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Nr. 117.

Erscheint täglich mit Ausnahme -er Sonn- und Feiertage mit der unentgeltlichen illustrierten BeilageSonntagsblatt". Bezugspreis vierteljährlich (im Voraus zahlbar) im Gebiete der deutschen Postverwaltung Mark 2.80; mit dem BeiblattMetzer humoristische Blätter" Mark 3.40. Fürs Ausland Mark 7.50 oezw 8.10.

Metz, Samstag den 24. Mai 1913

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XXXXIII. Jahrgang.

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as Neueste vom Tage.

Der König von Sachsen telegraphierte an den Kaiser unter de« 21. Mai: I« Begriff, dieDeutschland" zn verkästen, kann ich Dir nicht genug dafür danke«, daß Du mir Gelegenheit verschafft Haft, in so lehrreicher und anregender Art nnh Weife einen Einblick in das Getriebe und den Dienstgang unserer Flotte zu gewinnen. Ich kann anch keine Worte der Anerkennung finde« für die groste Liebenswürdigkeit der Offiziere aller Grade. Mit berech­tigtem Stolz kan« das Vaterland auf seine Wehr zur See festen, die in der fetzige« VslleKdirng Dein eigenes Werk ist. Der Kaiser antwortete: Herzlichen Dank für Dein Telegramm. Es ist mir eine große Genngtnnng, daß Dir der Besuch bei der Flotte so erfreuliche Eindrücke hinter- kästen hat. Bewahre der Marine, in der auch so viele Sachsen mit Auszeichnung dienen, Dein warmes Interesse. Das wird mir eine wertvolle Hilfe fein. Wilhelm.

Beim Exerzieren des 48. Fekdartillerreregiments in Al- wna stürzte ein Geschütz um und begrnb die Bedienungs­mannschaft unter sich. Drei Kanoniere erlitten schwere Verletzungen. , _

In Merane starb im Alter von 77 Jahren der Inge­nieur Leefeldt. der Erfinder der MilchzenLrifnge, ein ge­borener Vraunschwerger.

Der König und der Kronprinz von Griechenland find mit dem Generalstab von Athen nach Saloniki ab- gereist. ___________

Die58. Z. am Mittag" meldet ans London: Der gestern Mend eingetroffene Hanptman« F r e n ch erklärte, er sei für die Begnadigung sehr dankbar. Die Festungshaft in Deutschland sei in vieler Beziehung der Gefängnis, Haft in England ähnlich. Sie seien andauernd von Wacht­posten kontrolliert worden und jede Unterhaltung fei ver­boten gewesen. Andrerseits fei er mit der größten Zuvor- kommenheit behandelt wsrdeu.

Wie dieNeichspost" meldet, haben mehrere Malis» sorenstamme an die Großmächte oin Memorandum gerichtet, in dem sie gegen die Lostrennung von Albanien "protestieren nnd fordern, daß ihre Stämme wie bisher un­geteilt bei Albanien verbleiben. Wenn dies nicht geschehe, werde wieder Blnt vergasten werden, solange noch ei« Maliffore sich am Leben befinde.

Ans Eagkepaß in Texas wird gemeldet, daß die mexi­kanischen Aufständischen hundert Man« Bundestruppen, die sie in einen Hinterhalt gelockt hatten, getötet haben.

Die Meldung von dem Tode des Kaisers von Japan ging von einem japanischen Blatte in San Franzisco ans, wurde jekoch ««mittelbar darauf widerrufen.

vtr Kochzeitsfeier

der PrinjeHtit Viktoria Luise mit dem Prinzen Sinkt Huguft von Cumberlatid.

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Ss prangt in reichem früblingsfetekUide,

Von Baldur wach geküßt, die deutsche Ulelt;

Gleich weitgespannter blauer Achimmerleide dötbt sich des Himmels lichtes Dunderzett.

Die lonnenfrohen bunten Walter koken Clin Lilien schlank und dunklen bilenbut.

