Herausgeber: August Roeckel.

1. Sonntag, 1. Jannar. 1865.

DieFrankfurter Reform" erscheint jeden Sonntag, Mittwoch und Freitag und kostet Pr. Quartal fl. 1.15 kr. Einzelne Nummern 6 kr. Bestellungen und Ankündigungen (die gespaltene Petitzeile oder deren Raum 3 kr.) werden angenommen bei dem Hrn. F. B. Auffarth, DöngeSg. 28, so wie auf der Expedition (C. Adelmana), gr. Eschenheimergasie 43.

Transportwesen.

(Wir entnehmen das nachstehende interessante Gutachten der Han­delskammer dem kürzlich erschienenen Jahresbericht derselben.)

Je begünstigter Frankfurt durch seine geographische Lage ist, umso fühlbarer auch werden die Mängel, welche seine Transportanstalten noch aufzuweisen haben. Für Abstellung mancher Unzulänglichkeiten und Mißstände bei der Post ist in den letzten Jahren Abhülfe erfolgt, theilweise aus direkte Anregungen seitens der Handelskammer. Vieles aber bleibt hier noch zu erledigen übrig. Vor allen Dingen müssen wir uns gegen die fernere Fortcrhebung des Bestellgeldes er­klären, nachdem dasselbe nicht nur von andern Postadmini­strationen, sondern selbst in einzelnen Gebieten der Fürstl. Thnrn und Taxis'schen Verwaltung, wie noch neuerdings im Großherzogthum Hessen*), aufgehoben worden ist. Nach den im statistischen Theil dieses Berichtes mitgetheilten amtlichen Nachweise« über den Postverkehr unserer Stadt beläuft fick -die Zahl der im Jahre 1863 hier angckommencn Briese aus 2,718,768, die der Fahrpostsendungen auf 538,291 Stück. Das hierfür erhobene Bestellgeld von 1 Kreuzer per Brief und 2 Kreuzer -per Fahrpoststück repräsentirt, auch wenn man für die von größeren Geschäftshäusern gezahlte Fachge­bühr eine entsprechende Reduktion der Gesammtsumme in Anschlag bringt, noch immer eine höchst beträchtliche, der Bürger- und Einwohnerschaft von Frankfurt auferlegte Steuer, für welche ihr weder ein Bewilligungsrecht zugestanden, noch irgend eine Gegenleistung geboten worden; denn die Bestel­lung der Briese u s. w. ist eine von der Beförderung dersel­ben überhaupt nicht zu trennende, folglich zugleich mit über­nommene Verpflichtung der Postanstalt. Wir freuen uns übrigens, bereits begründete Hoffnung erlangt zu haben, un­seren Antrag auf Abschaffung des Bestellgeldes in nächster Zeit berücksichtigt zu sehen. Mit dem Bestellgeld wird selbst­verständlich auch die Fachgebühr fallen.

Eine weitere allgemein geltend gemachte Beschwerde be­trifft die Höhe der Portotaxen überhaupt, sowie verschiedener Gebühren. In letzterer Beziehung ist es namentlich die Re- commandatio n s - Gebühr für Briefe, welche nicht nur den Portosatz in vielen Fällen verdoppelt und verdreifacht, sondern auch für Correspondenzen nach dem Thurn- und Taxis'schen Gebiete höher ist, als nach dem des Postvcreins. Ebenso sind die Nachnahme-Gebühren, sowie insbeson­dere die Berechnung von 5"/o Provision zu Lasten des Ab­senders in Fällen, wo die Abnahme einer Nachnahme-Sendung verweigert wird, in ihrer jetzigen Höhe ungerechtfertigt. Auch in dieser Beziehung ist uns kürzlich Hoffnung auf einen bal­digen Erfolg unserer Schritte gegeben worden.

