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In der hier vorliegenden Aufstellung handelt es sich um die Familie eines städtischen Angestellten (Mann, Frau und 8 jähriges Kind ohne Dienstmädchen).
Die Aufstellung gilt für das Kalender-Wirtschaftsjahr 1911. —
Zunächst sind als Einkommen festzustellen:
Jahresgehalt .Mk. 4235.—
Nebenverdienst. „ 206.— Mk. 4441.—
Rückvergütung aus Wirtschaftsverein „ 40.65
Obst,Gemüse, Eierusw. die von Verwandten geschenkt wurden im Wert von „ 200.—
_„ 240.65
Mk. 4681.65
Mk. 4681.65 sind demnach als Einkommen festzusetzen.
Die Ausgaben beliefen sich nun insgesamt auf Mk. 4567.40 (inel. Anschaffung einer Zimmereinrichtung für Mk. 490.—).
Weiter ist bei den Ausgaben zu berücksichtigen, daß dem Städt. Angestellten im August gratis eine Ferienreise zugefallen war, weshalb im August eine Verbilligung der Lebenshaltung um Mk. 70 eingetreten ist. Die Ausgaben erhöhen sich unter Einsetzung dieser Momente also auf Mk. 4147.40, sodaß sich ein Lebenshaltungssaldo von Mk. 534.25 ergäbe, der wie bereits erwähnt bis auf einige Mark.durch die Anschaffung einer Zimmereinrichtung in Anspruch genommen worden ist.
Abgesehen nun von dieser Allgemeinübersicht, ist nun besonders interessant wie sich die einzelnen Ausgabeposten zusammensetzen. Auch für den einzelwirtschaftenden Menschen ist eine derartige Orientierung vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte aus unerläßlich. Die Einkommenposten zu vermehren ist auf ehrliche und rechtliche Art wohl nicht jeder ohne weiteres imstande. Dagegen ist die Verteilung des Einkommens auf die einzelnen Ausgabeposten, ihre stärkere Be- oder Entlastung sehr oft von durchschlagendem wirtschaftlichen Erfolg gewesen, nicht nur im Haushalt des Staates und der Städte oder eines industriellen oder kommerziellen Unternehmens, sondern auch in dem Haushalte einer Einzelfamilie — besonders wenn sie von ihrem Einkommen, oder wie man gewöhnlich sagt, von der Hand in den Mund lebt und eventl. Fehlbeträge nicht aus Reserven decken kann.
Es wäre ein ungeheures Stück Volksarbeit geleistet, wenn es herbeigeführt werden könnte, daß auch die einzelne Familienhaushaltung buchmäßig sich Rechenschaft gibt. Manch Stück Kulturarbeit könnte dadurch eine richtigere Verteilung der Ausgaben im Kleinen begonnen und innerhalb der Volksmaffen zu großen Taten durchgeführt werden.
Auch braucht nicht jede Aufstellung wie im vorliegenden Falle durch ein liebenswürdiges Entgegenkommen des Betreffenden der Oeffentlichkeit zugänglich oder gar für die Veröffentlichung besonders „steuerschwach" zurechtgestutzt zu werden. — Der Ertrag einer Buchführung in der Familienwirtschaft fällt vielmehr in diese selbst zurück.