Und keusch aus kaum erschloll'nen roten Roten Grüßt Göttin tzolda's lüöe Schnluchtsglutl

Das itt ein Lag. zum freien wie geschaffen;

6in Jubeltag. der frohen Husblick gibt:

Die Rote rankt sich um der Väter Klaffen,

Da sich die Jugend reinen tzerzens liebt! Hlldeutfcblands Stämme jubeln ob der Runde, ßßit der ein letzter, langer Groll zerrinnt.

Dun treu die Rechte beut zum tzerzensbunds Der WleffensproL dem tzobenzollernkmd!

German snbeilruf gibt dir bell Geleite,

Du holdes f)aar, und wünscht dir Glück ins Haus ... ffiit Liebe wandle Eintracht dir zur Seite,

Jn Harmonie kling* jeder Lag dir aus!

Dann wirft du alle dunklen Stunden zwingen.

Die das Geschick auch fürsten nicht erspart,

Und Sieger bleiben, wenn aut Sturmesfchwingen Ein Netter Kreuzt die heitre Lebensfahrt! ...

Des Ruckucks Ruf schallt von der Fjalde nieder, So viele Wal, daß sich's nicht zählen läßt;

Und wenn es dunkelt, singt die schönsten Lieder frau Dacbtigatl zu eurem Warentest. . .

Glück auf denn, Erbe alten Edelblutes,

Glück auf, du einzig Kaifertodyterlein:

Jbr Tollt als Hüter höchsten deutschen Gutes, Der Creue, stets uns lieb und teuer leinl .. .

(Dachdruck verböte«).

H. R.

Die HschMsfeiettichKeiten ist Kerl in.

Besichtigung der Hochzeitsgeschenke. Empfang von Deputationen.

W Berlin, 28. Mal. Heute vormittag 16 Uhr besichtigten die Kaiserin, daS KönigSpaar von England, daS Herzogs­paar nnd die Prinzessin Olga von Cuurberland, die Kron­prinzessin und die anderen Fürstlichkeiten die in den braun­schweigischen Kammer» ausgestellten Hochzeitsge- schenke. Es find über einhundert Gegenstände. Als erstes ist ein Teppich Berlins anfgebant, daneben ein Ge­schenk öeS preußischen Städtetages, eL folgen die Gaben von Städten, Ritterschaften, Ständen, Landtagen, Hochschulen, Schulen, den fremden Fürstlichkeiten, deutschen Fürsten, den freien Städten, Regimentern, Vereinen, den deutschen Kolonien im AuSlauöe und einzelnen Personen. Um 11 Uhr empfing daS Brautpaar in Gegenwart der Kaiserin in der VraunsHweigischen Gallerte eine Anzahl Deputationen, voran für die Damen und die Herren des Hofstaate, den Oberhofmarschall Grafen zu Eulenburg, Hausmarschall Freiherrn von Lyncker, Hofmarfchall Grafen Platzen. Sodann für ihre Souveräne den österreichisch- ungarischen Botschafter Grafen 'von Szögeny-Marich, den italienischen Botschafter Bolatti, Len türkischen Botschafter Mahmud Mnkhtar Pascha, den niederländischen Gesandten Baron Gevers, eS folgten Deputationen des preußischen Städtetages, der Stadt Berlin (Oberbürgermeister Mer­

muth, Staütverordneten-Vorsteher Stellvertreter Cassel, Staötrat Luther), Deputationen der ostfriesischen Ritter­schaft, des Herzogtums Braunschweig, des Bürgervereins der Stadt Braunschweig, der Vereinigung der Braunschwei- ger in Berlin, des Provinziallandtages von Hannover, der Residenzstadt Hannover, Damen und Herren der Provinz Hannover und der Gesellschaft für Meereskunde- Berlin. Ferner empfing das Brautpaar Deputationen der Ritterschaft des Herzogtums Braunschweig, der Residenz­stadt Hannover, Damen und Herren der Provinz Hannover, Potsdams, der Stadt Berber a. d. Havel, des 2. Leibhusaren- Regiments Königin Viktoria von Preußen Nr. 2 von Dan- zig-Langfuhr, des Husaren-Regiments von Zielen (Bran­denburg.) Nr. 3 in Rathenow, des Vereins ehemaliger Leib­husaren in Berlin, des Ersten schweren Reiter-Negts. Prinz Karl von Bayern, der braunschweigischen Landes­rechtspartei und auch littauifche Weberinnen in ihrer hüb­schen bunten Landestracht. Die Führer der Deputationen hielten jedesmal eine kurze Ansprache; viele überreichten herrliche Blumensträuße. Die Kaiserin und das Braut­paar dankten huldvoll.

