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Die kleine Lhronik (frankfurter Wochenschrift) llo. Z2.
schen form und Stoff herzustellen, dann steht zu hoffen, daß die kürzlich unternommenen Schritte wirklich zur Erneuerung der alten Blüthezeit führen werde.
Daß einst das rheinische Riederland der Sitz einer hoch entwickelten Töpferkunst war, ist an Grt und Stelle fast ganz und gar in Vergessenheit gerathen: kein Wunder daher, wenn das Ausland keine Notiz davon nahm und die besonders in diesem gepflegte Kunstschriftstellerei die Erzeugnisse des Niederrheins fast nur als „flandrische Werke" kennt*), während doch flandern keine Erzeugnisse geliefert hat, die sich annähernd mit den Leistungen der Töpfergilde am Niederrhein vergleichen ließen. Ehedem war es anders, und Henricus Stephanus, wenn er in seinem „Lobe der frankfurter Messe" (1574) auf die -Kunstfertigkeit der rheinischen Töpfer zu sprechen kommt, findet kaum Worte, um seine staunende Bewunderung auszudrücken. „Auch en- kaustische Arbeiten sind vertreten", so etwa spricht er, nachdem er der niederländischen Malerei gedacht hat. „Etwas ganz besonderes aber leistet die Töpferkunst. Ganz abgesehen von den gemalten fapencen bietet sie Werke, bei denen der Stofs hinter der Mannigfaltigkeit und dem Glanze der färbe so sehr zurücktritt, daß man sie an formvollendung den schönsten Silbergefaßen zur Seite stellen kann." Die Zeit, von welcher Stephanus spricht, war allerdings die bedeutendste für die niederrheinische Kunsttöpserei, die sich am höchsten wahrend des sechszehnten Jahrhunderts entwickelte und gegen Ende desselben ihre Blütheepoche fand.
Ihren ältesten Sitz scheint die niederrheinische Töpferei in der abteilichen Stadt Siegburg gehabt zu haben, und hier war es auch, wo sie aus dem Zustande des Handwerks in das der Kunst übergeführt ward. Die Erzeugnisse der Siegburger Töpfermeister, namentlich des sechszehnten und des beginnenden stebenzehnten Jahrhunderts, gehören zu den schönsten und besten, welche das Gebiet der Keramik aufzuweisen hat. In seltener Vollkommenheit tritt bei ihnen die Harmonie zwischen form und Stoff hervor. Der Ausbau der zahlreichen Arten von Krügen, Bechern und Schaugefäßen ist ein kunstreich gegliederter, das Ornament, bis zu figurativen und scenischen Bildern sich versteigend, reich, aber niemals über die Schranke hinaustretend, die ihm durch seine Natur gezogen ist, dabei von einer feinheit der Ausführung, wie sie auf gleichem Gebiete nie wieder erreicht worden
") Die erste sachgemäße Beleuchtung des Gegenstandes hat I. B. Dornbusch in seinem Merkchen „Die Kunstgilde der Töpfer in der abteilichen Stadt Siegburg" (Köln, I. M. Leberle, 187Z) gegeben, dem wir in der Darlegung der Raener Verhältnisse zumeist folgen.
ist. Die Steingutmasse, aus welcher die Gefäße her- gestellt sind, zeigt im Bruch wie aus der Oberfläche eine gleichmäßig Helle, weißliche färbe, die nur wenig in das Graue oder Gelbe hinüberspielt. Die Herstellung dieser Masse war ein Geheimniß der Siegburger Zunft, welches auf das sorgfältigste gewahrt wurde und allen anderen Zunftstatten bis auf den heutigen Tag unbekannt geblieben ist. Eha- racteristisch ist der leichte, feine Glasurüberzug, der das Ornament bis auf das kleinste Detail hervortreten läßt und den Gefäßen die Aehnlichkeit mit Silberarbeiten verleiht, deren Henricus Stephanus schon gedenkt. Selten verwandten die Siegburger Töpfer farbstoffe, und von diesen, wie es scheint, ausschließlich blaue.
Blühende Töpferwerkstätten befanden sich wahrend des sechszehnten und stebenzehnten Jahrhunderts auch in dem Dorfe frechen bei Köln. Sie haben sich sogar, wenn auch weit entfernt von dem einstigen Glanze, bis auf unsere Zeit erhalten, von den Siegburger unterscheiden sich die Erzeugnisse der Töpfereien von frechen vor allem durch die braune färbe ihrer Steingutmasse und die ziemlich dick aufgetragene Glasur, allein auch in form- gebung und Grnamentirung verfolgen sie eine besondere Richtung, und zwar eine Richtung von künstlerisch strengem Character. Das Ornament ist von großer Schönheit und bekundet einen hohen Grad technischer fertigkeit und ausgebildeten Geschmacks. Die gothischen Krüge sowohl wie die der Renaissanceperiode zeichnen sich durch strenge Stilistrung des figürlichen Schmucks aus, letztere verrathen einen auffallend antiken Eharacter. Der Aufbau ist kühn, besonders bei den Krügen von verlängerter Sphärenform, die in rings um die Bauchwand laufenden Nischen Brustbilder oder auch Mappen zeigen. Außer dem braunen hat frechen auch Steingut von grauer färbe sabricirt, dem nicht selten blaues Ornament aufgelegt wurde.
Durch farbiges Steingut zeichneten sich die Töpfereien im Na ssa ui sch en aus, in dem sogenannten Kannenbäckerlandchen, die besonders im sechszehnten Jahrhundert vorzügliche Arbeiten lieferten. Sitz der Industrie waren und sind bis auf den heutigen Tag geblieben namentlich die Dörfer Höhr und Grenzhausen bei Vallendar. Die dort hergestellte Maare unterscheidet sich gleichfalls durch, aus von der Siegburger. Die färbe ist ein mehr oder minder in das bläuliche spielendes Grau, das sich trefflich zur Hervorhebung der farbigen Ornamente eignete. Größere figurative oder scenische Bilder in Relief kommen aus den fabrikaten dieser Töpserniederlassung nicht vor. Trotzdem verstand man es, die in der form sehr zierlichen Ge-