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Es war kein Gefecht mehr, nur ein Gemetzel: auch die sich auf Zusicherung des Lebens ergeben hatten, wurden trotz der Zusage niedergehauen: bald stand kein Mann mehr aufrecht in dem Kirchhofe von Sendling.
Gauthier lag, an der Mauer gelehnt, im Sterben; ein Lanzenstoß hatte ihm die Brust durchbohrt; der Chevalier mitten unter den Bauern, die als Ritter gekämpft unb ausgehalten hatten — bis in den Tod. Im Sterbekrampfe, wie willenlos hob sich seine Hand nach der verwundeten Stelle ... er fühlte das verhängnißvolle Schreiben des Kurfürsten . . . und zog es hervor. Hülle und Umschlag waren vom strömenden Blute erweicht, das Siegel gebrochen . . . Er faltete das Blatt auseinander... sein darauf ruhender Blick ward starr und starrer — er versuchte, die brechenden Augen anzustrengen, als müsse es eine Täuschung sein, was sie ihm zeigten . . . dann hob ein schwerer, schmerzlicher Seufzer die Brust . . er sank zusammen ... das Blatt entfiel der sterbenden Hand in den Schnee.
In diesem Augenblick blitzte die Sonne des Weihnachtsmorgens empor über dem leichenbesäten, blutgetränkten Schneegefilde . . . von der Stadt her ertönte feierliches Glockengeläute und rief zu Gebet und Gottesdienst in allen Kirchen — aus dem Kirchhofe hörte Niemand mehr den Rilf: sie ruhten aus, denn sie hatten wacker geholfen, sie mitzufeiern — die Mordweihnacht von Sendling.
