Das Verdienst derjenigen aber zu würdigen , welche auS Selbstsucht und Engherzigkeit ihr eigenes Vaterland in eine so hülflose Lage versetzen , und diejenigen zu Fremdlingen machen konnten , welche durch die Stimme der Natur berufen sind , Brüder zu sein , bleibe der rächenden Geschichte Vorbehalten ! Wenn freilich noch bei manchem wackern Schweizer die Täu¬ schung obwaltet , als ob die Schweiz durch den Bundesvertrag und durch die Tagsatzung vereinigt , als ein Staat dastehe , so ist ihm diese Täuschung , da sie mrs einer edlen Quelle herrührt , wohl zu verzeihen ; es ist daS Nationalgefühl , das ihn verleitet , sei » Vaterland " in demjenigen Zustande zu sehen , in dem es ver¬ nunftgemäß sein sollte , leider aber nicht ist . Doch ein nur flüch¬ tiger Blick auf unsere staats - und völkerrechtliche Gestaltung muß ihm die Augen öffne » . Vergesse er doch nie , daß jeder Kanton als völlig unabhän¬ giger Staat , mit selbstständiger Verfassung und Gesetzgebung , und abgesonderter selbstherrlicher Staatsverwaltung da steht , mithin den übrigen Kantonen seinem ganzen Staatswesen nach fremd ist . Umsonst aber setzt er sein Vertrauen in den Bun¬ desoertrag , als ob er die Kantone zu einem engen , freundschaft¬ lichen Verhältnisse und gemeinsamem Wirken vereine . Denn der Bundcsvertrag ist nicht jenes feste Band , das mit rechtlicher und physischer Nothwcndigkeit die Glieder einer unter einem StaatSwesen und den nämlichen Gesetzen vereinigten Na¬ tion zusammenhält ; er ist nur eine jener völkerrechtlichen Ver¬ bindungen , welche , auf bloßen Verträgen beruhend , von dem guten Willen und der Bereitwilligkeit unabhängiger Staaten , sich gegenseitig ihr gegebenes Wort zu erfüllen , ihre Kraft herneh¬ men , und welche oft nur dazu dienen , einen Staat zu verleiten , daß er auf den Beistand anderer baue , um hernach im Falle der Nvth desto verlassener und hülfloser da zu stehen . Welche Bürgschaft gewährt denn der Bundcsvertrag , daß nicht einzelne Kantone , von entgegengesetztem Interesse geleitet , oder aus Engherzigkeit sich der Ausübung ihrer Bundespflichten entzicbcu , und welM sie ^ sich der ^ Vollzieyung der gefaßten Be , schlösse widersetzen , durch welche Zwangsmittel wird man sie dazu anhaltcn ? UcbcrdicS hat ja gerade der Hauptinhalt des Bundes blos den Zweck , den Kantonen ihre Unabhängigkeit , Gebiet und Ver¬ fassung zu gewährleisten und zu schützen , mithin den Zustand der Getrenntheit noch fester zu begründen und sicher zu stellen . Wen » der Bundcsvertrag einige freisinnige Staatsgrundsätze anfstellt , welche allem schweizerischen Staatswesen zu Grunde liegen sollen , so gleichen diese ziemlich den frommen Gelübden der heiligen Allianz . * ) Oie andern Rechte , deren Ausübung dem Bunde ausschlie߬ lich Vorbehalten ist , sind nicht hinreichend , um die Trennung einigermaßen zu heben , und durch das Verfahren , welches dabei beobachtet werden muß , ist eine wirksamere Ausübung derselben beinahe zur Unmöglichkeit geworden . Denn damit über einen Gegenstand ein cidsgcnössischcr Beschluß gefaßt werde , ist immer erforderlich , daß sich vorher die gesetzgebenden Behörden aller Kantone versammeln , um darüber ihren Willen auszusprechen und ihren Gesandten . Vorschriften zu ertheilcn , und erst dann beginnt die endlose Verhandlung auf der Tagsatzung . Durch dieses schleppende Verfahren , durch Unschlüssigkcit und bösen Willen der Die Bestimmung des Dundesvertcags , daß in den Kantonen keine Untertbaiiem ' - ehalenisse zwischen verschiedenen Landestheilc » stattfindcn sollen , ward durch die schlechten Vertretungen , die den Kantonen gegeben wurden , größtenkheilS umgangen , denn Städtearistokcakien waren ihrer Wirkung nach nicht viel besseres als eigentliche Unker - khanenverhältniffe . Kantone