Nr. 19

I. Jahrgang

>v. Nachdruck verboten. Alle Rechte Vorbehalten.

Afrikanischer ffoman von

Jfeiny ffening.

Inhalt der vorhergegangenen Kapitel: Die vorhergegangenen Kapitel schildern uns den Kampf zweier Goldmagnaten von |ohannesburg um die Vorherrschaft im Anfang der Entwicklung der dortigen Goldindustrie. Einer der Goldmagnaten, Benoni, lehnt die Bestrebungen Cecil Grants, desunge­krönten Kaisers von Südafrika, die Johannesburger Goldindustrie aus poli­tischen Gründen zu einigen, ab. Er entzweit sich aber mit seinem leitenden Ingenieur, Udo von Langenbrück, dem heimlichen Verlobten seiner Tochter. Die letzten Nummern führen uns zum Präsidenten der Südafrikanischen Republik, Paul Krüger, und lassen uns einen Blick in die Intrigen tun, mit denen der Kampf gegen Benoni geführt wird. Udo von Langenbriick ist nach Berlin zurückgekehrt und sucht seine vor ihm verborgen gehaltene Geliebte, Gwen Benoni. die er endlich in der Nähe von London entdeckt, ln Johannes­burg treiben die Verhältnisse inzwischen auf einen Konflikt zwischen Buren und Engländern zu.

XVI. Kapitel.

öl Fortsetzung.) Gefährliche Aufträge/

rennen kann ich die beiden, dafür stehe ich Ihnen, Mr. Benoni!

Hast ja auch noch Dein Hühnchen mit dem Deut­schen zu rupfen! hetzte Benje hämisch.

Hab ich, Mr. Benoni, und Sie sollen sich über die Gründlichkeit der Arbeit nicht beklagen dürfen!

Ja, besorgs ihm! Besorgs ihm, dem Halunken. So! Benje machte eine bezeichnende Handbewegung:Aber dass Du mir das Mädel nicht anrührst! Der Pfarrer soll sie selbst nach Kapstadt bringen.

Soll geschehen, Mr. Benoni!

Sofort aufs Schiff mit ihr, verstehst Du? Ehe sie ahnen kann, was gegen ihren Liebsten hähä! Liebsten! geplant istl

Geld brauche ich auch, Mr. Benoni! Ich will heute Abend ab- reisen, dann komme ich mit derDunnottar Castle noch mit.

Geld brauchst Du! Natürlich Geld! Jeder braucht Geld, als ob ich ein Dukatenmännchen wäre! schimpfte Benje.

Sie werden doch nicht glauben, dass ich auch noch Ihre Familien­angelegenheiten auf meine Kosten regeln soll? gab der andere grob zurück.

Es kommt mir auch nicht drauf an diesmal! Fünfhundert Pfund Sterling sollst Du haben, wenn Du dieser Schweinerei ein für allemal ein Ende machst!

Dafür können Sies selbst besorgen! höhnte James Werner. Waas? seufzte Benje:Fünfhundert Pfund sind ein schönes Geld! Aber kein Honorar für solch Geschäft! Macht fünftausend draus, und Ihr seid den Kerl für immer los, den Kerl und den Prozess! fügte Werner berechnend hinzu,

Den Kerl und den Prozess! wiederholte Benje nachdenklich. Wie ich Ihnen sage, aber entschlossen Sie sich, sonst wirds zu spät! Fünftausend? Billiger tust Dus nicht, Du Filou? Fünftausend? Das ist ein grosses Vermögen, davon kann man leben!

Ich kann davon noch nicht mal meine Läpperschulden bezahlen! renommierte James Werner

Du bist immer grössenwahnsinnig gewesen!

Also philosophieren wir hier oder wollen wir handelseinig werden? drängte der Gauner.

Benje setzte sich an seinen Schreibtisch und schrieb zögernd, stockend die Zusage nieder. Aber nicht das gemeine Verbrechen, zu dem er den anderen anstiften wollte, schreckte ihn. Er trennte sich nur so schwer, so furchtbar schwer von seinem schönen Gelde.

XVII. Kapitel.

5i . Der JV(ann mit den Schakalaugen.

Lord Edward Allenby war wohl der gewiegteste, einflussreichste und vielseitigste Diplomat des Vereinigten Königreichs aber sicher auch der skrupelloseste. Der Marquis von Salisbury nannte ihndas beste Pferd im Stall, der Herzog von Westminster hatte ihn einmal als den mächtigsten Mann Englands bezeichnet.

Die Oeffentlichkeit kannte kaum seinen Namen. Sein Ehrgeiz war es nicht, hervorzutreten. Er wusste auch sehr wohl, dass ihn dazu weder sein Aeusseres noch sein Organ befähigten. Lord Allenby sah aus wie eine Vogelscheuche und war ewig heiser. So hatte er niemals einen Sitz im Parlament angestrebt und mehrfache Berufungen ins Kabinett stets abgelehnt. Es genügte ihm, die Macht in seinen Händen zu wissen: sein Wirken vollzog sich hinter den Kulissen.

Dem Range nach war erVortragender Rat im Ministerium des Aeussern. Sein Einfluss aber reichte ebenso"weit über diesen Rang hinaus wie sein Ehrgeiz: die Kabinette kamen und gingen er blieb!

