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1. Jahrgang
Romanbeilage zu „Kolonie und JCeimat“
Nr. 25
Nachdruck verboten. Alle Rechte Vorbehalten.
Am SP‘ s tö sc h d QS Glücks.
Afrikanischer Jfoman von
Jfeiny jfening.
Inhalt der vorhergegangenen Kapitel: Die vorhergegangenen Kapitel schildern uns den Kampf zweier Goldmagnaten von lohannesburg um die Vorherrschaft im Anfang der Entwicklung der dortigen Goldindustrie. Wir lernen den Präsidenten der Südafrikanischen Republik, Paul Krüger, kennen und tun einen Blick in die Intrigen, mit denen der Kampf in der Goldindustrie geführt wird. In Johannesburg treiben die Verhältnisse inzwischen auf einen Konflikt zwischen Buren und Engländern zu. Um einen Druck auf die Regierung der Südafrikanischen Republik auszuüben, schickt Cecil Grant seinen Vertrauten, Dr. Ellison, mit 800 Reitern nach dem Norden mit dem Auftrag, sich unter irgend einem Vorwand an der Grenze der Republik festzusetzen. Dr. Ellison lässt sich durch die Ereignisse unbedacht zu einem Einfall in das Gebiet der Republik verleiten und gerät bei Pardekraal in einen Hinterhalt. Seine gesamten Streitkräfte werden von den Buren aut- gerieben, der Doktor selbst und der Rest seiner Leute als Geiangene nach Pretoria abgeführt. Die Häupter der dort inzwischen angezettelten Verschwörung werden an die Buren ausgeliefert, samt Dr. Ellison und seinen Begleitern zum Tode verurteilt, aber unter dem Galgen begnadigt.
(Schluss.) XXIII. Kapitel.
Das Geheimnis von J^ossadale
infangs hatte Gwen rebelliert, getobt, es sogar mit einer Art Hungerstreik versucht, aber schliesslich war sie immer mehr abgestumpft. Sie wurde förmlich mensche’n- scheu, vegetierte gleichgültig und interesselos dahin, wollte überhaupt nicht mehr auf die Strasse gehen und erzeugte dadurch mit der Zeit ein Gefühl von Sicherheit.
Als sie dann Gewissheit hatte, dass Langenbriick ihr auf der Spur war, war sie plötzlich wieder wie elektrisiert und fest entschlossen, alles aufzubieten, um eine Unterredung möglich zu machen. Aber sie erkannte, wie wichtig gerade unter diesen Umständen das wachsende Vertrauen der Pastorsleute auf ihre Indifferenz war, und wagte lange nicht, irgend einen Schritt zu tun.
Udo war verzweifelt. Er wusste, dass Gwen ihn bemerkt hatte, und konnte nicht begreifen, dass sie ihm kein Zeichen gab, trotzdem er
tagelang um das Pfarrhaus und den Garten herumstrich. Da, als er wieder eines Tages an Gwens Fenster vorüberging, flog ihm ein Papierkügelchen vor die Füsse. Er hob es auf und eilte nach Hause, um es auseinander zu falten und sich in den Inhalt zu vertiefen.
„Geliebter! Ich habe Dich gesehen, darf aber kein Misstrauen erregen, um unsere Wiedervereinigung nicht noch weiter hinauszuschieben. Bin unter furchtbar strenger Aufsicht. Sei Sonnabend 10 Uhr nachts mit einem Automobil an der Brücke nach Rossadale. Die Pastorsleute sind an dem Abend auf dem Missionsfest. Wenn es möglich ist, komme ich und wir entfliehen. Millionen Küsse von Deiner Gwen.“
Udo führte einen wahren Indianertanz auf, als er das Zettelchen gelesen. Er traf alle Vorbereitungen und war am Sonnabend pünktlich an der Brücke.
Aber Stunde um Stunde wartete er vergeblich: Gwen kam nicht. Tief verstimmt fuhr er gegen Morgen nach London.
Trotz Langenbrücks Vorsichtsmassregeln hatte die Pastorsfrau Lunte gerochen und ausgekundschaftet, dass der grosse, elegante Herr, der sich seit einigen Wochen in dem Nest aufhielt, jener Langenbrück war, vor dessen Versuchen, zu Gwen zu dringen, Mr. Benoni die Pastorleute in jedem Briefe warnte. Alsbald ging ein Telegramm nach Johannesburg ab, eben jene Nachricht, die Benje in solche Wut versetzt hatte. Gwen aber wurde strengerbe-* wacht als jemals.
Sie ergab sich anscheinend ruhig in ihr Schicksal, wusste sie doc*h, dass der Geliebte nun, da er ihr auf der Spur war, nicht rasten würde, bis er zu ihr gedrungen wäre.
Nachdem er alles Mögliche ausgeheckt und wieder verworfen, gelang es dem Ingenieur schliesslich doch wieder, eine Verbindung mit Gwen herzustellen, indem er einen jungen Amtsbruder des Pastors, den
An unsere Leser!
Der Roman „Am Spieltisch des Glücks“ neigt sich seinem Ende zu. In
Nr. 1 des zweiten Jahrganges
beginnt ein äusserst spannender
KoIoniaURoman aus der Feder des bekannten Reiseschriftstellers
Stefan v. Kotze.
