Nr 21

KOLONIE UND HEIMAT.

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Vom Deutschtum im Zustande. San Bernardino.

N ach mehrmonatlichem Umherstreifen in den Urwäldern Brasiliens und den Pampas Argentiniens hatte uns unser Weg Anfang November 1900 nach Assuncion, der Haupt­stadt von Paraguay, geführt, von wo aus wir nun auch das schöne Land der Guarani kennen lernen wollten. Ha.ten wir auf unsrer Reise schon wiederholt Stätten deutschen Fleisses und deutscher Intelligenz beobachten dürfen, so war es jetzt für uns besonders interessant, auch in Paraguay eine deutsche Kolonie zu

Eine deutsche Siedlung in Paraguay. Reiseerinnerung von R. Eltz.

Globetrotters dornenvoller Pfad geführt. Freund­liche Häuser, saubere Läden, gut gehaltene Wege und Strassen: kurz, man fühlt sich sofort ganz heimisch und wundert sich weiter gar nicht, so weit von der Heimat entfernt überall der deutschen Muttersprache trauten Laut zu vernehmen. Trotz des durchaus fruchtbaren Bodens, der in seiner über­wiegend roten Färbung in Verbindung mit der üppigen subtropischen Vegetation lebhaft an Ceylon erinnert, ist San Bernardino keine ei-

Getreide und Gemüse angebaut. Jedoch sind mit subtropischen Pflanzen recht günstige An­bauversuche gemacht worden: Kaffee, den speziell ein Oesterreicher erfolgreich kultiviert, und Zuckerrohr, aus dem der beliebte Cana, ein rumähnlicher Schnaps, gebrannt wird. Sind also vorerst auf landwirtschaftlichem Gebiet hier noch keine Schätze zu sammeln, so hat man doch den Eindruck, dass es den meisten Kolonisten gelungen ist, sich zufriedenstellende Lebensbedingungen zu schaffen. So mancher Vertreter klangvoller deutscher Namen, der in der Heimat den Kampf im Erwerbsleben nicht aufnehmen wollte oder konnte, hat hier ein zu­sagendes Arbeitsfeld, ein gemütliches Heim, ein geachtetes Dasein gefunden. Und dass man auch auf manche Annehmlichkeit, mit denen der Deutsche sein Leben auszuschmücken liebt, nicht zu verzichten braucht, dafür sorgen Vereine und Institutionen, sorgt nicht zum wenigsten auch eine richtiggehende deutsche Bierbrauerei. Wie sehr die Ansiedler an ihrer alten Heimat hängen, wie stolz sie auf ihr Deutschtum sind, davon gibt die Bismarck­höhe auf unserm Bilde erfreuliches Zeugnis.

Ganz wundervoll ist die nähere und weitere Umgebung der Kolonie, die wir zu Fuss und auf flotten kleinen Pferden mehrere Tage durch­streiften. So ist es denn kein Wunder, dass die auffallend herrlicheLage inwaldreichen Bergen, am blauen Seegestade, schon die Aufmerksam-

Blick auf den Ipary-See.

besichtigen: San Bernardino. In Beglei­tung des liebenswürdigen deutschen Konsulats­verwesers Freiherrn von Wangenheim fuhren wir an einem prächtigen Frühjahrsmorgen mit der Eisenbahn der damals einzigen in Paraguay

gentliche Acker­baukolo­nie ge­worden,

Die Bierbrauerei in San Bernardino.

keit weiterer Kreise auch Argentiniens auf San Bernardino als Erholungsort gelenkt hat: eine vielversprechende Aussicht für die Zukunft. Besonders wenn einmal das reiche Land dem Weltverkehr ordentlich erschlossen ist. Wir können nur wünschen und hoffen, dass unsre Landsleute drüben in San Bernardino wie bisher treu an ihrem Deutschtum festhalten mögen.

San Bernardino vom See aus.

zu dem ungefähr vier Meilen von Assuncion ge- und hieran legenen Iparay-See, an dessen Ostufer San sind wohl in Bernardino liegt. Eine halbstündige Dampfer- erster Linie fahrt durch die blauen Fluten des grossen, die wenig sagenumrauschten Sees und vor uns liegt an. günstigen romantischem Berghang entzückend in tropisches Verkehrs-

Grün gebettet San Bernardino. In dem behag- verhält- lichen, von einem fröhlichen Rheinländer ge- nisse des haltenen Hotel del Lago unterrichteten wir uns abgelege- zunächst während des- Frühstücks über Ent- nen Gebiets stehung und Entwicklung der Kolonie, die dem schuld, die deutschen Fleiss, den kolonisatorischen Fähig- ein mehr- keiten des Deutschtums, wie an vielen andern maliges

Orten Südamerikas, ein glänzendes Zeugnis Umladen

ausstellt. erforder-

Anfang der achtziger Jahre des vorigen lieh machen. Jahrhunderts von deutschen Kolonisten ge- So werden gründet, hat sich hier ein Gemeinwesen ent- denn im all­wickelt, das durch Ordnung und Sauberkeit in gemeinen angenehmem Gegensatz zu den meisten Plätzen nurfüreige- steht, zu denen uns in jenen Monaten des nen Bedarf

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Die Bismarckhöhe bei San Bernardino,