Die Portotaxen des deutsch-österreichischen Postvereins sind selbst im Vergleich mit den internen Taxen einzelner Vereinsstaaten noch sehr hoch. Man hat oft geltend gemacht,

*) Vom 1. Januar 1865 an auch in Coburg-Gotha.

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daß bei fortschreitenden Porto-Ermäßigungen eine Grenze, ge­wissermaßen ein statisches Moment erreicht wird, wo eine Vermehrung der Einnahme nicht mehr erzielt werden könne. Wenn wir den Wunsch aussprcchcn, daß die im deutsch- österreichischen Postvcrein bestehende Eintheilung auf nur zwei Zonen mit dem Portosatz von resp. 3 und 6 Kreuzer für den einfachen Brief modifizirt werden möchte, so sind wir der festen Ueberzeugung, daß mit dieser bescheidenen Ermä­ßigung jene Grenze noch nicht überschritten, vielmehr, abge­sehen von einem momentanen Ausfall, eine wesentliche Er­höhung der bisherigen Einnahmen herbeigeführt werden wird. Auch die Vercins-Fahrposttaxe ist ungeachtet der bereits ein­geführten Ermäßigungen noch immer zu hoch, namentlich bei Werth-Declarationen.

Als einen erheblichen Mißstaud müssen wir hier auch die fast unabsehbare Menge von Verordnungen anfüh­ren, welche über Behandlung der Sendungen, über Adresse, Verpackung u. s. w. bestehen, und die in der Weitschweifigkeit ihres Details unmöglich im Gedächtniß behalten werden können. Ein jeder Verstoß gegen dieselben zieht aber bedeutenden, oft unersetzlichem Zeitverlust nach sich, da nicht vorschriftsmäßig verpackte Sendungen oder nicht entsprechend ausgefertigte Deklarationen u. s. w. bei der Aufgabe zurückgewiesen werden müssen. Wenn wir auch gern anerkennen, daß ein Theil dieser Verordnungen und Vorschriften zur Sicherung der Interessen des correspondirenden Publikums erlassen worden, so ist es doch offenbar, daß die große Zahl derselben ihren Nutzen wieder aufhebt, und glauben wir, daß ihre Reduktion auf verhältnißmäßig wenige für alle Länder gültige Normativ- bestimmungen auch dem Interesse des Postdienstes entsprechen müßte. Eine derartige Vereinbarung dürfte sich wohl als Aufgabe eines allgemeinen Postcongresses empfehlen.

Die häufig angeregte Einführung ambulanter Post- bureaux auf den hier mündenden Eisenbahnen ist neuerdings in soweit in's Werk gesetzt worden, als nunmehr wenigstens nach allen Richtungen hin, wenn auch noch nicht auf allen Bahnen, dieser Dienst besteht. Am 16. März 1862 trat die Einrichtung auf der Main-Weserbahn, am 20. Januar 1864 auf der Linie Frankfurt-Mainz der Hessischen Ludwigsbahn und am 1. Juli d. I. auf der Main-Neckarbahn in's Leben. Zu unserem Bedauern entbehren jedoch die Taunusbahn so­wie die Hanauer-Bahn noch heute diese für das corrcspon- dirende Publikum so bequeme Vervollständigung des Post- dienstcs, für welche die Aufstellung eines Briefkastens im Bahnhof, wie dies bei der letztgenannten Bahn der Fall ist, keinen ausreichenden Ersatz bietet.

Besonders wünschenswerth wäre schließlich auch eine bessere Organisation des Schalterdienstes im hiesigen Oberpostamt. Obgleich im Laufe dieses Jahres die Zahl der Schalter vermehrt worden, kommen bei starkem Andrang, wie solcher kurz vor Schluß der verschiedenen Aufgabczeiten täg­lich mehrmals stattfindet, doch noch immer Störungen vor, weil bei Aufgaben von Circularen, Kreuzband-Sendungen u. s. w. der Beamte bis nach vollendeter Berechnung, unbe-