10
§ 1. Problem und Stellungnahme.
5. Das BGB. hat die Grundsätze der Gesetzesauslegung nicht festgelegt, sondern ihre Ermittlung der Rechtsentwicklung überlassen. Wir haben ein legislatives Blankett vor uns, das wir gemäß der vertretenen Grundanschauung dadurch auszufüllen haben, daß wir die denkbaren Verfahrensformen ins Auge fassen und auf ihre Interessen Wirkung, auf ihren Lebenswert prüfen.
Bei der Einzeluntersuchung soll nach Möglichkeit versucht werden, die zusammengesetzten Denkoperationen der Gesetzesauslegung auf die einfachen Vorgänge zurückzuführen, die wir bei anderer Gelegenheit und namentlich im Alltage vollziehen 27a ). Solche Reduktionen und Parallelen sind geeignet, die Selbstbesinnung zu fördern und ermöglichen es, die ungezählten Erfahrungen des Alltaglebens über die Brauchbarkeit bestimmter Verhaltensmethoden für die umstrittenen Probleme zu verwerten.
Die Auslegung des Gesetzes ist ein dienender Teilakt in dem Gedankenprozesse der richterlichen Fallentscheidung und von den Endzielen und den Bedingungen dieser Gesamttätigkeit abhängig. Deshalb soll eine Würdigung der richterlichen Fallentscheidung nach den Grundsätzen der Jnteressenjurisprudenz den Ausgangspunkt der Untersuchung bilden (§ 2). Diese Erörterung ist etwas Gesichtspunkte zu verkennen, die bei der Auslegung eingreifen. Für unser Problem ist die Verschiedenheit so groß, daß sich die Trennung empfiehlt; vgl. § 8 Anm. 121.
27) Das alte Dogma error suris nocet hat früher die Grundsätze der Gesetzesauslegung zugunsten der objektiven Deutung beeinflußt. Das Dogma ist auf dem Gebiet des Privatrechts verschwunden und deshalb ist heute die getrennte Behandlung der beiden Probleme möglich und wegen ihrer inneren Verschiedenheit geboten, vgl. § 8 N. 2. Den Beschlüssen des 3. deutschen Richtertags, welche die Beseitigung des Dogmas für das Strafrecht anstreben, kaM ich nur beistimmen.
27°) Einen Vorgang bietet S. Schein, Unsere Rechtsphilosophie und Jurisprudenz 1889.