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I. Jahrgang

Romanbeilage zuKolonie und JCcimat

Nr. 23

Nachdruck verboten. Alle Rechte Vorbehalten.

Am Spieltisch des Glücks.

Afrikanischer Vornan von

J{einy ifening.

Inhalt der vorhergegangenen Kapitel: Die vorhergegangenen Kapitel schildern uns den Kampf zweier Goldmagnaten von |ohannesburg um die Vorherrschaft im Anfang der Entwicklung der dortigen Goldindustrie. Einer der Goldmagnaten, Benoni, lehnt die Bestrebungen Cecil Grants, desunge­krönten Kaisers von Südafrika, die Johannesburger Goldindustrie aus poli­tischen Gründen zu einigen, ab. Wir lernen den Präsidenten der Südafrika­nischen Republik, Paul Krüger, kennen und tun einen Blick in die Intrigen, mit denen der Kampf gegen Benoni geführt wird. In Johannesburg treiben die Verhältnisse inzwischen auf einen Konflikt zwischen Buren und Engländern zu. Um einen Druck auf die Regierung der Südafrikanischen Republik aus­zuüben, schickt Cecil Grant seinen Vertrauten, Dr. Ellison, mit 800 Reitern nach dem Norden mit dem Auftrag, sich unter irgend einem Vorwand an der Grenze der Republik festzusetzen, ohne jedoch sich auf Feindseligkeiten einzulassen. Dr. Ellison gerät bei Pardekraal in einen Hinterhalt. Seine gesamten Streitkräfte werden von den Buren aufgerieben, der Doktor selbst und der Rest seiner Leute als Gefangene nach Pretoria abgeführt. Die Nachricht von dieser schweren Niederlage ruft in Johannesburg eine Panik sondergleichen hervor.

XXI. Kapitel.

(15. Fortsetzung.)

Panik !

inen Miner, der sich ihm in den Weg stellte, packte er mit eisernem Griff an der Gurgel, einem andern hielt er den Revolver ins Gesicht. Jetzt nur noch wenige Se­kunden, und er war am Portal.

Seine muskulöse Faust sauste auf einen stämmigen Amerikaner nieder, der eben einen wuchtigen Axthieb gegen das schon halb zersplitterte Portal führte, da ein Schuss 1 Ein wilder Wehschrei! Dann einen Augenblick tiefe Stille.

Während Benje Benoni jetzt mit dem Rücken gegen das Portal stand, den Revolver in der Rechten, mit der Linken die wütend ge­wordenen Arbeiter abwehrend, war Sonja auf dem Balkon zusammen­gebrochen. Eine Kugel hatte sie ins Herz getroffen. Einem rabiaten Mitglied der Nationalliga hatte die Sache zu lange gedauert, er hatte in einer zornigen Aufwallung gegen dies Weib, das seiner Ueber- zeugung nach die gefährlichste Agentin der Republik war, die Büchse an die Backe ge­rissen und Sonja Barska zu Boden gestreckt.

Jetzt riss Benje einem Miner die Hacke aus der Hand, und mit einem furchtbaren Hieb zertrümmerte er das Portal vollends. Dann raste er die Marmortreppe hinauf, stürzte auf den Balkon, nahm Sonja in seine starken Arme, als ob sie leicht wie ein Kind wäre und tiug sie behutsam zu dem Divan. Rasch war ein Arzt zur Stelle. Aber er konnte nur feststellen, dass der Tod bereits eingetreten war.

Schnell hatte der abscheuliche Mord die Menge ernüchtert. Jeder strebte nun weg von dem Schauplatze der Tat, und wenige Minuten später lag die Silbervilla wieder ruhig da. Vor dem Divan aber kniete Benje Benoni. Fest hielt er die Hand der schönen Toten in der seinen, und mit leisen, hastigen Worten, wie er sie ihr einst zugeflüstert in dem dunklen White- chaplewinkel, in dem Dialekt, der so greulich klang, und in dem sie beide doch ihre ersten Silben gelallt, ihre ersten Lebenserfahiungen ausgetauscht, nahm er Abschied von seiner Kinderliebe.

Da trat mit raschem Schritt Gustav Alberts in das Gemach; Benje legte die weisse Hand der Toten auf die kleine Wunde, durch die ihr Leben entflohen, breitete die seidene Decke über den erkalteten Leib und räumte dem Gegner den Platz, dem Herrn der Silbervilla.

ln weniger als einer Stunde wusste ganz Johannesburg, was Welkin der provisorischen Regierung vorgetragen. Der Panik im Rand­klub und auf der Börse folgte die Panik zwischen den Ketten. Man sah die Buren schon vor den Toren Johannesburgs. Man fluchte auf Ellison, man wütete gegen Cecil Grant, der am Kap in Sicherheit sein würde, während die Goldstadt in Blut und Grauen die Folgen der Hetze büssen müsste. Von Kampf­stimmung keine Spur mehr. Nur die Miner waren noch für eine energische Verteidigung.

An unsere Leser!

Der RomanAm Spieltisch des Glücks M neigt sich seinem Ende zu. In

Nr. 1 des zweiten Jahrganges

beginnt ein äusserst spannender

KoIoniaURoman aus der Feder des bekannten Reise­schriftstellers

Stefan v. Kotze.

