und schließlich mit einem Bacchanal gefeiert, bei demAb- chasischer, nach Bocksfällen schmeckender Wein und ganze, gebratene, mit Reis (Pillau) gefüllte Schafe die Hauptrolle spielten. Alle Officiere der Garnison waren anwesend. Graf Gregor wurde Namangam als Landsmann vorgestellt und beim ersten Laute ihrer Muttersprache hatte sie seinen Arm gefaßt und ihn nicht mehr von der Seite gelassen.
So saßen sie noch, er halb zu ihren Füßen, als bereits das riesige Feuer aus dem Festplatz, in dem die Schafe gebraten waren, zu Ende geflackert war. ,
Sie erzählte ihm mit thränenden Augen, welcher Schimpf ihr und ihrem Vater heute angethan worden. Said-Kul, der berühmte Führer des jenseits des Terek seßhaften feindlichen Tschetschenzenstammes, hatte sie zur Frau begehrt. Halb aus Furcht vor der Rache des grausamen, mächtigen und tapferen Räubers, halb aus Habsucht, hatte ihr Bruder die Werbung unter der Bedingung angenommen, daß Said-Kul als Kalim (Brautgeld) seine am ganzen Terek berühmte Arabische Stute „Bjela" hergäbe. Heute Vormittag nun war von Said- Kul ein räudiger Hund mit dem rothen, golddurch- wirkten Kalimbande am Schwänze in den Aul geschickt worden.
Graf Gregor war aufgestanden. Unsere Pferde trappelten bereits vor dem Aul, wo sie die Officiers- burschen am Halfter hielten. Wir verabschiedeten uns von dem Fürsten und seiner Familie. Da trat Graf Gregor auf den Bruder Namangams zu und faßte heftig seine Hand.
„Wenn ich Dir die „Bjela" Said Kul's als Kalim gebe, bringst Du mir Namangam in das Haus?"
„Wenn Du mir die „Bjela" holst, ist Namangam an demselben Tage in Deinem Zelte, Herr!" sagte trocken der Tscherkesse. „Aber hüte Dich, Said Kul's Hand hat noch nie ihr Ziel verfehlt!" —
(Fortsetzung folgt.)
Frankfurter Stadttheater.
Gastdarstellung des Herrn Ludwig Barnay.
Obwohl Herr Barnay den »Na reiß« hier zum ersten Male spielte, und bei dem Wesen dieser Rolle und der Individualität des Künstlers eine interessante Leistung zu erwarten stand, hatte das Brachvogel'sche Trauerspiel doch keine große Anziehungskraft geübt, kein volles Haus gemacht. Die drückende Gewitterschwüle, die rn der Luft lag, mochte auf die Empfänglichkeit des Theaterpublicums ebenso erschlaffend gewirkt haben, wie sie die schaffende Kraft der Darsteller zu lähmen schien. Der ganzen Vorstellung fehlte es an einem frischen belebenden Hauche, es war kein rechter Fluß darin, und die Wirkung, welche dieselbe heute auf die Zuschauer hervorbrachte, ließ kaum begreiflich erscheinen, wie dieses Stück ehedem so bedeutenden Erfolg gehabt haben konnte.
Herr Barnay hatte, wie dies von einem so begabten Schauspieler nicht anders zu erwarten war, einzelne gute, ja treffliche Momente, aber die Gesammtleistung vermochte uns nicht durchweg zu befriedigen, brachte nicht die Wirkung hervor, die andere Künstler vordem in dieser Rolle erreicht hatten. Sein Narciß hatte von vornherein etwas zu Unruhiges und Hastiges: schon sein Auftreten im 1. Act war zu forcirt, und stach zu sehr ab gegen die spätere Haltung, die hinwiederum einen zu sentimentalen und larmoyanten Anstrich hatte.
Liegt schon in der Zeichnung des Stücks ein Widerspruch
darin, daß Narciß, der frivole Cyniker, der skeptische Philosoph, für den Alles nur »Schall, Schaum, Rauch» ist, für den »das einzig wahre Glück des Lebens in der regelmäßigen Verdauung« besteht, — im nächsten Augenblicke von seiner Jugendliebe schwärmt, und sich wie ein schmachtender Seladon gebärdet, so trat dieser Zwiespalt in seiner Unwahrscheinlichkeit ganz besonders grell in der Darstellung des Herrn Barnay hervor, die den Gefühlsmenschen in allzu überschwänglicher Weise zum Vorschein kommen ließ.
