Vorwort.

§8enn Juvenal in bitterem Ingrimm von den scheuß­lichen Gebrechen seiner Zeit mit kühner Faust die bergende Hülle riß, und den staunenden und erschreckten Menschen Bil­der vorführt, von denen man sich nicht selten mit Abscheu und Ekel wegwendet: so mochte der Uebersetzer des schonungs­losen Satirikers nicht durch verschönernde Wendungen diesen eigenthümlichen Zug seines Vorbildes vernichten. Spottend will der Satiriker seine Zeit heilen; lachend und verhöhnend sagt er die Wahrheit, und darf nichts übergehen, nichts ver­schweigen, nichts ungeprüft lassen, noch als gewissenhafter Arzt den Anblick eiternder Wunden scheuen; sein Zweck ist, Thorheit und Laster ganz verächtlich zu machen, und kühne, derbe, unverstellte Sprache im Verein mit tiefeindrin­gender Philosophie und helllcuchtendem Witze sein Mittel. Kein Wunder also, wenn Juvenal oft das zartere Gefühl unserer gebildeten Welt beleidigt!

Vorliegende Uebersetzung soll eine deutsche, wo mög­lich treue, Nachbildung in gefälliger Form sein; doch weder für den Putztisch lüsterner Weiber, noch für die Unter­haltung von Lesern gearbeitet, welche die Bücher nur als Mittel zu flüchtigem Genuß zu betrachten gewohnt sind; viel-