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Di e kleine Lhronik (frankfurter Wochenschrift) llo. ZZ.
Zöglinge diese wethode und diese Handlungsweise hat, brauchen wir kaum des Näheren zu erörtern. Lin solides, einfaches System, wie es zur Zeit noch viele öffentliche Schulen haben, findet keine Gnade mehr bei den Eltern, vor allem nicht bei den Müttern, denn die Welt liebt einmal beit Schein und das prunken mit Gelehrsamkeit, selbst wenn es mit der Berechtigung zum prunken und mit der Gelehrsamkeit gleichmäßig schlecht bestellt ist. Die Lehrer freilich trifft ein noch schwererer Vorwurf, denn das prunken mit Gelehrsamkeit ist in diesem Stande so zu Hause, daß selbst Clementarlehrer glauben als Gelehrte sich geriren zu müssen. Je größer die Gelehrsamkeit, desto ruhiger und würdiger die Haltung des Gelehrten — für die Gelehrsamkeit des Pensionatslehrer haben die Eingeweihten nur ein mitleidiges Lächeln, wir bemerken aber, daß wir von allgemeinen Zustanden sprechen, denn gerade in unserer Vaterstadt sind Lehrer an Instituten thätig, deren Namen in der Welt der Schriftsteller und Gelehrten von echtem und gutem Mange sind, die aber auch weit davon entfernt sind, das angedeutete lächerliche Gebühren mitzumachen.
Es ist mit einem Worte nicht die Ueberbildung, die eine Gefahr für das Heranwachsende weibliche Geschlecht ausmacht, denn mit dieser Ueberbildung ist es nicht so weit her. Die Gefahr ist vielmehr die Halbheit und Unwahrheit der Bildung, die Phrase und die Selbstüberhebung, die durch das auskommende System inaugurirt werden, wir erschrecken, wenn wir den Unfug betrachten, der allein mit dem Worte Kunstgeschichte getrieben wird. Die höhere Tochter, die von der walerschule von Sienna redet und in Verlegenheit kommt, wenn man sie fragt, auf wie vielen fußen sich eine Schlange fortbewegt, ist nichts als eine Treibhauspflanze, die für das praktische Leben und die Erziehung etwaiger späterer Mnder nur selten etwas taugt. Denn der Beweis liegt auf der Hand, daß ihr Sinn nur auf Dinge gewendet worden ist, die doch nur unklar und verworren ausgenommen werden können, wahrend sie für die Natur keinen Blick empfangen hat. Ihre Anschauungskraft und ihre faffungsgabe hat eine völlig falsche Richtung erhalten, sie wird auch einst als wutter ihre Linder genau so verbilden, wie sie verbildet worden ist. wir haben die Kunstgeschichte erwähnt, "weil sie an die Spitze einer falschen, weil übertriebenen ästhetischen Ausbildung gestellt wird. Literatur, Lunstgeschichte und ähnliche Disciplinen werden eifrigst gepflegt und vor allem irüs Programm gestellt, um dem Wunsch der Eltern, eine recht gebildete Tochter zu haben, soviel als möglich, wenn auch nur äußerlich nachzukommen.
welche sonderbare Erscheinung fördert doch dieses an sich wahlberechtigte Streben zu Tage, den Lindern und auch den Mädchen eine gediegene Bildung mit auf den Lebensweg zu geben! Wan läßt vor allem die Töchter fast bis dicht vor dem Tag der Hochzeit in die Schule gehen, wobei wir nicht verschweigen wollen, daß hierbei auch die Verlegenheit der wütter eine Rolle spielt, die Töchter im Hause zu beschäftigen. Wan schickt sie also bis zum 18ten und sogar 19ten Jahre in die Schule. Der Lehrer weiß recht wohl, daß die Anforderungen nicht besonders ernst genommen werden, eine folge davon ist ein behagliches Sichgehenlaffen. wenn es das Glück will, daß ein wirklich bedeutender Lehrer und Lenner seines faches, nehmen wir an der Literaturgeschichte, vor den Schülerinnen steht, so kann der Unterricht recht vortheilhaft für die geistige Ausbildung derselben werden, vorausgesetzt, daß die Stunden aus das gehörige waß beschränkt bleiben. Aber wir wüßten nicht, in welchem Pensionat dieses letztere der fall ist. Die fehlerhafte Tendenz dieser Privatanstalten ist die, einen als tüchtig anerkannten Lehrer zu engagiren, der gewissermaßen das Aushängeschild bilden muß und deshalb auch gut bezahlt wird, im übrigen aber geringeren Mästen denUnterricht anzuvertrauen, durch deren geringe Honorirung das plus für die hervorragende Persönlichkeit ausgeglichen werden soll. Die geringe Besoldung letzterer ermöglicht die Beibehaltung und Einfügung einer großen Zahl an und für sich ganz unnöthiger Stunden, die eine drückende Belastung und zugleich einen Ballast für den Geist repräsentiren. Zu den literarisch-ästhetischen Disciplinen gesellt sich der Sprachunterricht, vor allem das Italienische, wer berufen ist, diese Sprache zu lernen, mag sie lernen, aber damit ist nicht gesagt, daß jede höhere Tochter sie lernen muß. wir möchten aber überhaupt bezweifeln, daß es einen Sinn hat, die Töchter so lange in der Schule zu lassen. Das Haus stellt sich eigentlich ein Armuthszeugniß aus, wenn die wutter nicht weiß, was sie, wie die Redensart lautet, mit ihnen zu Hause ansangen soll. Die Häuslichkeit muß doch eine recht leere sein, oder vielmehr sie ist nicht vorhanden, wenn man gezwungen ist, die Tochter recht lange in die Schule zu schicken, da es zu Hause für sie keine Beschäftigung gibt, vielleicht stellen es sich die Eltern viel zu schwer vor, eine solche ihrer Tochter zu geben, vielleicht steckt auch in diesem Verhalten ein gutes Stück Bequemlichkeitsliebe und somit auch ein gewisser Egoismus, wann soll die Tochter sich an häusliches Leben gewöhnen? Etwa wenn sie in den Stand der Ehe tritt? Dann dürfte es viel zu spät sein. Also jedenfalls früher.