Die Opern-Bestände des Mainzer Nationaltheaters (1788–1792)

In den nur vier Jahren seines Bestehens zwischen November 1788 und November 1792 entwickelte sich das Mainzer Nationaltheater rasch zu einer der führenden Opernbühnen im deutschsprachigen Raum, über dessen hervorragenden Ruf und besonderen Ensemblegeist die Zeitgenossen vielfach berichteten. Vom Mainzer Kurfürst-Erzbischof Friedrich Karl Joseph von Erthal als neue, feste Institution begründet, bespielte das Ensemble unter der Intendanz von Friedrich Karl von Dalberg dabei nicht nur das Comödienhaus in Mainz sowie die Sommerresidenz in Aschaffenburg, sondern – vertraglich geregelt – jährlich von Mitte April bis Mitte Mai sowie von Ende Juni bis Ende Oktober auch die Bühne in der freien Reichsstadt Frankfurt, wo das städtische Theaterunternehmen kurz zuvor aufgelöst worden und ein Großteil des Personals inklusive des Direktors Siegfried Gotthelf Koch (eigentlich Eckhardt) und des Operndirektors Carl David Stegmann nach Mainz gewechselt war.

Das Repertoire war vielfältig und ambitioniert und bot – neben dem Sprechtheater – mit knapp 70 nachweisbaren verschiedenen musikalischen Produktionen an über 450 Aufführungsabenden einen repräsentativen Spiegel der Musiktheaterkultur im späten 18. Jahrhundert: von Monsigny und Grétry bis zu Dalayrac und Méhul, von Paisiello und Martín y Soler bis zu Sarti und Salieri, von Gluck bis zu Dittersdorf, Benda und Wranitzky, darunter u. a. auch die ersten Aufführungen in deutscher Sprache von W. A. Mozarts „Don Giovanni“ als „Don Juan“ (1789), „Le nozze di Figaro“ als „Die Hochzeit des Figaro“ (1789) und „Così fan tutte“ als „Liebe und Versuchung“ (1791).

Aufgrund des Einmarschs der französischen Revolutionstruppen in Mainz 1792 musste das Theater inmitten seiner Blütezeit wieder aufgelöst werden. Vieles wurde bei der Beschießung und dem Brand von Mainz 1793 zerstört oder ging verloren; die restlichen Bestände wurden verkauft und mit dem Weggang des Personals zerstreut. Das, was sich heute noch an Aufführungsmaterial erhalten hat und nachweisen lässt (Partituren, Stimmen, Rollenhefte, Textbücher und Einlagen), wird zu einem großen Teil in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt verwahrt, daneben aber u. a. auch in Bibliotheken in Augsburg, Berlin, Brüssel, Dessau, Dresden, Hamburg, München und Neuenstein.

In Kooperation zwischen der Professur für Historische Musikwissenschaft der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, der Universitätsbibliothek Frankfurt sowie der Zentralredaktion des Répertoire International des Sources Musicales (RISM) werden diese Bestände nun vollständig erhoben, digitalisiert und tiefenerschlossen sowie virtuell wieder zusammengeführt und als „geschlossenes“ Repertoire-Corpus präsentiert.

Neben den Aufführungsmaterialien sind auch Verweise auf diejenigen zeitgenössischen Verlagsprodukte des Mainzer Hofmusikstechers und Musikalienhändlers Bernhard Schott in die Quellenerhebung integriert, die mutmaßlich direkt auf das Material des Mainzer Nationaltheaters zurückgehen und großenteils von Ensemblemitgliedern des Theaters hergestellt wurden (Klavierauszüge, hausmusikalische Bearbeitungen). Gleiches gilt ebenso für die handschriftlich überlieferten zeitgenössischen Einrichtungen für Harmoniemusik, die von dem Mainzer Hofoboisten Franz Heinrich Ehrenfried stammen.

Quellen und Digitalisate (über Verlinkung; öffnet in neuem Fenster):

Projektleitung:

Prof. Dr. Fabian Kolb, Historische Musikwissenschaft, Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt
Email: fabian.kolb@hfmdk-frankfurt.de

Verantwortlich für den Projektablauf in der Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg:

Dr. Ann Kersting-Meuleman, Sammlungskuratorin
Email: a.b.kersting-meuleman@ub.uni-frankfurt.de

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