1 . Jahrgang Romanbeilage znKolonie und }(ßimat Nr. 21

Nachdruck verboten. Alle Rechte Vorbehalten.

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Inhalt der vorhergegangenen Kapitel: Die vorhergegangenen Kapitel schildern uns den Kampi zweier Goldmagnaten von Johannesburg um die Vorherrschaft im Anfang der Entwicklung der dortigen Goldindustrie. Einer der Goldmagnaten, Benoni, lehnt die Bestrebungen Cecil Grants, desunge­krönten Kaisers von Südafrika, die Johannesburger Goldindustrie aus poli­tischen Gründen zu einigen, ab. Er entzweit sich aber mit seinem leitenden Ingenieur, Udo von Langenbrück, dem heimlichen Verlobten seiner Tochter. Die letzten Nummern führen uns zum Präsidenten der Südafrikanischen Republik, Paul Krüger, und lassen uns einen Blick in die Intrigen tun, mit denen der Kampf gegen Benoni geführt wird. Udo von Langenbrück ist nach Berlin zurückgekehrt und sucht seine vor ihm verborgen gehaltene Geliebte,

Gwen Benoni. die er endlich in der Nähe von London entdeckt und zu befreien beschliesst. In Johannesburg treiben die Verhältnisse inzwischen auf einen Konflikt zwischen Buffen und Engländern zu.

XIX. Kapitel.

(13. Fortsetzung.) ^ ^ J igQrf

ie erklärten doch selbst, dass Sie weiter ziehen müssten nach dem Mashonaland! Na und dort treffen Sie doch , keine Buren, meinte Overwey harmlos.

Ach was Mashonaland! Ich pfeif auf die Bahn, ich pfeif auf das Mashonaland. Diese Jagd auf Ein­geborenen habe ich schon längst bis an den Hals! brüllte Beverton.

Seine Kameraden suchten ihn zu beruhigen, aber er tobte weiter, schimpfte auf Krüger und die ganzeVerbrecherbande in Pretoria und erklärte, dass Ellison im Herzen genau so dächte wie er.

Als Fritz Overwey tags darauf in der Honoratiorenstube von seinen Eindrücken berichtete, wurde man sehr ernst. Aber was war zu tun, so lange die Achthundert sich jeder feindseligen Handlung enthielten? Man beschloss nur, umgehend einen ausführlichen Bericht nach Pretoria zu senden und die Landsleute hier vor jeder Beleidigung der Engländer zu warnen.

Ellison hatte von dem Verlauf des Festes auf Monaco Wind be­kommen und war wütend über das Ergebnis der Untersuchung, die er angestellt:Sie haben uns alle kompromittiert, Beverton, schrie er den Schuldigen wütend an,und ich verbiete nun bei Strafe sofortiger Ent­lassung jedes Ueberschreiten der Transvaalgrenze.

Das wirkte doch einigermassen und die Herren beschlossen zer­knirscht, ihrem Führer keine weiteren Ungelegenheiten zu bereiten. Nur einer verging sich gegen diesen Beschluss, aber er glaubte, auf friedlichen Kriegspfaden zu wandeln.

Charly Ewerest hatte auf einem seiner Ritte Hetta Villoughby ge­sehen und sein Herz an das hübsche Mädchen verloren. Tag und Nacht träumte er von ihr, wie sie auf dem Renner über die Steppe galoppiert war im Herrensattel, die Zügel fest in den kleinen energischen Händen, auf dem Köpfchen die landesübliche grosse Haube, unter der die blonden Haare hervorquollen wie flüssiges Gold.

Mit kurzem Gruss war die junge Burenschönheit damals an dem Offizier vorbeigeritten. Und sein ganzes Sinnen und Trachten war nun darauf gerichtet, sie persönlich kennen zu lernen.

Hetta hatte keine Ahnung von dem Eindiuck, den sie auf den Engländer gemacht. Sie war ein richtiges Naturkind, halte tagaus tag­ein alle Hände voll zu tun und kam gar nicht auf den Gedanken, dass jemand nach ihren knospenden Reizen fragen könnte; einmal würde sie sich verheiraten, gewiss! Würde viele Kinder kriegen und so dick werden wie Mutter. Das war so in der Ordnung, und Hetta hatte sich noch nie den Kopf darüber zerbrochen, wie ihr Künftiger wohl aussehen möchte. Auf einer Transvaalfarm ist eben nicht viel Platz für roman­tische Ideen und Mädchenträume.

Charly Ewerest bildete sich übrigens gar nicht ein, dass die Festung etwa leicht zu erobern sei. Er zog deswegen auch seine ganze Strategie zu Rat und rekognoszierte das Terrain nach allen Regeln der Kunst.

Er verbündete sich zunächst mit Piet und Jürgen, indem er dem ersteren öfters seinen Australier reiten liess, während er dem anderen ein tunesisches Messer schenkte. Die diei wurden denn auch rasch gute Freunde, aber die Burenjungens wagten es nicht recht, den eng­lischen Offizier zu einem Besuch im Farmhaus einzuladen, trotzdem er mehrmals andeutete, dass er sich sehr für die Jagdtrophäen Klaas Villoughbys interessiere, von denen ihm die Söhne voll Begeisterung erzählt hatten.

Schliesslich gelang es Charly durch die Vermittlung des Pastor Grotian die Bekanntschaft Hettas zu machen, als die ganze Familie an einem Sonntag zum Kirchdorf gekommen war, um vor dem Auszug des Vaters und der Söhne noch einmal gemeinsam das Abendmahl zu nehmen.