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W Berlin, 23. Mai. Kaiser Wilhelm und Kaiser Niko­laus mit Gefolge und Ehrendienst unternahmen heute vor­mittag in Automobilen eine Fahrt nach dem Schloß in Charlottenb'urg, weiter über den Kaiserwilhelmturm nach der Kolonie Grunewald. Mittags um 12% Uhr frühstückten die Monarchen bet dem Offizierkorps des Alexander-Regiments. Das engl°ifche Königspaar frühstückte in der englischen Botschaft.

Besuch des MausoLsums in Eharlottenburg.

W Berlin, 28. Mai. Auf der Fahrt nach dem Grune- walö besuchten die beiden Kaiser das Man soffen m in Charlottenburg, wo Kaiser Nikolaus am Sarkophage Kai­ser Wilhelms I. Blumen niederlegte.

Der Neichskanzlre beim Zaren.

W Berlin» 23. Mai. Der Kaiser von Rußland empfing den Reichskanzler in dreiviertelstüudiger Audienz. Zum Andenken verehrte seine Majestät dem Reichskanzler einen silbernen, mit Edelsteinen besetzten Schrein. Der König von England hat dem Reichs­kanzler das Groß kreuz des Viktoriaordens verliehen.

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W Berlin, 28. Mai. Das englische Königspaar besuchte heute Nachmittag das Krouprinzenpaar. Der Zar empfing zum Tee das Pringenpaar Heinrich mit Ären Söhnen, ferner das Erbprinzenpaar von Sachsen- Meiningen, das Priuzenpaar Friedrich Karl von Hessen mit seinen Söhnen und das Grotzherzogspaar von Hessen. Später besuchte der Zar die cumberlänöischen Herrschaften.

W Berlin, 28. Mai. Das Herzogspaar von Cumverlanö und Prinzessin Olga begaben sich zum Frühstück in die dänische Gesandtschaft.

W Berlin, 28. Mai. An dem zu Ehren des Königs­paares von England in der englischen Botschaft gegebenen Frühstück nahmen u. A. der Reichskanzler, Staatssekretär v. Jagow, insgesamt 52 Personen teil.

Wilmersdorf, 23. Mai. Als Hochzeitsgeschenk zur Ver­mählung der Prinzefftn Luise ließen zwanzig Schülerin­nen der Biktoria-Luisenschule unter Leitung ihrer Leh­rerinnen eine Teeöecke (Richelieu-Arbeit in Flachstiche) überreichen.

Berlin, 23. Mai. Anläßlich der Hochzeitsfeierlichkeiten fällt morgen der S ch u l u n t e r r i ch t in Groß-Berlin und Potsdam auf Anordnung des Kaisers aus.

Festvorstellnng im Königlicheu Opernhaus.

W Berlin, 23. Mai. Um 6% Uhr abends war F a°m i- llentafel im Elisabethfaal. Gleichzeitig war Mar­schalltafel für sämtliche Gefolge in der Bildergalerie. Um 8 Uhr begann im Kgl. O p e r n h a u s e die F e st- v o r st e l l u n g. Eine ungeheure Menschenmenge hatte sich dort angesanrmelt und begrüßte die Majestäten und das Brautpaar, das sich tief vor der Versammlung verneigte. Dann nahten der Kaiser mit der Königin von England, der Zar mit der Herzogin von Cumberland, der König von England mit der Kaiserin.

Eine Ansprache des Königs von England.

