1. Jahrgang

Romanbeilage zuKolonie und jfeimat

Nr. 24

Nachdruck verboten. Alle Rechte Vorbehalten.

Am Spieltisch des Glücks.

Afrikanischer Vornan

von

Jfeiny ffening.

Inhalt der vorhergegangenen Kapitel: Die vorhergegangenen Kapitel schildern uns den Kampl zweier Goldrnagnaten von |ohannesburg um die Vorherrschaft im Anfang der Entwicklung der dortigen Goldindustrie. Wir lernen den Präsidenten der Südafrikanischen Republik, Paul Krüger, kennen und tun einen Blick in die Intrigen, mit denen der Kampf in der Goldindustrie geführt wird, ln Johannesburg treiben die Verhältnisse inzwischen auf einen Kor.llikt zwischen Buren und Engländern zu. Um einen Druck auf die Regierung der Südafrikanischen Republik auszuüben, schickt Cecil Grant seinen Vertrauten, Dr. Ellison, mit 800 Reitern nach dem Norden mit dem Auftrag, sich unter irgend einem Vorwand an der Grenze der Republik fest­zusetzen. Dr. Ellison lässt sich durch die Ereignisse unbedacht zu einem Einfall in das Gebiet der Republik verleiten und gerät bei Pardekraal in einen Hinterhalt. Seine gesamten Sireitkräfte werden von den Buren auf­gerieben, der Doktor selbst und der Rest seiner Leute als Geiansene nach Pretoria abgeführt. Die Häupter der dort inzwischen angezettelten Ver­schwörung werden an die Buren ausgeliefert, samt Dr. Ellison und seinen Begleitern zum Tode verurteilt, aber unter dem Galgen begnadigt.

(16. Fortsetzung.)

XXII. Kapitel.

l[nter dem Galgen.

'as Schreiben, welches die Fürstin Helene Koniatowska in der schrecklichsten Stunde ihres Lebens aus den Händen Lord Allenbys entgegengenommen, hatte den Kapnapoleon in die Lage versetzt, auf das Londoner Kabinett einen derartigen Druck auszuüben, dass dieses zugunsten der Hochverräter intervenieren und die Begnadigung durchsetzen musste.

Der Burenregierung war diese Intervention übrigens nicht einmal unangenehm. Eine Massenhinrichtung wehrloser Feinde hätte nicht nur dem Volksempfinden widersprochen, sondern auch der Republik viel von den Sympathien der europäischen Grossmächte entzogen, bei denen Ellison und Oberst Grant die Politik des Kapnapoleon in so schweren Misskredit gebracht.

Cecil Grant wusste sehr genau, dass er auf Jahre hinaus bei den Kabinetten Europas verspielt hatte, und dass alle seine Zukunftspläne vernichtet waren, wenn er jetzt nicht zwischen sich und Ellison das Tafeltuch zerschnitt.

Als der Kimberleydoktor nach Rondebosh zurückkehrte, wurde er nicht vorgelassen, seinem Bruder aber gab Cecil Grant den sarkastischen Rat, wieder in die Armee einzutreten, wo es auf einenHornochsen mehr oder weniger nicht ankomme. Das war des braven Obersten Lohn für zwei Jahre hingebender Arbeit unter Verhältnissen, die ihm in tiefster Seele zuwider waren.

Und trotzdem blieben die beiden ihrem Abgott treu, und er wusste, zu jeder Stunde, in der er sie brauchte, würde er sie wieder an seiner Seite finden.

Der Zauber, der Helene Koniatowska das Herz gebrochen, .und dem sich ein halber Kontinent beugte, blieb wirksam, wo irgend andere als rein materielle Interessen den Be­ziehungen zu dem Gewaltigen den Einschlag gaben.

In Johannesburg hatte man den Prozess gegen d ! e Hochverräter mit begreiflicher Spannung verfolgt, das Urteil unerhört grau­sam gefunden und die Begnadigung aufs leb­hafteste begrüsst.

Als Captain Bomhard nach der Goldstadt zurückkehrte, fand er einen freundlicheren Empfang, als er zu hoffen gewagt hätte.

Es war keine geringe Arbeit, die des jovialen alten Herrn harrte. Die Regierung war zwar viel zu phlegmatisch und auch viel zu korrupt, um mit den unsicheren Elementen nun gründlich aufzuräumen, aber ihr Sieg war ihr doch gewaltig in die Krone gestiegen, und zu Reformen wollte sie sich weniger verstehen 'als je.

Bomhard erkannte nicht nur, dass er dem Ansehen der Republik Abbruch tun musste, wenn man die hochverräterischen Tendenzen, die in Johannesburg da und dort immer noch lebendig waren, nicht mit Stumpf und Stiel ausrottete. Er sah auch, dass die Wirtschafts­

An unsere Leser!

Der RomanAm Spieltisdi des Glücks neigt sich seinem Ende zu. In

Nr. I des zweiten Jahrganges

beginnt ein äusserst spannender KoIoniaKRoman aus der Feder des bekannten Reise­schriftstellers

Stefan v. Kotze.