gehet gewöhnlich , sollte zuletzt auch ein Beschluß zu Stande kommen , die zum Handeln bestimmte Zeit verloren . Dazu kömmt , daß keine Oberbehörde bestellt ist , welche das Recht hätte , die Angelegenheiten des Bundes regelmäßig vorzu « berathen , und den Kantonen bestimmte Anträge vorzulegen , worüber diese nur ihre entscheidende Stimme abgeben dürsten , ( Initiative ) , sondern daß vielmehr jeder Kanton seine eigenen Vorschläge macht . Kann es daher anders sein , als daß diese oft so verschiedenartig und unvereinbar ausfallen , daß ein Beschluß durch Mehrheit der Kantonalstimmen gar nicht möglich ist ? Der eine Kanton sendet Kraut und der andere Rüben , der dritte Knoblauch und der vierte Zwiebeln ; und am Ende des Liedes wird gefragt , mit welcher Sorte die Tagsatzung von der Endlich beruht gerade diese Bestimmung , welche als haupt¬ sächlichster Vereinigungspunkt der Kantone die glänzende Seite des Bundesvertrags sein soll , diejenige nämlich , wonach der Bund über die ihm ausschließlich vorbehaltenen Rechte Beschlüsse durch die Mehrheit der Kantonsstimmen fassen soll , auf dem offenbar¬ sten Unrecht , denn es müßte hierzu , sind anders diese Rechte von Wichtigkeit , nothwendkg verhältnismäßige Vertretung der Kantone gefordert werden ; und es ist durchaus vernunftwidrig , wenn auf einem Kongresse durch die Gesandten unabhängiger Staaten , deren der eine über zwanzigmal größer ist als der andere , Beschlüsse durch Stimmenmehrheit gefaßt werden , die für alle diese Staaten verbindende Kraft haben sollen . Der einzige rechtlich mögliche Weg , auf welchem die Tagsatzung gemeinsame Maßregeln beschließen kann , ist daher derjenige des Vertrags oder Coneordats . > — Eben dieser Weg des Vertrags bleibt nun auch wirklich für solche Uebereinkünste allein übrig , welche zwischen den Kantonen hinsichtlich aller andern , als die dem Bunde aus¬ schließlich vorbehaltenen Gegenstände getroffen werden sollen . Wenn daher eine dringende Nothwendigkeit die Kantone auffor¬ derte , über mehrere Hoheitsrechte eine gemeinsame oder wenig¬ stens übereinstimmend ? — Stadtverwaltung — etnlketen zu ' lassen , in Beförderung des Handels und Verkehrs auf eine kräftige und entgegenkommende Weise zusammen zu wirken , den beiderseitigen Staatsbürgern alle möglichen Begünstigungen zu gewähren und dieselben in ihrem Verhältnis zu einander zu nähern und glcich - zustellen , wenn endlich gar in die Gesetzgebung mehr Ueberein - stimmuug gebracht werden sollte , so konnte dies nur dadurch ge¬ schehen , daß über diese Angelegenheiten allgemeine Staatsver¬ träge geschlossen wurden . Allein die Erfahrung hat gelehrt , daß , eine übereinstimmende Maßregel der Verkommniß der Tagsatzung anheim zu stellen , fast eben so viel ist , als dieselbe von Anfang nicht zu wollen ; es ist auch das schweizerische ack relerenckum bekanntlich nicht minder berüchtigt , als dasjenige des ehemaligen deutschen Reichstages , oder das alt - polnische velo ; möchte doch unserm Vaterlande daS Glück beschicken sein , daß es bald seine Lage erkenne , und zur eigenen Hülfe sich ermanne , bevor auch ein ähnliches Schicksal es erreicht . Daß auf dem Wege des Vertrags nie eine fortdauernde blekcreinstimmung in der Staatsverwaltung der Kantone eintre - tcn werde , liegt in der Natur der Sache . Denn hiezu müßte vorerst die Möglichkeit vorhanden sein , daß 22 Staaten , in welchen immer die verschiedensten Grundsätze , und sehr entgegen¬ gesetzte Interessen vorwalten , überhaupt nur eines Willens sein können . Und wenn wir die Regierungen der Kantone öfter und schneller mit fremden Staaten einverstanden sehen , als unter sich selbst , so kann uns dies von ihnen nicht befremden , die , weil sie sich innerhalb ihrer schmalen Grenzen kaum zu wenden vermö - |