W Berlin, 23. Mai. Jn seiner Ansprache an die Depu­tation der hiesigen britischen Kolonie, die eine Begrüßungs- adreffe überreichte, sagte König Georg u. a.: Die Königin und ich sind besonders erfreut, daß wir Gäste des Herr­schers dieses großen und uns befreundeten Volkes sind, um die Verbindung zweier junger Menschen zu fettrn, die, wie wir innig erflehen, reichen Segen erfahren mögen. Ich bemerke mit Interesse, baß in so vielen verschiedenen Be» rufen meine Untertanen anzutreffen sind, die die Gast­freundschaft und die Annehmlichkeiten Berlins genießen. Durch die Förderung und Aufrechterhaltung der freund­lichen Beziehungen und des guten Einvernehmens zwischen Ihnen und der Bevölkerung dieser von Ihnen erwählten Heimat helfen Sie den Weltfrieden sichern, besten Erhalt tung mein innigster Wunsch ist wie er auch dem Hauptbe­streben und das Hauptziel im Leben meines teueren Vaters war.

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W Berlin, 23. Mai. Das Brautkleid, der Braut­schleier, und die Courschleppe der Prinzessin Viktoria Luise von Preußen, sowie die Hochzeitsgeschenke werden auf allerhöchsten Befehl am Sonntag, den 25. Mai von 11.80 bis 4 Uhr und am Montag, den 26. Mai von 10 bis 4 Uhr im Königlichen KunstgewerSe-Museum, Prinz Albrecht- straße zur Ausstellung gelangen. Für die Besichtigung wird für wohltätige Zwecke ein Eintrittsgeld von 59 3, erhoben werden.

Die Flitterwochen des jungen Paares.

Berlin, 28. Mai. Wie dasVerl. Tageblatt" hört> dürften der Prinz von Cumberland und seine Zu­künftige Gemahlin demnächst von H u b c r t u s st o ck aus, sich auf etwa 14 Tage nach einem bei G m u u ö e tt gelegenen Jagdschloß des Herzogs von Cumberland begeben.

Glückwünsche.

W München, 23. Mai. Prinzregent und Prinzeffm Ludwig richteten anläßlich der Hochzeit im Katserhause, herzliche Glückwünsche an den Kaiser, die Kaiserin, das Brautpaar und den Herzog und Herzogin von Cnmber- lanö, ferner ein herzliches Glückwunschtelegramm an das Prinzenpaar Heinrich, anläßlich ihrer Silberhochzeit.

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Pres; stimmen.

W Berlin. 28. Mai. DieNordd. Allg. Ztg." schreibt: Umgeben von einem großen Kreis erlauchter Gäste schließen morgen die Prinzessin Viktoria Luise nnd Prinz Ernst August ihren Lebensbund. An der Freude der hohen Eltern und des jungen Paares nimmt das deutsche Volk teil. Auch wir bringen innige Segens­wünsche für die Verbindung dar, welche auf Herzensneig­ung aufgebaut ist und durch die zugleich alte Gegensätze ausgeglichen werden. Möge das gütige Geschick, welches bisher die einzige Kaisertochter im Elternhanfe leitete, auch über ihrer Zukunft an der Seite ihres Gemahls walten und beiden ein ungetrübtes menschliches Glück be- schieöen lein.

W Petersburg, 28. Mai. Die offiziöseR o s e i j tV* schreibt: Obgleich der Anlaß zu der Begegnung der drei Monarchen in Berlin ein Familienereignis ist, so könne man nicht umhin, darin einen beredten Beweis für den Wunsch der Monarchen zu sehen, die Festigkeit der sie zum Wohle der Völker verbindenden Freundschaft zu bestätigen. Der Besuch des Kaisers in Deutschland er­scheine als ein neuer Beitrag zur Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen, welche im Laufe der Jahrhunderte durch die aufrichtige Freundschaft ausgezeichnet war. Die Nachbarschaft beider Reiche, die wirtschaftlichen Interessen und viele gemeinsam durchlebte historische Momente und endlich verwandtschaftliche Bands hätten die Beziehungen zwischen Deutschland und Ruß- land schon längst die Stabilität gegeben, die eine so große Rolle bei der Erhaltung des politischen Gleichgewichts in Europa spielte. Dank der traditionellen Freundschaft er­leichterten sich Rußland und Deutschland, obgleich verschie­denen Gruppen der Großmächte angehörend, nicht wenig die Entscheidung der Fragen der internationalen Politik,

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(Nachdruck verboten.)

