zu Ende gelesen hatte, stürzte sie in de» Vaters Arme, küßte chn und drückte ihren Dank beredter durch Liebkosungen als durch Worte an«.
„Nun, nun!" sagte er schmerzlich lächelnd, „jetzt ist'- genug. Ich glaube wahrhaftig, Du hast mich für einen hartherzigen Vater gehalten. Hast Du doch seit acht Tagen so kummervoll wie Ophelia ausgesehen. Ueber so bedeutende Summen wie diese muß man sich doch länger als einen Tag besinnen, mein Mädchen. Du härtest Deinem alten Vater Zeit dazu lassen sollen."
„O, lieber Vater, ich fürchtete ja nur, daß Du ungehalten seist!"
„Ich war allerdings in einiger Verlegenheit und Dein kranker Aussehen hat mich nicht ruhiger gemacht, llsbrigen« will der alte Corbet einen guten Handel für seinen Sohn abschließen, so viel darf ich schon sagen. Es ist ein Glück für mich, daß ich mein Geld nie vergeudet habe."
„Aber Papa, so viel brauchen wir ja nicht."
„Doch, mein Kind. Du mußt als wohlhabendes Mädchen in diese Familie eintcetsn, wenn Du auch keine Lady Maria bist. Doch zerbrich Dir jetzt nicht länger mehr das Köpfchen darüber, gib mir noch einen Kuß, dann wollen wir dir Pferde satteln lassen und einen hübschen Ritt zusammen machen. Heute verdiene ich ja doch einen Feiertag, nicht wahr, Nelly?"
Einige Laridleute am Wege hielten in ihrer HMst H»ne, um das frohe, glückliche Aussehen von Vater und Tochter zu bewundern; Schönheit