Ewerest war ausserordentlich musikalisch und wusste besonders das Harmonium schön zu spielen. Als er eines Tages den Pastor um die Erlaubnis gebeten, das sehr gute Instrument probieren zu dürfen, welches Fritz Overwey der Kirche gestiftet, hatte Grotian das nicht nur bereitwilligst gestattet, sondern dem jungen Offizier auch seine Noten zur Verfügung gestellt und sich sehr an seinem Spiel erbaut.

Seitdem vertrat Charly öfter den gichtkranken Lehrer und erfreute die kleine Gemeinde mit den weihevollen Kompositionen eines Bach und Palaestrina. Der Pastor zog ihn in seine Familie, wo er denn auch mit Klaas Villoughby und seiner schönen Tochter beim Kaffee zusammentraf.

Hettas frische, natürliche Art, ihre glockenreine Altstimme, die Ur­sprünglichkeit ihrer Ansichten bezauberten den Engländer derart, dass er sie am liebsten vom Fleck weg geheiratet hätte. Leider war wenig Aussicht, dass Vater Klaas seine Zustimmung hierzu gegeben, und das Töchterchen selbst sah nicht aus, als ob es sich in den ersten besten Kurmacher verlieben könnte.

Ewerest konnte schon sehr zufrieden sein, dass die Erwähnung der Trophäen, auf die Klaas Villoughby sehr stolz war, ihm die Erlaubnis verschaffte, gelegentlich einmal auf Ellisfontein vorsprechen zu dürfen.

Er machte von dieser Erlaubnis unverzüglich Gebrauch und ver­brachte einen sehr gemütlichen Abend in der Familie, ohne indes Hetta näher zu kommen. Immerhin glaubte er beobachtet zu haben, dass das schöne Mädchen seinen lebhaft vorgetragenen Erzählungen nicht ungern lauschte. Trotzdem Charly Ewerest die Dreissig kaum überschritten, hatte er ein gut Stück Welt gesehen und des Interessanten genug erlebt. Mit siebzehn Jahren schon war er als Fähnrich nach Indien gegangen, hatte an der tibetanischen Grenze mit Auszeichnung gefochten, später auf einem Distanzritt China kennen gelernt und schliesslich sieben Jahre im Sudan verbracht, wo der hochbegabte Offizier unter Kitcliener rasch avancierte

Was er in Ellisfontein an bunfen Erinnerungen auspackte, um auf die Angebetete Eindruck zu machen, das erschien dem Burenfräulein wie ein Märchen ausTausend und eine Nacht.

Man hat den Buren oft vorgeworfen, dass sie nichts für die Er­ziehung ihrer Kinder täten. Man hat dabei aber nicht berücksichtigt, wie schwierig es auf solch einsamer Farm ist, die Kinder etwas lernen zu lassen. Das nächste Kirchdorf ist oft meilenweit entfernt und der Besuch des Unterrichts an der dortigen Dorfschule kann daher gar nicht in Betracht kommen. So nehmen sich meist mehrere Farmer zusammen' für ihren Nachwuchs einen Privatlehrer, wenn sie eines solchen habhaft werden können. Viel Rares ist es natürlich nicht, was sich da nach dem Norden des Transvaal verirrt. Ueber die bescheidensten Anfangsgründe im Lesen, Rechnen und Schreiben vermag solcherLehrer die Kinder meist nicht hinauszubringen, dann muss er es ihnen überlassen, sich weiter zu bilden.

Dazu fehlt den meisten aber jede Gelegenheit. Bücher sind, ausser der Bibel, einigen frommen Schriften und ein paar landwirtschaftlichen Kalendern auf einer Burenfarm nicht zu finden, Zeitungen liest man dort nicht. Wie soll also solch junges Ding, selbst wenn es das Streben dazu hätte, seinen Gesichtskreis erweitern? Sobald sie laufen können, werden die Mädchen für tausend kleine häusliche Dienste in Anspruch genommen, später müssen sie sich um den Hühnerhof, die Milchwirtschaft, die Küche kümmern. Da bleibt wenig Raum fürdas Höhere.

Durch ihre Freundschaft mit der Pastorstochter, bei der sie einmal ein halbes Jahr im Kirchdorf verbracht, hatte Hetta sogar noch etwas mehr Bildungsstoff in sich aufnehmen können als die andern Buren­mädchen auf den Farmen, aber ihre Kenntnisse waren trotzdem recht bescheiden; der junge Offizier erschien ihr wie ein grosser Gelehrter, zu dim sie mit scheuer Bewunderung aufsah.

Als Ewerest dann öfter und schliesslich fast täglich auf Ellisfontein erschien, bald Bilder, bald Bücher, bald Zeitungen mitbrachte, erzählte, beschrieb, erklärte, freute sich Hetta ehrlich der Anregung, aber ihrem ungeschulten Geiste wurde es schwer, sie zu nutzen, und wenn sie nach des Tages Arbeit sich über dasDruckwerk hermachte, dann fielen ihr gar rasch die Augen zu bei der ungewohnten Beschäftigung.

Charly Ewerests Begeisterung für seine schöne Schülerin taten deren langsame Fortschritte indes keinen Abbruch, und er bedauerte nur, dass sie beide einander nicht mehr Zeit widmen konnten. Es war doch zu hübsch, wenn er, hinter ihrem Stuhl stehend, ihr die illustrierten Journale erklären konnte, wenn ihre braunen Händchen Seite um Seite herumblätterten, und er den frischen Duft ihrer schweren, blonden