I. Jahrgang

Romanbeilage zuKolonie und Heimat

Nr. 5

Der ){err in ^fri^a.

Sin Jfolonial-Vornan von

Alfred Fun/fe.

Inhalt der vorhergehenden Nummern: Sultan Simba von Usani hat ein Dorf in der Nähe der Station Ha'tajua überfallen lassen. Der Stations­chef Hauptmann v. Einz ist ausgerückt, um ihn zu züchtigen. Unterwegs hatte er einen Zusammenstoss mit dem Feinde. Hauptmann v. Binz, der mit Ungeduld Verstärkung von der Küste erwartet, kann die Verfolgung nicht for,setzen, kehrt nach Hattajua zurück und fordert durch einen Boten den Sultan auf, sich sofort in Hattajua zum Verhör (Schauri) zu stellen.

(4. Fortsetzung.) .

Drittes Kapitel.

Der Sultan Simba.

Gerichteten rollte auf den harten Boden. Den Körper des Enthaupteten schleiften die beiden Wächter aus dem Tore der Tembe seitwärts ins Gebüsch; den Kopf spiessten sie auf eine neue Stange und pflanzten sie hinter dem Zaune auf.

Noch zweimal senkte sich der Speer in der Hand Simbas, zweimal warf sich ein Häuptling auf den Boden und schritt hinaus zum Richt­platz, dann stand Simba auf, und das schreckliche Gericht war zu Ende.

er Angeredete warf sich demütig auf den Boden, be­rührte ihn mehrmals mit der Stirn, führte die Hand an Mund und Stirn, wandte sich an die Rats­versammlung und verkündete:

Simba, unser Herr, spricht: ich habe meine Leute wider die Deutschen gesandt, Kurene ist zer­stört, aber noch sitzen die Fremden in ihrer Borna zu Hattajua. Simba wird sie angreifen und verjagen, sobald es ihm gut dünkt.

Ein ohrenbetäubender Lärm erhob sich im weiten Hof der Tembe; mit jauchzendem Zuruf stimmten die Krieger dem Willen ihres Herrn zu. Als sich die Rufe gelegt hatten, liess der Herrscher den Blick prüfend über die Menge gleiten, wechselte noch einen schnellen Blick mit dem Araber Soliman und sprach:Aber ich werde nicht in den Krieg gegen die Deutschen ziehen, ehe ein Unrecht gut gemacht ist. Ihr wisst, ich bin am Grabe des verstorbenen Sultans Kibengi, meines Vaters, gewesen, um Dawa 2 ) zu machen, und im Traum hat er zu mir gesprochen.

Der Versammelten bemächtigte sich jäher Schrecken, denn es war für sie ein übles Zeichen, wenn der Furchtbare träumte. Kein Wort sprachen sie, und wenn auch die Lippen geschlossen blieben und jeder gleichmütig dreinzuschauen versuchte, so klopften die Pulse doch schneller, denn sie wussten, dass sie in wenig Augenblicken den Schritt in den Abgrund des Todes machen konnten.

Ein eisiges, schauriges Schweigen lag über der Versammlung. Selbst Mtaki, der Bruder des Sultans, sah still vor sich hin, denn auch das gemeinsame Blut in den Adern schützte ihn nicht vor dem Streich des Henkers, wenn es dem blutdürstigen Tyrannen dort auf der Kitanda gefiel. Mtaki war keiner von den Toren, welche jeden Traum des Herrschers für eine unerbittliche Offenbarung des Schicksals ansahen und ohne Murren den Nacken dem Schwerte des Henkers boten und ihren Kopf auf die Stange am Zaun spiessen Hessen. Er hatte es längst durchschaut, dass diese Träume nichts weiter waren als bequeme Gelegenheiten für den Herrscher sich derer zu ent­ledigen, die ihm gefährlich oder unbequem dünkten. Wie, wenn er den Verkehr Mtakis mit den Deutschen in Hattajua anders auslegte? Ein leiser Schauer kroch dem Bruder des Sultans über die Haut, er wusste, dass eine Sekunde des Misstrauens, eine böse Einflüsterung dieses Soliman bin Kassim, der das Ohr des Sultans besass, genügte, um den Faden seines Lebens zu zerreissen.

Simba fuhr fort zu reden:Mein Vater hat mir offenbart, dass er neue Diener gebraucht, und ich will sie ihm senden.

Kein Laut des Erschreckens oder der Ueberraschung antwortete ihm. Still standen seine Häuptlinge, die er näher heranwinkte. Mit elastischen Schritten traten sie näher; auf eine Bewegung seiner Hand hockten sie vor ihm nieder, während er in ein tiefes Nachdenken ver­sunken zu sein schien. Seine Rechte hatte einen reich geschmückten Speer gefasst, den ihm ein Trabant reichte. Dann sass er in sich gekehrt mit halbgeschlossenen Augen; kein Wort kam von seinen Lippen, kein Laut regte sich auf dem Hof, alles schwieg vor dem Tode, der im Kreise stand und sein Opfer bereits gewählt hatte.

Minutenlang verharrte der Sultan schweigend, dann bewegte sich plötzlich die Spitze des Speeres in seiner Hand, sein Blick wurde wieder voll und gross, und er berührte mit dem Spcere den Kopf eines Höflings, der vor ihm sass. Ein leises Zucken durchlief dessen Körper, dann erhob er sich, warf sich vor Simba zu Boden, stand auf und schritt, gefolgt von zwei Leibwächtern, auf den äusseren Hof.

Dort, in einem Winkel vor dem Zaun, harrte bereits der Henker. Willig kniete der dem Tode Geweihte vor ihm nieder, der Kopf des

Auch Mtaki atmete auf. Er wusste, warum gerade diese Drei den Kopf lassen mussten. Sie sassen gleich ihm näfur an der deutschen Station, und Simba, der ewig Argwöhnische, traute ihnen nicht unbedingt. Hatten sie nicht Arbeiter gestellt zum Bau der deutschen Borna? Mtaki, der Schlaue, hatte vorher bei Simba angefragt und ihm sagen lassen:Ich sende Leute zu den Deutschen, um ihren Bana Mkuba zu täuschen, ich werde ihn zu meinem Freunde machen, um ihm desto sicherer das Seil um den Hals zu werfen. Und Simba hatte den Plan gut geheissen. Jene Drei aber waren dem Beispiel Mtakis gefolgt, ohne Simba erst zu fragen. Und dieser hatte sich gescheut, sie zu töten, nur weil sie getan, was sein Bruder auch getan hatte und weil er den Aufruhr ihrer Krieger fürchtete. Da musste der Aber­glaube das letzte Werk tun.

Als die Leiber der Enthaupteten durch die harrende Menge ge­schleift wurden, ging durch das versammelte Volk ein Schauder. Ein unbestimmtes Gerücht war durch die Dörfer gelaufen, dass der Geist des verstorbenen Sultans seinem Sohne Simba erschienen war. War der tote Kibcnge ermordet? War er heimlich durch Gift aus dem Wege geräumt? Dann wehe dem ganzen Volke!

Dfe Alten wussten noch zu erzählen von der Giftprobe, die Kibenge gehalten hatte, als der Geist seines Vorgängers erschienen war. Der war am unmässigen Trunk zu Grunde gegangen, weil er Tag und Nacht nicht aus dem Rausche erwacht war. Aber Kibenge hatte er­klärt, dass der grosse Sultan durch Gift ins Jenseits befördert sei, und

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ÄSsffiB

2 ) Arznei, Zaubermittel.

Posten vor der Station.