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Jede Woche ein Werk
Die besten Romane und Novellen aller Zeiten und Völker
-IS Pfennig die Nummer * Vierteljährlich Mk. 1.80
Alexander L. Kiessand:
Zwei Freunde / VMimmung / Der psarrhos / Lin Volksfest / Karen
Alexander L. Kielland, geboren am 18. Februar 1849 in Stavanger, gestorben am 6. April 1906 in Bergen.
In sorgenfreien Verhältnissen als Sohn eines Großkaufmanns geboren, hatte sich der junge Kielland nach glücklich verbrachter Jugend- und Schulzeit dem Studium der Rechte zugewandt. Von der Universität in Christiania kehrte er dann wieder in die engere Heimat nach Stavanger zurück, um sich der nutzbringenden Tätigkeit eines Ziegeleibesitzers hinzugeben.
Aus dieser Abgeschiedenheit, die den temperamentvollen Beobachter aber immerhin in unmittelbarer Berührung mit der werktätigen "Welt erhielt, trieb es Kielland plötzlich doch in die Ferne, und er folgte einer starken Zeitströmung, als er sich zu Ende der Siebziger Jahre aus dem Norden nach Paris wandte. Er hat dort tiefdringende literarische Eindrücke empfangen und vieles gelernt von den Franzosen und seine Begabung als witziger Sittenschilderer und Satiriker entdeckt.
Als Kielland dann in die Heimat zurückgekehrt war, erwies sich gleich sein erster großer Gesellschaftsroman, den er 1880 erscheinen ließ, als ein starker Wurf von europäischer Bedeutung. In dem Jahrzehnt bis 1890 spielte sich dann Kiellands ganze Dichterlaufbahn als ein glänzendes Schauspiel einer fast ununterbrochenen Produktivität ab. Es erschienen
in kurzen Abständen die Romane „Arbeiter“, „Schiffer ^Vorse“, „Gift“, „Schnee“, .^Jakob“, „Verheiratet“, „Fortuna“. Und dazwischen die kleinen meisterhaften Novellen, aus deren Kreis wir heute einige Proben bringen. Einige Lustspiele „St. Johannisfest“, „Drei Paare“, „Bettis Vormund“ und „Der Professor“ konnten für die Bühne nicht viel bedeuten.
Einen plötzlichen Abschluß fand diese literarische Produktion, wie Kielland 1891 zum Bürgermeister seiner Vaterstadt Stavanger gewählt wurde. Er hat dann wohl noch gelegentlich einiges veröffentlicht, so die Dokumente seiner Napoleonbegeisterung in dem farbigen historischen Roman „Rings um Napoleon“. 1897 begann er auch eine Gesamtausgabe seiner Schriften herauszugeben. Aber Kiellands eigentliches Interesse an der Literatur schien in dem Augenblick erledigt, als er sich neuerdings einer praktischen Tätigkeit widmete. Und wiederum ergänzt diese Besonderheit das Charakterbild dieses Dichters; sein Kampf gegen Heuchelei und Duckmäusertum und andere hässliche Dinge, den er in seinen Schriften mrt den wohlgeschliffenen ^Vaffen eines weltmännischen Satirikers führte, vollzog sich doch wohl im Interesse menschlicher Ertüchtigung. Und damit fing Kielland bei sich an, und so hat, was er als Bürgermeister für seine Heimatstadt Stavanger geleistet in zäher Fürsorglichkeit, an sich gewiss nicht leichter gewogen, als seine literarische Leistung.
Zwei Freunde
Niemand konnte begreifen, woher er fein Geld bekam. Aber wer sich am meisten über bas flotte und verschwenderische Leben,- das Alphonse führte, wunderte, war sein ehemaliger Freund und Kompagnon.
Nachdem sie das gemeinsame Geschäft aufgelöst hatten, waren die meisten Kunden und die besten Verbindungen nach und nach in Charles' Hände übergegangen. Nicht daß dieser irgendwie versucht hätte, sich seinem früheren Kompagnon in den Weg zu stellen — ganz im Gegenteil; es kam ganz einfach daher, daß Charles in Wirklichkeit der Tüchtigere von den beiden war. Und als Alphonse jetzt auf eigene Faust arbeiten sollte, wurde es bald jedem, der ihn genauer beobachtete, flar, daß er trotz seiner Gewandtheit, seiner Liebenswürdigkeit und seiner gewinnenden Persönlichkeit nicht der Mann war, einem selbständigen Geschäfte vorzustehen.