Irmengard.

Roman von Georg Hartwig.

Sie standen auf der Schwelle des Hauses, vor sich ein lustiges Chaos von Menschen und Schlitten. Aller Augen hasteten neugierig aitf dem vielbesprochenen Kleeblatt, alZ plötzlich ein hell gestimmtes Glockenspiel den Stimmen- fchwall übertönte. Sämtliche Damen warfen sich beüen- tvngsvolle Blicke zn, denn in scharfem Trabe sauste um die Ecke der Schlitten des Grafen, von ihm selbst gelenkt, eine zierliche Muschel, kostbar umhangen, mit fei. .i^en Rappen bespannt, auf deren Häuptern stolzer Federschmuck sich schaukelte.

Atemlos vor Ingrimm lauschten die weiblichen Hono­ratioren Sittlingens, vor allen Mielchen. Was folgen sollte, war ja sonnenklar und schob sie in die zweite Reihe der Fahrenden.

Gewandt sprang Freiberg zur Erde, dem Diener die Zügel hinschleudernö, doch bevor er Irma erreicht hatte, neigte sich Margarethens bleiches Antlitz flehend der jungen Frau entgegen.

IS'» fährst doch lieber mit uns, Irma?. Sage dem Grafen'"

Ebenso betroffen, als erzürnt musterte diese die ver­wegene Mahnerin.Ich wüßte in der Tat nicht, was dich mein Tun und Lassen begutachten heißt! Halte dich an deinen Beschützer, bei ihm wirst du deinen Platz finden!"

Wahrend dieses kurzen Zwiegesprächs hatte der Graf ein herrliches Bouanet frischer Rosen enthüllt nnd das­selbe Irma überreicht. Zugleich wandte er sich an Meischick. jS ic gestatten, Herr Amtsrichter, daß ich die Königin des Festes persönlich in Kronthak eiuführen darf'?" Ohne die geringste Notiz von Margarethe zu nehmen, noch die Ant- wort Meifchicks abzuwarten, bot er Irma den Arm, hob sie schnell in die Kissen, ergriff die Zügel und setzte seinen Schlitten an die Spitze des sich nun ordnenden Zuges.

Der Amtsrichter fand dieses Betragen ebenso unge­bildet, als lächerlich. Er beschloß, den Umgang mit Frei­berg ohne Aufsehen in der ihm eigenen Manier abzu­brechen. Da er Margarethe sehr aufgeregt über die ihr zu Seil gewordene Vernachlässigung, wie er wähnte, fand, wandte er sich ihr begütigend zu.

^Geben Sie Acht, der junge Held wird uns die längste Leit mit seiner Gegenwart beehrt haben!" Als sie unruhig ßu Ihm aufschaute, nickte er scherzhaft.Ich weiß, Sie zwei­feln an meiner Energie. Es wäre besser gewesen, Tante Käthe hatte mick in meinen Vläncn nicht gestört. Das hat

auf Ihre Person gar keinen Bezug," fuhr er liebenswürdig fort, da Margarethe ihn offenbar mißverstand,Sie sind mir ein lieber, sehr liÄer Gast. Tante Käthe gab mir in anderer Beziehung gute Lehren, welche durchaus ihr Ziel verfehlen, wie Sie sehen."

Tante Käthe pflegt sonst immer Recht zu behalten," sagte sie mit einfacher Offenheit.

Der Amtsrichter liebte keinen Zweifel an seiner Auf- faffung, deshalb änderte er das Thema.

Tante Käthe schrieb mir einmal. Sie erinnerten sich meiner ans früherer Zeit wo nnd wann haben wir uns gesehen?"

Sie wurde rot.

Nun, es ist doch kein Verbrechen, mich kennen gelernt zu haben," scherzte er.

Gewiß nicht, aber eS erscheint anmaßend, daß ich überhaupt davon sprach."

