KOLONIE UND HEIMAT.

Nr. 22

Phot.Vincenti,

Daressalam.

Kokospalme mit abnormem Wuchs (Ostafrika).

V on unsrer Vorstellung der Tropen ist die Palme untrennbar. Sie ist für uns das Symbol der Fruchtbarkeit, des üppigen Landes, da Milch und Honig fliesst. Meist sind es Küstengegendeil, die uns vorschweben, und die Palme, die uns dort, in Afrika, wie in der Südsee, vorwiegend entgegentritt, ist die

Kokospalme mit Blüte und Fruchtansatz.

Kokospalme. Sie spielt in der Tat im Leben des Menschen eine überaus wichtige Rolle. Zuerst in dem der Bewohner tropischer Ge­biete. Ihre Bedeutung geht auf vielen Inseln der Südsee so weit, dass sie allein Nahrung, Kleidung und Behausung den Bewohnern liefert. Die sogenannte Milch, das Fruchtfleisch, die Blätter, die Fasern der Fruchthülle, sind fast alles, was vielen Tausenden von Eingeborenen der Südsee zur Erhaltung ihres Lebens zur Verfügung steht, und wenn der Bestand an Kokospalmen einer kleinen Insel durch Natur­ereignisse vernichtet wird, so sind die Menschen zur Auswanderung gezwungen.

Sehr hübsch wird die Bedeutung der Kokos­palme beleuchtet durch die folgende Sage aus Neu-Mecklenburg, die dem soeben eingetroffe­nen neuesten Bericht der deutschen Südsee- Expedition (siehe unsern Artikel in Nr. 21) zu entnehmen ist:

Erzählung von der Entstehung der Kokospalme. Es war einmal ein Mann, der hiess Tom Sosotala und war sehr faul. Eines Tages sagte sein Bruder zu ihm:Tom Sosotala, komm, wir wollen aufs Feld zur Arbeit gehen. Ach, antwortete dieser,ich gehe lieber Fische speeren. Die anderen gingen aufs Feld, er

Die tfokospalme. Jhre Jfuitur und Nutzbarmachung.

speerle Fische, und als die anderen am Abend heimkamen, sprach er zu ihnen:Habt ihr nichts für mich zu essen? Sie gaben ihm aber nichts zu essen, sondern nur Wasser zu trinken. Er war sehr hungrig. Er nahm eine Fackel (aus dürren Blättern), zündete sie an und ging in die Nacht hinaus. Er band sich die Fackel um den Kopf und grub nach wilden Süss­kartoffeln. Das Feuer der Fackel fasste sein Haar, und er verbrannte. Sein Bruder war hinter ihm drein gegangen und suchte ihn, fand aber nur noch seinen Kopf. Der sprach zu ihm:Vergrabe den Kopf bei deiner Hütte, du wirst ein Blatt (das Keimblatt) hervor­sprossen sehen. Zäune mich ein, damit andere mich nicht sehen, ich werde wachsen, habe Geduld, ich werde Früchte tragen. Sieh nach mir, zerbrich, meine grüne Hülle, du kannst mich (das heisst die Kokos milch) trinken, zerschlage mich und du kannst mich

essen I-

Die Kokospalme hat eine ungeheure Ver­breitung, sie kommt fast in allen tropi­schen Ländern vor, also auch in den meisten unsrer Ko­lonien, und die aus ihr gewonne­nen Erzeugnisse gehören wohl zu den verbreitet­sten Produkten auf dem Welt­markt. Allerdings ist die Kokospalme an die der Küste nahe gelegenen Ge­bietegebunden,dasie ein sehr gleichmässi- ges Klima braucht, um gedeihen zu können.

Der schlanke Stamm dieser Palme erreicht eine Höhe von 25 30 Meter bei einem Durchmesser von nur 2540 Zentimeter. Die Krone besteht aus 2025 gefiederten bis zu 6 Meter langen, meterbreiten Blättern, wie aus unsern Bildern deutlich zu ersehen ist. Die Fruchttrauben entsprossen dem Stamme da, wo die Blätter sitzen, in deren Winkeln. Die einzelnen Früchte erreichen Kopfgrösse oder übertreffen sie. In unreifem Zustand ist die Kokosnuss angefüllt mit einer wasserhellen süsslich-säuerlichen Flüssigkeit, derKokos­milch, welche mit zunehmender Reife eine weiche, weisse Masse an der holzigen innern Fruchthülle ab- . setzt, die dann all­mählich zu ei- V I nem nusskernartigen

Fleisch erhärtet \ ®| Dieser hohlkugelar­tige Kern ist das \ Ri Hauptprodukt der Palme Die zer- ^Ufii schnittenen und ge­

trockneten Kerne nennt man Kopra. Seit die moderne Industrie ihren gewaltigen von Jahr zu Jahr zunehmenden Bedarf an Pflanzenfetten nicht mehr aus den in Europa gewonnenen Oelen und Fetten zu decken vermag, hat man in über­seeischen Gebieten Ersatz gesucht und nament­lich in der Kopra-Palme einen ungemein wert­vollen Fettlieferanten gefunden. Die Kokos­palme übertrifft an Bedeutung in mancher Hin­sicht alle übrigen Oele und Fette liefernden tropischen Pflanzen, so die Oelpalme, Erdnuss, Sesam, Rizinus, Baumwollsamen etc. Besonders wichtig ist es, dass das in der Kopra ent­haltene Fett nur sehr langsam ranzig wird.

Die Urheimat der Kokos* palme scheint Ame­rika zu sein. Von da aus hat sie sich über die ganzen Tro-

Phot.Vincenti.

Kokos-Saatbeet in Deutsch-Ostafrika.

pen, besonders über die Küsten des Grossen und des Indischen Ozeans verbreitet. Eigentlich wildwachsende Kokospalmen hat man noch nie angetroffen. Unter dem Einfluss der starken Nachfrage nach Kopra haben überall Eingeborene und Europäer Neuanpflanzungen ausgeführt. Zunächst einige Worte über Kultur und Wachstum des Baumes, wobei wir den Angaben des Lehrbuchs von Professor Fesca: Der Pflanzenbau in den Tropen und Subtropen (Verlag von W. Süsserott, Berlin), folgen: Die Kokospalme verlangt reichliche

-

Längsschnitt durch reife Kokosnüsse, oben keimende Nüsse.

Phot. Tattersall, Apia.

X