Es wäre hier unseres Erachtens die Aufgabe des Darstellers gewesen, diesen Widerspruch in der Zeichnung des Stücks zu mildern, anstatt ihn, wie geschehen, zu verschärfen. Wir erinnern in dieser Beziehung nur an die Scene des zweiten Actes mit Doris Quinault, wo Narciß die Geschichte seiner Jugendliebe erzählt. Glaubte man bei all diesen Vorkehrungen und Manipulationen nicht, ein junges schüchternes Mädchen vor sich zu haben, das eine Tante zur. Vertrauten eines Herzensgeheimniffes machen will, und vor lauter Verschämtheit nicht zur Sache kommen kann!
Ebensowenig wie den Dänenprinzeu im Original, vermögen wir diese Copie des Hamlet, als welche Narciß füglich betrachtet werden kann, als eine dankbare und glückliche Par- thie des Herrn Barnay anzuerkeunen.
Auch im Uebrigen gewährte die Vorstellung, wie bereits oben angedeutet, keinen hervorragenden Kunstgenuß. Fräulein Resener war als Doris Quinault nicht ganz an ihrem Platze; ihre Spiel entbehrte der rechten Leichtigkeit und litt an einer zu gedehnten Sprechweise, sowie an dem Mangel einer wechselvollen Mimik.
Für die in ihrer Charakteristik schwierige Rolle des Herzogs von Choiseul reichte die jugendliche Kraft des Herrn Beck noch nicht völlig aus, namentlich nicht in den Scenen mit der Pompadour für den glatten Hofmann und schlauen Jntri- guanten. Dagegen erzielte er in der Scene mit der Königin durch Wärme der Empfindung eine schöne Wirkung.
Selbst Fräulein Schweigert als Königin schien uns heute nicht auf der Höhe ihrer sonstigen Leistungsfähigkeit zu stehen.
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Der weitere Verlauf des Gastspiels brachte das Moser'sche Lustspiel: »Ein moderner Barbar« und in neuerer Einftndirung das nach dem Französischen von Th. Hell bearbeitete dreiactige Lustspiel: »Die Memoiren des Teufels« mit Herrn Barnay als Constantin von Horst und Robert.
Das erstgenannte Stück versetzte die Zuschauer in die heiterste Stimmung, da es flott und rasch abgespielt wurde, sämmtliche Mitwirkende ihren Platz gut ausfüllten und namentlich Herr Barnay den mit der Sprache und den Salonformen im Kampf liegenden nordischen Bären in drastischster Weise veranschaulichte.
Die Stelle der Schlußscene, wie Constantin der Frau von Horst einen Rubel als Douceur anbietet, wie er es vorher der Kammerjungfer Olga gegenüber gethau, hätten wir übrigens gerne preisgegeben. Sind die Worte wirklich im Stück enthalten, so steht nichts im Wege, sie zu streichen; — wir erinnern uns in der Thal nicht, sie früher gehört zu haben; — sind sie aber zugesetzt, so sind sie eben übel angebracht, denn sie klingen anstößig, nnd wirken verstimmend. Die Memoiren des Teufels waren seinerzeit ein beliebtes Paradestück, eines jener Stücke, in welchem wie beispielsweise in »Richaro's Wanderleben« sich Alles um eine einzige Person, hier den als Teufel auftretenden Robert, dreht, während alle übrigen mehr oder weniger als Marionetten fungiren, die der Teufelskerl Robert nach Belieben in Bewegung setzt.
Herr Barnay hat diese Rolle, die eine große Redefertigkeit, Körperbeweglichkeit, Gewandtheit des Geberdeu- und Mienenspiels erfordert, in virtuoser Weise durchgeführt, und damit viel Beifall geerntet.
Das Interesse an der Vorstellung wurde indeß einigermaßen dadurch abgeschwächt, daß das Stück zumal der letzte Act sehr gedehnt ist, und hierdurch sowie durch die zur jedesmaligen Ümkleidung nöthigen langen Zwischenacte eine Zeitdauer in Anspruch nimmt, welche die einem Lustspielabend gesetzte übliche Grenze überschreitet.
Für die Redaktion verantwortlich: vr. jur. Jul. Eugelmaun. Druck und Verlag der Neuen Frkf. Presse (Eugelmanu L Co.)