Anmaßend, wenn man Jemand nicht vergeffen hat? Dann bin ich das Urbild der Bescheidenheit, denn diese Be­gegnung ist mir durchaus entfallen."

Auf einem Balle beim Geheimrat Lüöemann," er­klärte sie bescheiden, obwohl die Erinnerung au jenen Mo­ment ihr immer fest gezaubert in der Seele gestanden hatte, denn der Amtsrichter Meischick gehörte in die Kategorie der Männer, welche Frauenherzen allmächtig anziehen.Es war mein erster Ball, und ich tanzte schlecht und ängstlich; Sie standen neben mir am Pfeilerspiegel und redeten mir' guten Mut ein."

Ah, jetzt erinnere ich mich. Der schüchterne Backfisch mit den ängstlichen Bewegungen waren Sie?"

-»Ja ich!"

Nun, da haben Sie sich aber außerordenllich zn Ihrem Vorteil verändert, ich gratuliere."

Er hielt ihr über der Pelzdecke die Hand entgegen, und sie legte ihre warme, kleine Rechte zaghaft hinein.

Ein Opfer, den warmen Bluff $tr verlaßen, nicht wahr? Aber ich glaube, Sie bringen leicht Opfer?"

Wenn ich sie gern erweise, von ganzem Herzen "

Er nickte einverstanden, zog den Mantel fester uw Margarethens Glieder und sprach, während sie pfeilschnell dahinglitten, über allgemein intereffante Gegenstände, an welchen er zu seiner Befriedigung ihr ebenso verständiges, als leidenschaftliches Urteil erprobte.

Dreysing dagegen unterhielt seine geschwätzige Nach- varin, die Bürgermeisterin, nicht so lebhaft, wie diese ge­wünscht. Miekchen erfaßte nämlich dir gute Gelegenheit, ihr Gift gegen den Hausfreund der anmaßenden und koket­ten Amtsrichterin anszvsprttzcn, nnd berührte hierbei Empfindungen. welche dem alten Herrn felbit bei Freiberas

Erscheinen sehr bedrückend aufgeftiegen waren. Weshalb hatte der Graf ihm sein Vorhaben verschwiegen? Handelte er mit der jungen, unüberlegten Frau im Einverständnis?

Miekchen raunte ihrem Gatten jubelnd in's Ohr.Es ist richtig, ich hab's getroffen. Dreysing ist verwirrt. Mor­gen gebe ich daraufhin einen Damenkasfee."

Inzwischen genossen Irma und Freiberg den Reiz des ungestörten Beisammenseins in vollen Zügen. Wie sie see­lisch getrennt von der Gesellschaft waren durch ihren idealen Getstesflug, so eilten sie auch räumlich alle» Uebrigen um ein Beträchtliches voraus, immer zwischen starrenden, eisfunkelnden Bäumen dahin.

Nicht lange mehr, und von der Höhe des Weges blickte Irma auf das friedliche Dorf Kronthal. Zur Rechten erhob sich das stattliche Herrenhaus, von deffen Turm eine Flagge ihr heiteres Willkommen entgegen winkte. Durch das dunkle Tannengrün einer Ehrenpforte lenkte Freiberg sein dampfendes Gespann die Auffahrt Hinan. Der Schlit­ten stand.

8. Kapitel.

Eine würdige Matrone, die Frau des GutsinfpektorS, befreite Irma von ihren Umhüllungen, bevor .Freiberg sie den teppichbelegten Gang htnabführte in den Tanzsaal. Eine warme, von Wohlgerüchen dnrchöuftete Atmosphäre wehte ihnen daraus entgegen.

Der Rosenstrauß in Jrma's Hand zitterte leise. Frei­berg Sengte sich darüber, pflückte zwei dunkle Blüten her­aus und bat sie, dieselben zu seinem Andenken jn den blonden Locken zu tragen. Lächelnd willfahrte sie feinem Wunsche, aber vor dem Spiegel stehend fuhr sie plötzlich mit leisem Schrei zurück.

Sofort war er an Jrma's Seite.Was ist geschehen? Ich bitte, sagen Sie mir, waS Sie erschreckte?"

