I. Jahrgang
zu
Nr. 8
„Kolonie und JCeimat“
An unsere Leser!
7 ,, unserm grossen Bedauern müssen wir den verehrten Lesern mitteilen, dass wir gezwungen sind, die Veröffentlichung des Kolonialromans „Der Herr in Afrika“ von Alfred Funcke vorläufig einzustellen. Der Verfasser hatte sich verpflichtet, uns einen Original-Roman zu liefern; er hat aber, wie von einem anderen Verlag behauptet wird, aus einem schon früher von ihm verfassten und bereits als Buch erschienenen Roman, ohne dass wir eine Ahnung davon hatten, einzelne Stellen in unseren Roman fast wörtlich übernommen. Die erforderlichen gerichtlichen Schritte haben wir bereits eingeleitet.
Wir beginnen daher heute mit dem Abdruck eines anderen, äusserst spannenden Romans „Am Spieltisch des Glücks“ von Heinz Bening. Der Schauplatz des Romans sind die ehemaligen Buren- Republiken und das Kapland während der spannendsten Zeit der Entwickelung des durch seine Goldminen bekannten „Randes“. Der Verfasser, welcher jene Zeiten an Ort und Stelle durchlebte, hat mit offenen Augen Land und Leute studiert und entrollt seinen Lesern von Anfang an ein ausserordentlich wirkungsvolles, wahrheitsgetreues, packendes Bild der damals dort herrschenden Verhältnisse.
Um unsere geschätzten Leser möglichst rasch in die Handlung des neuen Romans einzuführen, geben wir heute schon der Roman-Beilage einen Umfang von acht anstatt vier Seiten.
Verlag und Schriftleitung von „Kolonie und Heimat.“
9 f / 9 f f / r-n ^ r I ** I Original-Poma
7\m jfpislnscn des blud(s.
I. Kapitel.
Jm J^and^lub zu Johannesburg.
latsch, nichts als Klatsch, Mr. Newman! Ich sage Ihnen, die Beiden denken nicht an Versöhnung, denken nicht an Fusion; da mag Madame Barska noch so fein ihre Fäden spinnen, das Gewebe kriegt sie nie zu-ammen. Der sehr ehrenwerte S. P. Krüger kann ruhig weiter schlafen!“ Der lange Oberst klemmte sein Monocle ein und warf seinem Gegenüber einen ironischen Blick zu.
„Was schert mich Krüger, was schert mich das ganze Pretoria!“ polterte Newman. „Hier geht’s nur um meine Börsenengagements; bin nicht gerne das Versöhnungsopfer —“
„Und werden es nicht sein. Sieht der Alberts da drüben aus, als ob er Sorgen hätte? Und die müsste er doch wohl haben, schlimme Sorgen sogar, sollte er sich zu einem Uebereinkommen mit Herrn Benje Benoni bequemen, den er wie die Sünde hasst.“
„Tjät! Tjät!“ Newman machte eine cynische Gebärde. „Nicht ausstehen! Die Wissenschaft des deutschen Barons ist nicht ohne Eindruck auf unsern guten Alberts geblieben. Er hat seinerzeit den Langenbrück selbst in Deutschland engagiert, weiss, dass die ganze deutsche Geologie auf ihn schwört, und hat am eigenen Leibe eifahren, dass der Baron sich lieber die Finger abbeisst, als dass er seinen guten Namen für eine faule Sache hergibt.“
„Ein sonderbarer Kerl, dieser Langenbrück,“ brummte Oberst Grant nachdenklich. „Habe ihn übrigens gestern kennen gelernt und kann nicht anders sagen, als dass er mir recht sympathisch ist. Scheint mir in den Johannesburger Cancan zu passen wie ein Mönch in die Alhambra!“
„Oder wie ein englischer Offizier in den Randklub!“ dachte Mr. Newman, aber er behielt diesen Vergleich, zu dem ihn die schwerfällige Grandezza des Obersten angeregt, wohlweislich für sich.
„Verstehen Sie nun eigentlich die Theorie genau, mit der er hier schon seit beinahe zwei Jahren alle Welt in Atem hält? Ich kann mich durch den Wust von geologischer Gelehrsamkeit noch nicht recht durchfinden!“
„Ich als Gelehrter.“ Dr. Newman warf sich mit selbst
gefälligem Lächeln in die Brust —
„Ich denke, Sie sind Mediziner und nicht Bergfachmann“, schnitt der Oberst die wichtigtuerische Einleitung kurz ab.
„Schadet nichts, darum bin ich doch gewohnt, wissenschafilich zu denken und durch das gelehrte Beiwerk rasch zum Kern der Sache durchzudringen “
„Und wie stellt sich Ihnen dieser Kern dar?“
„Sehr einfach! Die Gruben, welche den Namen des Witwatersrand als des reichsten Goldfeldes der Erde zuerst bekannt gemacht haben, waren durchweg sogenannte Ausbissminen, das heisst: das Erz wurde nur da abgebaut, wo die Goldader dicht an die Oberfläche trat, mit der sie eine Strecke ziemlich parallel lief. Diese Gruben waren zunächst natürlich sehr rentabel, wie das Embonpjint unseres guten Mr. Alberts bezeugt, der sich durch geschickte Kontrakte das Verkaufsrecht auf den kostbaren Grund gesichert hatte.“
Oberst Grant schnitt den Exkurs ins Persönliche mit einer ungeduldigen Gebärde ab: „Warum sagen Sie, zunächst rentabel?“
„Nun, der Abbau konnte mit geringen Kosten betrieben werden. Es waren weder besonders komplizierte Maschinen, noch besonders zahlreiche Arbeitskräfte nötig. Das Gold lag sozusagen offen da. Man brauchte es nur aus dem Gestein zu lösen und fortzuschaffen.“
„Aber?“ Der Oberst folgte dem Doktor mit gespannter Aufmerksamkeit.
„Wie ich schon sagte, verlaufen die Goldadern nur auf eine gewisse Strecke so nahe der Erdoberlläche, dann sinken sie in die Tiefe, wo sie sich mit dem sogenannten Hauptreef vereinigen, dessen Ausläufer sie eigentlich nur sind.“
„Und dieses Hauptreef hat Herr von Langenbrück in seinem Verlauf festgestellt?“
„Sehr richtig! Nachdem er vor dritthalb Jahren seinen Kontrakt mit Alberts gelöst, weil dieser ihm ein fachmännisches Gutachten ,korrigiert' hatte, um es für seine Börsenspekulationen auszunützen, stellte der Ingenieur auf eigene Faust geologische Forschungen an, um ein wissenschaftliches* Werk über die Gesteinsverhältnisse des Witwatersrand zu schreiben.“
„Das ist also der ,Wälzer', der jetzt erschienen ist und auf den Kaffernzirkus gewirkt hat wie ein Tritt in den Ameisenhaufen?“ bemerkte der Oberst.
„Das Buch kam gleichzeitig in englischer und deutscher Sprache heraus. Alle Blätter brachten lange Auszüge, und Mr. Benoni war m t einem Schlage der ,Tip‘ aller grossen und kleinen Optimisten diesseits und jenseits des Witwatersrand — übrigens nur der Optimisten. Die Vorsichtigen haben sich bis heute ängstlich zurückgehalten!“