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„ Ich meine, daran thut sie wohl: denn der Winter ist auch nur da, um ihn zu verschlafen. Wem kann er Freude gewähren, der ihn verwachen muß?" — Dabei sang er:
Ach! sprecht mir nicht von Wintersteuden;
Ich lobe mir die Sommerzeiten,
Da ist man fröhlich, leicht und frei.
Es lebe, was sich liebt, im Mai!
Da stieß der Thurmwächter ins Horn, Elsbeth sprang ans Fenster, und rief: „Es ist Graf Herrmann, der lustige Gesell!" — Die Mädchen liefen ihm entgegen, und der Marschalk sprach: „Es ist Graf Herrmann, der junge, von Weimar, der immer heiter ist und froh."
Der Graf trat ein, -und rief dem Marschalk zu: „Wohlan , Herr Marschalk! Wie ich sehe, habt Ihr feit vierzehn Lagen Eure Hexen um eine vermehrt; das ist löblich! So giebts ein Kleeblatt. — Wie gehts? Wie stehts? Warum sieht man Euch gar nicht in Weimar ? Euer Bruder ist jetzt dort. Er wird der Krom- mesdorferin seine Hand reichen."
„Daran thut er wohl'; damit unser Geschlecht N'cht ausstirbt."
„DasQuerfurther Fräulein hat noch nicht alleHoss- nuna auf Euch aufgegeben."
„Das soll sie ja thun. Da sitzen meine Hexen, die lassen mich nicht los."
„Nein!" — rief Elsbeth aus — „Ich hab's ihm angethan."
„Herr Graf, der junge Mann hier ist ein Sänger, und will auf die Wartburg."
„ Da zieh' ich auch hin " — sagte Herxmann. — „ Ich muß dem Sangerstreite beiwohnen, und hören, was gesungen wird —"
„ Und sehen " — fiel Elsbeth ein — „ was für schöne Mädchen in Eisenach sind."
„Auch, mein Kind! Wer wird so etwas nicht gern sehen? Gesang und Wein und Mädchen; da habt ibr abermals ein Kleeblatt."
„ Nehmt's! Es bringt Glück."
„ Ich nehme es, das versteht sich!"
Nun wurde gelacht, gescherzt, geschwatzt und gebechert. Wilhelm sang ein Lied, und nach Tische suchten alle ihre Lagerstätten. Selbst Wilhelm, so mäßig er auch war, schlich sich auf seine Kammer, streckte sich <mfS Bett und entschlief.
Als er aber erwachte, fühlte er heftige Schmerzen, sah ein Mädchen an seiner Seite, fühlte ihre Küsse, »nd sank, vom Schmerze betäubt, in Ohnmacht.
(Fortsetzung folgt.)
Varietäten.
„Kennen Sie meinen neuen Nachbar? — Herrn -M.. ? " „ Wer kennt ihn nicht, man müßte niemals
das Ministerium betreten haben. "— „Hat er wirklich Einfluß?" — ,, Etwas weniger wie ein Schreiberjunge: er ist nur Untergeordneter." — „Ich verstehe : seine Verrichtungen halten die Mitte zwischen einer Sineeure und einem Ueberzähligen; aber was ist es für ein Mensch?" —- „Ein Centauer von einer neuen Art; halb Stuhl, halb Mensch; oder besser, halb Maschine, halb Schreibstube; ein verschnittener Politiker, der feinen Kameraden zu jederzeit gleicht, unterthänig, wer ihn bezahlt; Schmeichler am Neujahrstag, Optimist jeden ersten des Monats, alle übrige Zeit gar nichts. Er war und ist gleich großer und unterthänigster Verehrer von der französischen Republik, Napoleons, der hohen Verbündeten, des Hauses Bourbon, der heiligen Allianz und des türkischen Kaisers; man hatte ihn zu den Arrier - Ban eingetheilt und dann zum Corpora! der Landwehr gemacht; früher ließ ersieh Herr M... nennen, jetzt setzt er gern ein von vor seinen Namen." — „Und seine Meinungen?" — „Er hat keine, hat nie keine gehabt, und wird sich wohl hüten, deren je zu haben. Er schwimmt in allen Gewässern, und bei jedem Wetter, gleich einer wohlverstopften Bouteille, die man im Augenblick des Schiffbruches in die stürmende See wirft. Auch Hort man ihn immer sagen, daß er sich nie verändert habe; die einen laviren, die andern rudern , noch andere schwimmen, er läßt sich aber treiben wie der Wind kömmt. (Miroir.)
Das Journal von Nimes erzählt, indem es über die rührende Ceremonie der Einsetzung des Capitels der Cathedrale dieser Stadt, Bericht erstattet: daß der Bischof Platz auf seinem Throne nahm. Ist es wohl ein Thron, auf den ein evangelischer Hirt gehört, der sich mitten unter seine Heerde begiebt. —
Mehrere junge Leute haben zu Brüssel einen ritterlichen Bund geschlossen. Dieser Verein giebt seit einiger Zeit sehr glänzende Caroussels, die mit vielem Beifall gesehen werden. —
In Dijon hat sich eine Gesellschaft gebildet, welche den Kaufleuten Geld auf Waaren zu einer mäßigen Taxe leiht.
Die Zuschauer des Colestiner-Theaters zu Lyon beschweren sich bitter, daß sich fast alle Dekorationen in Lumpen auflösen; uns ist eine Bühne bekannt, der ein gleiches Loos bevorfteht. —
In dem Reich Siao-Kin-tschuen ist ein Krebsorden errichtet worden, der, wie man sagt, aus 6 Klassen bestehen soll, und denjenigen ertheilt wird, die es am weitesten im Rückwärtsgehen gebracht haben. Die verschiedenen Klassen haben hölzerne, bleierne, stählerne, silberne, aoldne und diamantns Krebse alsOrdenszeichen,