Nichts!" flüsterte sie, noch von ihrem Gewiffen durch­schauert.Meine eigene Einbildung! Ich sich oder ich glaubte das Antlitz meines Gatten hinter mir zu erblicken. Eine alberne Sinnestäuschung das Resultat unaufhör­licher Kränkungen."

Zittern Sie vor einem herzlosen Tyrannen?^ fragte er, leidenschaftlich an ihrem schönen Anblick hängend.Vor einem Manne, welchen Sie so reich, so Überschwänglich reich beglückten, den Sie wie einen Aus erwählten mit Jhreur Besitz begnadeten, zittern Sie?"

Hören Sie auf, Sie wissen nicht, waS dieser Mann mir einst gewesen!" hauchte Irma mit flammenden Wan­gen.Die Morgensonne meines Lebens fiel strahlend auf kein

Und was Hat er getan, diese Strahlen unter dem Vrenuvuukt seiner Liebe zu lammeln?" LLüte er finster.

Nichts. Und doch gab cs eine Zeit, wo selbst wciue Scheu vor ihm mir zur Seligkeit ward, wo ich das tadelnde Wort von seinen Lippen den Schwüren aller Männer vor­zog, wo ich genug, genügt unterbrach sie sich heftig anf­lachend,Dreysing könnte diesen Zustand mit Recht als eine Gehirnkrankheit belächeln tausend bittere Ent­täuschungen gaben mir das Bewußtsein zurück. Zu spat, zu spät!"

Freiberg ergriff ihre Hände und drückte sie au sein Herz.Warum zu spät? Muß ich es Ihnen sagen" Man kommt! Jetzt nichts mehr'" rief sie tätlich er­schrocken.Ich höre Stimmen!"

Irma" jede Fiber in ihm pochte ungestüm ^ «wann wollen Sie mich hören?"

Halb bewußtlos neigte sie das schöne Haupt.

Der Graf verließ schnell den Saal, seine Gäste zN empfangen, und gab der jungen Frau somit Gelegenheit, sich zu faffen.

Jn ununterbrochener Folge fuhren nunmehr sämtliche Schlitten vor das Herrenhaus. Neugierig über alle Nbaßen strömte die Elite Sittlingens durch die weit geöffuets Halle in das Innere des Schlosses.

Irma hatte sich auf einen Divan nieöergelaffen, als der Graf sie plötzlich in den Kreis seiner Gäste führte und ste bat, mit ihm vereint die Honneurs des Festes machen zu wollen.

Auf diese Ehre hatte die Bürgermeisterin selbstver^ ftänölich gerechnet und konnte ein unheilverkündendes Lächeln und Hüsteln nicht unterdrücken. Dreysing schütt telte gleichfalls mißbilligend das Haupt, als des Grafen Blick ihn traf, und nahm sich vor, in Jrma's Interesse diese absichtliche Kränkung so gut wie möglich bei den beleidige ten Damen auszugleichen.

Der Amtsrichter, welchem die Art und Weise der gräflichen Huldigungen weit über bas Maß des Erlaubten htnauszugehen schien, obwohl er Irma nur der Gefall­sucht anNagte, beobachtete mit äußerstem Unwillen die un- -Weiüeutigen Spötteleien seiner Umgebung.

Margarethe zitterte für ihn. Jedes Lächeln, jedeo Flüsterton schnitt ihr um seinetwillen tief ln die Seele! Wo gab eS ein Mittel, das Heranschreitende Verhängnis «ufzuhalten?Tante Käthe", murmelte sie. Warum konnte diese nicht anwesend sein, die pflichtvergessen^ Ntchte vom Arm des Verführers loszuretßen?

Die allgemeine Beobachtung wandte sich mehr /und mehr mit schadenfroher Neugier dem Ehegatten zu. Das war der Moment, wo Dreysing endlich zu Freiberg gelan-r gen konnte, ohne ihn auffälliger,Meise aus feinem Geü ^-Ävräch mit 'Irma zu reißen-' ' * lFvrtletzuna folßt.l;