Der

Beobachter

am

Main und Rhe L n.

Die Frucht geweihter Stunden, Die wahre Lebensspur Hab' ich in dir gefunden. Begeisternde Natur!

Uro.

A n L W o r t

auf das Seitenstück zum GcstLndniß in Nro. 39.

^bohl gibt's der Mädchen noch viele, die fern von

niedrer Gefallsucht,

Nur im seligsten Glück, Liebe genennet, erglübn;

Die in dem Busen bewahren der Sehnsucht göttliches Feuer,

Das der modernde Tod nicht zu erlöschen vermag.

Lieb' ist das erste Gesetz der Natur; das Mädchen liebt

innig,

Wenn die Liebe des Mann's, rein wie die feinige ist,

Dann ist nicht Erde, nicht Himmel Ersatz ihr für den Ge­liebten,

Treu im Tod ist sie noch, wie sie im Leben es war.

Wie sich der grünende Epheu dort um die Ulme geschlungen,

Also schlrngt sich das Weib mild um den stärkeren Mann.

Ehret in ihm, im Gefühle der eigenen Schwachheit, den

Schützer,

Liebt den liebenden Freund, findet den tröstenden Rath.

Glaubet weil's Glaube verdient, an den starken Glauben

des Mannes,

Hofft, weil hoffen cs läßt; liebet und wird auch geliebt.

Also empfindet das Mädchen das edler Triebe noch fähig;

Wer von meinem Geschlecht, so nicht empfindet und denkt,

Die ist kein würdiges Weib die verdient den Namen:

Eoqmtte!

Wankelmüthig ist sie, darum vermißt sie das Glück!

Täuscht mit erlogener Lieb' sie das Herz des edlen Mannes,

Sey Verachtung ihr. Loos, fehlt ihr ein weibliches Herz.

Suche drum muthig, der Guten gibt's viele; bis du beseligt

Rufest, Heil sey dem Weib ! wandelts den Pfad der Natur.

Eine für Alle.

43.

9. April 1822.

Geschichte meines Onkels.

(Als Fortsetzung des Aufsatzes: Der glückliche Aufall.)

(Fortsetzung.) ^

Jüngling, wenn' dir dein Wohl am Herzen liegt, halte nie ein Gefühl für Liebe, das der Dankbarkeit ent- gegenstreitet. Wahre Liebe stahlt alle Tugenden und er­hebt sie, weit entfernt, sie zu stören. Der Hochzeits­tag kam und wir fuhren zur Trauung in die Kathedral- kirche. Sonderbar genug Hl mein Auge, als ich mir Aurelien vor dem Altars stand, durch die versammelte Menge lind die zierlichen Blumengewinde nach einer ent­gegengesetzten Nische, wo ich ein junges Mädchen im schwarzen Schleier andächtig betend bemerkte. Sie wischte zuweilen Thränen aus den Augen. Inte ich nicht , so war es Julchen und meine Andacht blieb gestört. Noch vor Beschluß der Rede wankte sie zur Kirche hinaus und, indem ich ihr nachbückte, versank ich so in Gedanken, daß mich der Geistliche zweimal um das entscheidende: Ja; fragen mußte. Wir fuhren nach Hause und in der fest­lichen Wonne vergaß ich bald alle die ft! merzlichen Erinne­rungen. Die zahlreiche Abendgesellschaft war mir durch den Kammerherm, den ich seit jener Stunde nicht leiden konnte, verhaßt geworden. Der Mensch drängte sich mit süßlichem Lächeln an mich und suchte auf die verworfenste Art sich mir unentbehrlich zu machen. Warum, weiß ich nicht. Doch war er mir eben so lästig , als Aurelien,. welcher er übrigens' in jeder Hinsicht die höchste Aufmerk­samkeit bewies. Mir schien er ein Judas und je Mpräcki--