Der Roman trägt den Titel'
„Das Gift des Vergessens <( und spielt in der Südsee und in Australien. Er schildert die Verhältnisse kurz nach der Erwerbung des deutschen Südsee-Schutzgebietes in den 80er Jahren. Stefan v. Kotze war zu jener Zeit Beamter der Neu - Guinea- Compagnie und ist daher auf Grund seiner eigenen Erlebnisse wie keiner in der Lage, den Lesern ein packendes Bild der damaligen Verhältnisse zu entrollen. Der Name des Verfassers bürgt nicht nur für eine fesselnde Schreibweise, sondern auch für eine von frischem Humor durchsetzte Schilderung. Wir glauben daher, dass unsere Leser auch den 2. Jahrgang unserer schnell beliebt gewordenen, reich illustrierten Zeitschrift mit eben soldiem Interesse verfolgen werden als den ersten, umsomehr als gerade gute Kolonial-Romane heute ganz besonderes Interesse beanspruchen können.
er auf einem Gute bei einer befreundeten Familie kennen gelernt, ins Vertrauen zog und ihn für sich gewann. Udos neuer Freund kannte Gwens Wächter gut, ohne sie besonders hoch zu schätzen: er war fest entschlossen, den Liebenden zu helfen.
Langenbrück wollte zunächst ruhig in London bleiben, bis er Nachricht erhielte und erst an dem Tage, an dem eine Flucht möglich sein würde, wieder nach dem Ort zurückkehren, wo man seine Gwen gefangen hielt.
Was der junge Pastor ihm von Gwendolyns harter Haft erzählte, war nicht dazu angetan, den Ingenieur zu beruhigen. Aber er fügte sich, wenn auch schweren Herzens, um den neuen Freund nicht zu verstimmen und der Durchführung nicht hinderlich zu sein.
Der junge Pastor war etwas romantisch veranlagt. Er kam sich sehr wichtig vor in seiner Rolle des getreuen Eckhard und bereitete alles aufs sorgfältigste vor. Nachdem es ihm gelungen, Langenbrück zur Rückkehr nach London zu bewegen, fuhr er eines Tages zu dem Amtsbruder, um ihn persönlich zu einem Vortrag über Bienenzucht aufzufordern, den der Pastor, ein sehr erfolgreicher Imker, in einem Vereine christlicher junger Männer halten sollte.
Der Amtsbruder war gleich sehr begeistert von dem Gedanken, und die Pastorin wurde durch eine kleine Spende für ihre Missionskasse in beste Stimmung versetzt.
Gwen freilich blieb unsichtbar, bis es Langenbrücks Freund endlich gelang, das Gespräch auf die Musik zu bringen. Er lobte den trefflichen Flügel, den die Pastorsleute einst von einem reichen Onkel geerbt, und fragte, ob er gar nicht mehr benutzt würde.
,,Oh, unsere Pensionärin spielt jeden Tag darauf!“ antwortete der Hausherr.
„Ach ja, Miss Benoni!“ tat Langenbrücks Freund, als ob er sich plötzlich wieder erinnerte. „Wie geht es ihr eigentlich?“
Die Pastorin schüttete nun ihr Herz aus, wie schwer es sei, das junge Mädchen zu bewachen. Dann erzählte sie sehr stolz, wie es ihr erst jüngst wieder gelungen, eine grosse Gefahr von Gwen fernzuhalten.
Der junge Mann bewunderte heuchlerisch die Schlauheit der Hausfrau, dann meinte er: „Schade, da wird Miss Benoni wohl heute nicht in Stimmung sein, vierhändig mit mir zu spielen, wie wir es neulich verabredet!“
„Ach, spielen mag sie immer!“ erklärte die Pastorsfrau.
„Sag’s ihr doch einmal, dass unser Freund hier ist!“ bemerkte der Hausherr, „eine so harmlose Anregung dürfen wir ihr doch nicht versagen!“
Der Pastorsfrau schien das nicht ganz zu passen, aber sie klingelte doch nach dem Mädchen, damit es Miss Benoni benachrichtige.
Gwen, die den jungen Pastor als ausgezeichneten Klavierspieler kannte und gerade jetzt in der Musik ihren einzigen Trost fand, suchte ihre Noten zusammen und ging nach dem Salon.
„Dieser Deutsche hat wahrhaftig keinen schlechten Geschmack!“ dachte der junge Geistliche, als Gwen ins Zimmer trat. Sie war nicht mehr so rosig wie in Johannesburg, und ihre Augen blickten ernst, ja traurig drein, aber dem jungen Gesichtchen gab das etwas unendlich Rührendes, das stille Leid, das um den schön geschweiften Mund lag, fügte den Zügen einen eigentümlichen Reiz hinzu.
Mit ruhiger Freundlichkeit begrüsste sie den Besuch, mit dem sie sich alsbald in ein Gespräch über Musik vertiefte. Die Pastorsleute, die dafür kein besonderes Interesse hatten, beteiligten sich kaum an der Unterhaltung. Schliesslich ging der Hausherr zu seinen Bienen und seine Gattin sah nach dem Abendbrot.