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der Zerstörung jenes Kolosses, den der hervorragendste seiner Zeitgenossen, Kaulbach, allegorisch als „die Scheidung der Völker der Erde", dargestellt hat.
In Asien und Afrika, wo die Sonnenhitze die Holzgebäude bald zerstört, hat man zu Tempeln und großen Bauten nur den Steinban oder die Aushöhlung in Felsen gewählt, und diese Bauart war ohnehin dem Klima gemäß.
Wir finden schon in Nubien und Aegypten eine regelmäßige Sänlen- ordnung, welche in dem ägyptischen Theben zur höchsten Vollkommenheit gediehen ist.
Ein unbestimmtes Gefühl flößte dem Menschen bald die Ahnung dessen ein, dem er seine Wünsche und seinen Dank, seine Büßungen und seine Opfer darznbringen hatte. Der Ort, wo die Verehrung dieses höchsten Wesens stattfand, war ein heiliger, und so entstanden schon im Kindesalter der Menschen jene Tempel, reich an symbolischer Darstellung derjenigen Eigenschaften, welche man diesem höchsten Wesen beilegte, und es wurde die ganze Kraft der Nation auf den Bau dieser Heiligthümer verwendet, deren gewaltige Ruinen noch jetzt unsere Bewunderung und unser Erstaunen erregen. Am meisten fällt dies bei den Indiern und Aegyptern auf, denn diese scheinen für die Ewigkeit, oder doch für das Bestehen der jetzigen Welt gebaut zu haben. Ein einziges Monument dieser Art beweist, daß die Indier und Aegypter, mindestens ihre Priester, bereits vor Jahrtausenden, wo andere Völker noch in Erdhütten oder in Höhlen wohnten, auf einer hohen Stufe der Cultur gestanden haben müssen. Während die Aegypter dem Princip des Guten, ihrem Osiris, nur das Princip des Bösen, den Typhon, entgegensetzten, entstand durch den Zauber der Poesie bei den Griechen die Vielgötterei, und daher giebt uns die Tempel-Architektur die sichersten Aufschlüsse über die Religion und die Sitten der Völker. Eine genauere Betrachtung der Baudenkmäler zeigt, daß einige Nationen ihre charakteristische Bauart streng beibehielten, während andere, indem sie einiges Architektonische von andern entlehnten, dennoch ganz eigenthümliche Details erfanden. Diejenigen Völker, welche ihre Bauart aus mehreren andern zusammensetzten, waren die, welche in den früher cnltivirten Theilen Italiens wohnten.
Nach diesen allgemeinen, sich auf Baustyle beziehenden Bemerkungen, wollen wir aber nicht allein eine Geschichte der Baukunst, sondern auch die wichtigsten Epochen in der allgemeinen Entwicklung der Völker an unfern bildlichen Darstellungen zeigen, um zu sehen, wie diese Völker der Aufgabe, die ihnen ein großer unerforschlicker Geist ans unserem Erdball seit Jahrtausenden gestellt, entsprochen baden.