Der Roman trägt den Titel

Das Gift des Vergesse ns'* und spielt in der Südsee und in Australien. Er schildert die Verhält­nisse kurz nach der Erwerbung des deutschen Südsee-Schutzgebietes in den 80er Jahren. Stefan v. Kotze war zu jener Zeit Beamter der Neu - Guinea- Compagnie und ist daher auf Grund seiner eigenen Erlebnisse wie keiner in der Lage, den Lesern ein packendes Bild der damaligen Verhältnisse zu enti ollen. Der Name des Verfassers bürgt nicht nur für eine fesselnde Schreibweise, sondern auch für eine von frisdiem Humor durchsetzte Sdiil- derung. Wir glauben daher, dass unsere Leser auch den 2. Jahrgang unserer schnell beliebt gewordenen, reidi illustrierten Zeitschrift mit eben solchem Interesse verfolgen werden als den ersten, umsomehr als gerade gute Kolonial-Romane heute ganz besonderes Interesse beanspruchen können.

D-

lage des ganzen Landes auf die Dauer unter den Missständen leiden musste, die der Minenindustrie den ersten Anstoss zürn Aufruhr ge­geben hatten.

So nutzte er einerseits das neugewonnene Prestige aus, um die Herren der ehemaligen Nationalliga tüchtig in Respekt zu halten, andererseits wies er in jedem Bericht nach Pretoria auf die Not­wendigkeit einer gründlichen Verwaltungsreform hin.

Vor allem aber wollte er sich über den ganzen Umfang der Ver­schwörung klar werden, welche die Dinge einer so verhängnisvollen Krise zugetrieben. Dazu bedurfte er jedoch der Geheimakten der Nationalliga, deren er trotz aller Drohungen und Nachforschungen nicht hatte habhaft werden können. Denn w.ie sollte er auf den Gedanken kommen, dass diese Akten noch von Ja-mel Werner <im Tresor Benje Benonis verborgen worden waren?

Die fruchtlosen Bemühungen erbitterten den alten Bomhard nicht nur, sie bestärkten ihn auch in der Ueberzeugung, dass gewisse Ele­mente den alten Faden noch immer nicht hatten fallen lassen, sondern ihn im Geheimen fortzuspinnen suchten, und gegen eine Wiederholung desgefährlichen Spieles, dessen man eben noch glücklich Herr ge­worden, wollte er die Regierung denn doch um jeden Preis schützen.

Die Johannesburger wunderten sich mehr noch als über die Elastizität des alten Herrn über die Rücksichtslosigkeit, mit welcher der früher so gutmütige Bomhard gegen alle vorging, die er im Ver­dacht irgend welcher regierungsfeindlichen Gesinnungen hatte.

Ausweisungen und Verhaftungen waren jetzt an der Tagesordnung, und nach dem langen Taumel hielt ein gehöriger Katzenjammer seinen Einzug in die Goldstadt.

Man fing sogar an, sich bei der Regierung über die allzu grosse Härte des Gouverneurs zu beklagen, der sich den noch immer nicht aufgehobenen Belagerungszustand zu nutze mache, um Johannesburg mit einem Heer von Aufpassern zu überschwemmen.

Aber in Pretoria war man mit Bomhard sehr zufrieden und fand es nur zu begreiflich, dass er die Scharte auswetzen wollte, die der Ausbruch der Revolution für seinen Ruf als energischer Beamter bedeutet hatte.

Benje Benoni wollte nach wie vor von der Politik nichts wissen. Wie er früher die Revolution ignoriert Hatte, so ignorierte er jetzt die Reaktion. Er las in den Zeitungen nur, was unmittelbaren Bezug auf sein Geschäft hatte, und schimpfte höchstens einmal auf die hohen Dynamitpreise und die miserable Arbeitergesetzgebung der Regierung.

So kannte sein Erstaunen keine Grenzen, als eines Tages Captain Bomhard mit dienst­lich strenger Miene in sein Privatbureau trat und ihm erklärte, er müsse sich einer Haus­suchung unterwerfen.

Das ist wieder so ein Streich von Alberts! schrie Benje.Aber suchen Sie nur, suchen Sie nur. Möchte wissen, was Sie bei mir finden könnten ausser geschäftlichen Korre­spondenzen!

Um so besser für Sie, wenn wir nichts finden, meinte Bomhard ruhig.Jedenfalls bitte ich Sie, uns Ihren Schreibtisch, Ihren Tresor usw. zu öffnen.

Wenige Minuten später war Captain Bom­hard im Besitz der Geheimakten der National­liga, denen er seit Wochen so rastlos nachspürte.

Es war nicht Alberts, der dem Gouverneur den Versteck verraten, denn der hatte von dem Verbleib der Akten ebenso wenig eine Ahnung wie Bomhard selbst.

Als Werner so hastig abgereist war, hatte er einem Prokuristen der Firma, der damals gleichfalls ein begeistertes Mitglied der National­liga gewesen, mitgeteilt, dass er die Akten im Tresor Benjes aufbewahrt habe. Diesen Pro­kuristen nun hatte Benje auf die Strasse ge-