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10. und letztes Kapitel.
Sas Menfchenherz in seiner Schwäche.
Die Jahre des Kummers und des Leides gehen vorüber, wie die des Glückes und der Freude; über den Gräbern Jener, die im blutigen Kampfe gefallen, Freund und Feind friedlich nebeneinander ruhen, zieht die milde Mutter Natur schon im nächsten Frühjahre die grüne Rasen-Decke, gestickt mit tausend bunten Blumen, um welche der Falter gaukelt und welche von spielenden Kindern gepflückt werden, die sich gar nicht mehr daran erinnern, daß hier im vergangenen Jahre auf Leben und Tod gekämpft wurde.
Und auch die Erwachsenen, die Alten vergessen nur zu rasch auf das namenlose Elend, das der mcnschenmordendc Krieg im Gefolge führt; wie ein böser Traum tritt das erduldete Elend in's Grau der Vergangenheit zurück, höchstens noch an dem Gedenktage einer blutigen Schlacht wird man durch die Zeitungen daran erinnert, daß heute vor soviel Jahren jenes Entsetzliche geschah, das dem Weibe den Gatten, den Kindern den Vater, der Mutter den Sohn, der Braut den Bräutigam gemordet. Denn bliebe den Völkern die Erinnerung