Und es gab einen, der ihn genau beobachtete. Charles folgte ihm mit seinen scharfen Augen Schritt für Schritt; jeden Mißgriff, jede Verschwendung, jeden Verlust — alles kannte er ganz genau, und er wunderte sich, daß Alphonse sich so lange halten konnte.
Sie waren so gut wie zusammen ausgewachsen. Ihre Mütter waren Cousinen, und da die Familien nahe beieinander in derselben Straße gewohnt hatten — was in einer Stadt wie Paris für den näheren Umgang fast noch wichtiger ist als eine nahe Verwandtschaft — kamen sie auch in dieselbe Schule.
Von jetzt an waren sie die ganze Jugend hindurch unzertrennlich. Die gegenseitige Anpassung überwand die großen Verschiedenheiten, die sich ursprünglich in ihren Charakteren fanden, und schließlich paßten ihre Eigenschaften so gut ineinander, wie die künstlich zugeschnittenen Holzstückchen, aus denen wir als Kinder hübsche Bilder zusammensetzen.
Und es bestand wirklich zwischen ihnen ein so schönes Verhältnis, wie man es selten zwischen jungen Leuten findet; denn sie faßten die Freundschaft nicht als eine Verpflichtung aus, alles voneinander zu ertragen, sondern sie schienen eher miteinander in gegenseitiger Aufmerksamkeit zu wetteiferm
Wenn indes Alphonse in seinem Verhältnis zu Charles eine große Zuvorkommenheit an den Tag legte, so wußte er jedenfalls selbst gar nichts davon, und wenn jemand es ihm gesagt hätte, so hätte er ohne Zweifel laut über ein so mißglücktes Kompliment gelachte
Denn wie ihm das Leben überhaupt sehr leicht und einfach erschien, so konnte es ihm zu allerletzt einfallen, daß er sich seinem Freunde gegenüber irgendwelchen Zwang aufzuerlegen habe. Daß Charles sein bester Freund war, kam ihm geradeso natürlich vor, wie daß er selbst am besten tanzte, am besten ritt, am besten schoß, und daß die ganze Welt ihm aufs beste geordnet zu sein schien.
Alphonse gehörte zu den verwöhntesten Kindern des Glücks. Er erlangte alles ohne Anstrengung; das Dasein schmiegte sich ihm an wie ein eleganter Anzug, den er mit einer so
ungezwungenen Liebenswürdigkeit trug, daß die Menschen vergaßen, ihn zu beneiden.
Und dann sah man ihn so gern an. Er war groß und schlank mit braunen Haaren und großen, offenen Äugen; das Gesicht war rein und glatt, und seine Zähne glänzten, wenn er lachte. Er wußte genau, daß er hübsch war; aber da alle Welt ihn seit seiner frühesten Kindheit verwöhnt hatte, war seine Eitelkeit von der heiteren, gutmütigen Art, die im Grunde nicht verletzend wirtte. Er hatte seinen Freund außerordentlich gern; bisweilen amüsierte er sich und andere damit, ihn zu necken und sich über ihn lustig zu machen. Aber er kannte Charles' Gesicht so genau, daß er gleich merkte, wenn er den Spaß zu weit trieb; daun schlug er in seinen natürlichen, gutmütigen Ton um und brachte den ernsten und etwas schwerfälligen Charles dazu, sich halbtot zu lachen.
Charles hatte von den Knabentagen her Alphonse über alle Maßen bewundert. Er selbst war klein und unansehnlich, still und schüchtern. Die glänzenden Eigenschaften seines Freundes warfen auch einen Glanz über ihn und verliehen seinem Leben einen gewissen Schwung.
Die Mutter sagte oft: Diese Freundschaft zwischen den Knaben ist ein wahres Glück für meinen armen Charles, sonst würde er sicher ganz schwermütig.
Wenn Alphonse bei allen Gelegenheiten vorgezogen wurde, freute Charles sich; er war stolz auf seinen Freund. Er schrieb seine Aufsätze, sagte ihm in den Stunden vor, bat für ihn her