Man hat sich in Europa oft gewundert, wie konsequent die äussere Politik des britischen Weltreiches unter den verschiedenen Ministerien durchgeführt wurde. Der Schlüssel zu diesem Rätsel hiess: Lord Allenby. Er entwarf alle Verträge, er schrieb alle Noten, er instruierte die Botschafter und Gesandten, protegierte die einen, chikanierte die anderen. Was immer von der Ministerbank aus an programmatischen Kundgebungen zu Fragen der auswärtigen Politik durchs Fenster hinaus gesprochen wurde, war von Lord Allenby konzipiert, und da in England jeder einzelne Staatssekretär bei jeder Gelegenheit für das Gesamt­kabinett sprechen darf, sich also der Kriegs- und der Handelsminister ganz ebensogut über die Beziehungen zu fremden Mächten auslassen können wie der Staatssekretär des Aeussern, so war man in allen Ressorts bestrebt, sich mit Lord Allenby zu halten.

Umschmeichelt vom Ehrgeiz, umlauert von Neid und Feindschaft, vertraut mit den Intrigen und Rivalitäten der halben Erde, war der Lörd ein griesgrämiger Menschenverächter geworden. Er verkehrte ausserdienstlich mit keinem Kollegen, besuchte niemals einen Klub, verbrachte seine Mussestunden einsam auf seinem Landsitze Kenderton Manor.

Selbst der Marquis von Salisbury nahm Rücksicht auf die Ab­neigung seines wertvollsten Mitarbeiters gegen alle repräsentativen Pflichten. Er ersparte ihm auch die Einladungen nach Hatfield, seinem alten Schlosse, wo der Verkehr selbst für die Minister sozusagen obligatorisch war, und als die Königin eines Tages den verdienstvollen Diplomaten zur Tafel ziehen wollte, wusste Salisbury ihr klar zu machen, dass der Lord dann vor Nervosität tagelang arbeitsunfähig sein würde.

Allenby hatte seinen Einfluss in erster Reihe seiner immensen Arbeitskraft und seiner Fähigkeit zur Konzentration zu verdanken. Jede Arbeit, die ein anderer von sich abzuw^lzen versuchte, nahm er bereit­willig auf seine Schultern und machte sich dadurch schon nach kurzer Zeit unentbehrlich. Denn ein Diplomat, der den anderen die Aus­zeichnungen lässt, und selbst nur die Arbeit begehrt, das war ein Juwel, das man hüten musste.

Lord Edward hatte keinerlei Passionen: er rauchte nicht, trank nicht, trieb keinen Sport und war kein Sammler. Die Karten hatte er nie berührt: er erklärte, die Zeit sterbe ihm so schon unter den Händen, er brauche sie nicht totzuschlagen.

Wie er zu den Frauen stand, darüber hatten sich seine Kollegen lange den Kopf zerbrochen, bis seine glühende, aber unglückliche Liebe zu der schönen Fürstin Koniatowska in der Gesellschaft bekannt wurde.

Diese wilde, unheimliche Leidenschaft trieb den kühlen, selbst­bewussten Diplomaten, den übervorsichtigen Beamten von Torheit zu Torheit; sie machte ihn zum Gespött der Leute, die es grotesk fanden, sich den abschreckend hässlichen Allenby und die blendende Helene als ein Paar vorstellen zu sollen. Wenn man sie beisammen sah, sprach man vomFaun und derNymphe.

Helene Koniatowska hatte sich anfangs recht gern mit Allenby unterhalten, wenn es ihr auch nie in den Sinn kam, die heissen Liebes- blicke Lord Edwards zu erwidern. Sie war viel zu klug und viel zu vorurteilsfrei, um sich nicht einen gescheiten, vielerfahrenen, einfluss­reichen Mann gern zum Freund gewinnen zu wollen. Allerdings war sie immer etwas misstrauisch gegen Lord Edward geblieben: es war etwas in seinen Augen, was ihr nicht gefiel. Er hatSchakalaugen, .sagte sie einmal zu einer Freundin, und seitdem hiess Allenbyder Mann mit den Schakalaugen.

Helenens Misstrauen wurde gerechtfertigt durch das unerhörte Attentat, weiches der Lord im Salon der Lady Sutherland auf sie ver­übte, und das ihm das Genick gebrochen hätte, wenn man ihn im Ministerium hätte entbehren können. So musste er sichs zwar gefallen lassen, das Robby Plunkett, ein junger Offizier, ihn mit Ohrfeigen regalierte. Als er aber daraus die Konsequenzen ziehen und seinen Ab­schied nehmen wollte, legte sich das ganze Kabinett ins Zeug, um die Sache zu applanieren. Das wäre noch schöner, wenn man nun selbst hätte anfangen sollen, sich in das ungeheure Material einzuarbeite* das Edward Allenby nun einmalim kleinen Finger hatte.

Der Marquis von Salisbury nahm seinen Mitarbeiter -Hörig ins Gebet, aber auch er mochte ihn nicht entbehren.

Die ersten Salons Londons waren dem Lord **des seitdem ver­schlossen. Er zog sich nun völlig von der-<esellschaft zurück und lebte nur noch seiner Arbeit und der Erberung an den Kuss, den er Helene Koniatowska geraubt. Er ve^rte sich geradezu in die Ver-