Der Roman trägt den Titel

Das Gift des Vergessenes und spielt in der Südsee und in Australien. Er schildert die Verhält­nisse kurz nach der Erwerbung des deutsdien Südsee-Schutzgebietes in den 80er Jahren. Stefan v. Kotze war zu jener Zeit Beamter der Neu - Guinea- Compagnie und ist daher auf Grund seiner eigenen Erlebnisse ganz besonders in der Lage, den Lesern ein packendes Bild der damaligen Verhältnisse zu entrollen. Der Name des Verfassers bürgt nicht nur für eine fesselnde Schreibweise, sondern auch für eine von frischem Humor durchsetzte Schil­derung. Wir glauben daher, dass unsere Leser auch den 2. Jahrgang unserer schnell beliebt gewordenen, reich illustrierten Zeitschrift mit eben solchem Interesse verfolgen werden als den ersten, umsomehr als gerade gute Kolonial-Romane heute ganz besonderes Interesse beanspruchen können.

Selbst die Mitglieder der Nationalliga, die noch gestern die Mäuler so weit aufgerissen, hätten jetzt am liebsten klein beigegeben, gerne alle möglichen Opfer gebracht, um ihreHeldentaten ungeschehen zu machen.

Wo ein Mitglied derprovisorischen Regierung sich auf der Strasse zeigte, wurde es von der Menge beschimpft, ja tätlich ange­griffen. Zitternd versteckten sich die grössten Schreier im Randklub, in ihren Vorortvillen oder bei guten Freunden.

Die Züge nach dem Kap waren überfüllt. Wer es irgendwie er­möglichen konnte, wer nicht riskieren musste, an der Grenze zurück­gehalten zu werden, suchte sein Heil in der Flucht.

Gegen Abend drängten sich über zehntausend Menschen auf dem Marktplatz zusammen. Höhnisch kritisierte man die Proklamation, in der die Bevölkerung aufgefordert wurde, sich ruhig zu verhalten und die weiteren Beschlüsse des Verteidigungskomitees abzuwarten. Spöttisch glossierte man die Erklärung, welche Cecil Grant imStar veröffentlicht hatte, und in der er versicherte, dass Ellisons Einbruch in den Transvaal von dem Kimberleydoktor auf eigene Faust gegen Grants ausdrücklichen Befehl unternommen worden sei.

Keiner dachte daran, dass diese Erklärung von dem Kapnapoleon ja abgegeben worden war, ehe er eine Ahnung von den Vorgängen bei Pardekraal haben konnte.

VerräterlSchurken!Feiglinge! brüllte der enttäuschte Mob- Oberst Grant halte im Randklub noch einmal vergeblich versucht, seineMitregenten zu einer sachlichen Würdigung der Lage zu bringen. Ueberall herrschte die vollständigste Kopflosigkeit. Nach­dem vom Kap her die Nachrichten über das Schicksal Ellisons tele­graphisch bestätigt worden waren, suchte jeder nur noch die eigene geschätzte Person in Sicherheit zu bringen.

Grant suchte seinen Leuten klar zu machen, dass es die höchste Zeit sei, die letzte Hand an die Verteidigungsorganisation zu legen, wenn man dem Auslieferungsbegehren nicht nach- kommen wolle. Aber keiner wagte es, sich zu exponieren.

Wie komme ich dazu, General zu spielen! brüllte Jack Cohn,bin ich Soldat? Weiss ich was von Verteidigung? jammerte der Brave, der noch tags zuvor der Börse seinen Schlacht­plan mit allen Einzelheiten entwickelt.

Sie haben die Karre in den Dreck ge­fahren, Mr. Grant, nun ziehen Sie sie auch gefälligst wieder heraus! fauchte Crankton.

Nur Derry zeigte einigen Mut. Er wollte sich an der Spitze der Miners den Buren ent­gegenweifen.

Aber sein Plan wurde abgelehnt:Sollen wir hier vielleicht wehrlos Zurückbleiben? wimmerte Lionel Morrison, und die anderen stimmten Ihm darin bei, dass man die Miners auf alle Fälle zur Verteidigung des Witwater- rands brauche.

Als der Oberst schliesslich Mr. Morrison aufforderte, mit der Bürgergarde, als deren Hauptmann der edle Lionel sich bereits eine prächtige Uniform hatte machen .lassen, nach den nördlichen Vororten zu marschieren, um dort eine Verteidigungsstellung zu beziehen, brauste der wild auf:Ich kann meine Zeitung nicht im Stich lassen. Ich bin in die provi­sorische Regierung eingetreten, um sie als Journalist zu unterstützen. Ich gehöre auf mein Bureau, nicht auf die Schanzen.

Grant musste schliesslich einsehen, dass alles umsonst war. Man würde noch debat­tieren, wenn die Buren bereits in der Com- missioner Street waren. Nutzlos würde die offene Stadt der Rache des Feindes preis- gegeben. Da blieb nur ein Weg! Der alte Soldat war entschlossen, ihn zu gehen, so sauer es ihm wurde.

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